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Solar Impulse 2: Zurück am Start, Ziel verfehlt

epa05441387 A handout picture made available by Solar Impulse on 26 July 2016, shows Swiss pilot Bertrand Piccard taking a selfie during the last leg of the first round-the-world solar flight with Sol ...
Bertrand Piccard lichtet sich auf der letzten Etappe über der Arabischen Halbinsel mit einem Selfiestick ab.Bild: EPA/SOLAR IMPULSE
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Bertrand Piccard hat es geschafft – sein Ziel hat er trotzdem verfehlt

Solar Impulse 2 ist zurück in Abu Dhabi. Die erste Weltumrundung mit einem Solarflugzeug dauerte weit länger als geplant. Nicht nur deshalb trägt sie wenig zum Durchbruch der sauberen Energien bei.
26.07.2016, 13:5126.07.2016, 14:06
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Lange hat es gedauert, nun ist es vollbracht. Am Dienstagmorgen ist der Waadtländer Flugpionier und Abenteurer Bertrand Piccard mit der Solar Impulse 2 in Abu Dhabi gelandet. Am gleichen Ort hatte am 9. März 2015 die erste Weltumrundung mit einem Solarflugzeug begonnen. Fast 17 Monate hat sie gedauert, deutlich länger als geplant. Ursprünglich wollten Piccard und sein Partner André Borschberg ihre Mission nach fünf Monaten abschliessen.

Dieses Ziel haben sie deutlich verfehlt. Die weltweite Resonanz war entsprechend mau. Man nahm die beeindruckende Pionierleistung mehr oder weniger schulterzuckend zur Kenntnis. Keine Spur von der Euphorie, die Piccard 1999 mit seiner ersten Weltumrundung in einem Ballon ausgelöst hatte. Die aktuelle, reichlich triste Nachrichtenlage mag dazu beigetragen haben.

Piccard landet in Abu Dhabi

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Piccard landet in Abu Dhabi
Schweizer Flagge in Abu Dhabi: Bundesrätin Doris Leuthard empfängt die beiden Piloten Bertrand Piccard und André Borschberg.
quelle: keystone / peter klaunzer
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Die Welt habe in den vergangenen Wochen grosse Tragödien erlitten, meinte die nach Abu Dhabi gereiste Bundesrätin Doris Leuthard. Aber Solar Impulse sei Grund zur Hoffnung auf eine bessere Welt. Schön wär's. Die Solartechnologie kann trotz enormer Fortschritte jeden PR-Erfolg gut gebrauchen. Doch auch dieses Ziel haben Piccard und Borschberg verfehlt. Sie haben mit dem Hype um Solar Impulse 2 unrealistische Erwartungen geschürt, die sie nicht erfüllen konnten.

Die Probleme begannen schon bald nach dem Start. Immer wieder verzögerte sich der Weiterflug wegen schlechtem Wetter. Das ebenso grosse wie filigrane Leichtbau-Flugzeug konnte nur bei optimalen meteorologischen Bedingungen in die Luft gehen. Solar Impulse 2 war im wahrsten Sinne ein Schönwetterflieger. Allein in China sass die Crew zwei Monate lang fest.

Der erste Versuch, den Pazifik zu überqueren, endete mit einer ungeplanten Landung im japanischen Nagoya. Grund war erneut das Wetter. Schliesslich gelang André Borschberg der Flug nach Hawaii. Eine grandiose Leistung, die einen hohen Preis hatte. Auf der langen Reise überhitzten die Batterien. An einen Weiterflug 2015 war wegen der kürzer werdenden Tage nicht mehr zu denken. Solar Impulse 2 musste auf Hawaii überwintern.

Piccards Plan, an der Klimakonferenz in Paris im Dezember als Weltrekordler und Solarpionier aufzutreten, ging nicht auf. Auch 2016 kam es immer wieder zu Verzögerungen, sodass die Reise über 17 Etappen fast 17 Monate dauerte.

Solar Impulse

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Solar Impulse
Das Solarflugzeug am 1. Juni 2015 vor der Landung im japanischen Nagoya – wo es fast einen Monat lang festsass. Am 28. Juni ging's dann weiter nach Hawaii.
quelle: solar impulse / andre borschberg
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«Das vermeintliche Wunderflugzeug ist ein Flop», hiess es an dieser Stelle vor einem Jahr. An dieser Einschätzung hat sich wenig geändert. So beeindruckt man von der Weltumrundung und der Technologie sein mag: Solar Impulse weist nicht den Weg in eine saubere Energiezukunft. Und das liegt nicht nur an den fragwürdigen Begleiterscheinungen. So musste die gesamte Infrastruktur mit konventionellen Flugzeugen transportiert werden.

Einen Boom bei den alternativen Energien wird die Weltumrundung nicht auslösen. «Da scheinen Initiativen in der Industrie wie zum Beispiel die Ziele des Elon Musk, der mit Tesla das Zeitalter der Elektroautos einläuten möchte, effektiver», schreibt der «Tages-Anzeiger». Der Schlüssel zum Erfolg ist die Entwicklung leistungsstarker Batterien. Neben Tesla ist auch der Bieler Swatch-Konzern in diesem Segment tätig.

Diese Anstrengungen werden den sauberen Energien zum Durchbruch verhelfen. An Solar Impulse wird man sich vor allem als nette Spielerei erinnern. Wenn überhaupt.

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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sapere Aude
26.07.2016 16:47registriert April 2015
Keine bzw. negative Resultate sind in der Wissenschaft trotzdem Resultate. Insofern ist dieses Projekt eben doch sehr wichtig, weil es die Grenzen der Technologie aufzeigt. So sind realistischere Forschungen möglich und es erleichtert die Suche nach Alternativen.
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Madison Pierce
26.07.2016 14:22registriert September 2015
Etwas sehr pessimistisch finde ich. Die Solar Impulse will ja nicht Modell sein für ein kommerzielles Flugzeug. Es wurde gezeigt, dass man mit einem solarbetriebenen Flugzeug die Welt umrunden kann. Das ist die Pionierleistung. Marktreife kann man doch jetzt noch nicht erwarten.

Die erste Dampfmaschine war auch grösser, anfälliger und schwächer als ein Ochse und das erste Auto teurer, gefährlicher und unzuverlässiger als ein Pferd.

Dass die Medien so wenig berichtet haben, ist nicht die Schuld von Solar Impulse, sondern die der Medien.
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TRL
26.07.2016 14:38registriert August 2014
Was dieses Projekt auch aufzeigt - wenn sicher nicht gewollt, dass viele Anstrengungen unseren C02-Footprint zu verringern, unmittelbar eine gegenteilige Wirkung haben. Vielleicht sollten wir's doch mal mit Politik anstatt Technologie probieren. Auch wenn's anstrengend ist.

Und trotzdem: aus Niederlagen sollte man ja lernen. Mit Solar geht's (noch lange) nicht. Aber dass sich auch in der Luftfahrt etwas ändern muss, gerade weil sie so billig geworden ist, hat Piccard früh erkannt und er versuchte vor allen anderen zu handeln. Wär cool, wenn's ein Pionier mit Wasserstoff versuchen würde! :-)
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