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«Problematisch»: Heiler Braco starrt für 20 Franken Menschen im Volkshaus an

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Bild: Braco Schweiz

«Problematisch»: Heiler Braco starrt für 20 Franken Menschen im Volkshaus an

Der Heiler Braco tritt regelmässig im Zürcher Volkshaus auf. Dabei steht der Kroate schweigend auf der Bühne und starrt mit seinem «gebenden Blick» ins Publikum. Das Volkshaus erntet für den Event Kritik.
28.06.2023, 13:5229.06.2023, 11:57
Linus Bauer / ch media
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Zuletzt stand Braco Mitte Juni auf der Bühne in Zürich. Ende September ist er erneut im Volkshaus zu Gast. Seine Auftritte bestehen aus verschiedenen Sessions, die jeweils zu jeder vollen Stunde starten und 30 Minuten dauern.

Nach einer Einführung tritt Braco mit seinem stillen Blick auf. Kostenpunkt pro Session: etwas über 20 Franken. Eine Tageskarte für sieben Sessions gibt es zum Preis von über 130 Franken.

Blick soll Stress und Beschwerden lindern

In Erfahrungsberichten auf der Website von Braco steht, dass seine Auftritte Lebenssituationen verbessern würden und Stresssituationen, körperliche und seelische Beschwerden gelöst hätten. «Wenn du ins Volkshaus Zürich kommst, um Braco live zu sehen und seinen Blick zu erleben, kann es sein, dass sich dein Leben anfängt zu ändern», heisst es weiter.

Braco werde gemäss seiner Website als einer der einflussreichsten Heiler Europas gesehen, wobei im gleichen Satz relativiert wird, dass er sich selbst nicht als Heiler sehe. Als Erklärung für Bracos Kräfte werden «speziell entwickelte Gehirnstrukturen» genannt, die es ihm ermöglichen sollen, «in einem neuen Bewusstsein zu verweilen».

Neben Tickets für die Braco-Veranstaltungen gibt es im Online-Shop des Kroaten auch «Sonnensymbol-Kerzen» zu kaufen. Die Preise dafür starten bei 110 Euro für ein 300 Gramm schweres Exemplar. Die grösste Kerze wiegt 2,3 Kilogramm und kostet 290 Euro.

«Volkshaus müsste genauer hinschauen»

Der Sektenexperte Hugo Stamm kritisiert das Geschäftsmodell von Braco. «Er verführt die Leute, macht ihnen falsche Versprechungen und operiert mit Sehnsüchten und Ängsten», sagt Stamm gegenüber ZüriToday. Dass das Volkshaus dem «Heiler» eine Plattform bietet, findet er problematisch: «Da müsste man genauer hinschauen.»

Stamm spricht auch einen umstrittenen Esoterik-Kongress an, der Ende Mai im Volkshaus stattfand. Dabei waren Referate geplant von Daniele Ganser, der Putin-freundliche Theorien zum Ukraine-Krieg verbreitet, dem «Medium» Christina von Dreien, die Verschwörungserzählungen von Reptilienmenschen und der Hohlerde verbreitet, oder auch Ricardo Leppe, einem Verfechter der antisemitischen «Neuen Germanischen Medizin» statt.

Leppe wurde nach Kritik an seinem Auftritt von der Redner-Liste am Kongress gestrichen. Am Tag der Veranstaltung demonstrierten rund 50 Personen gegenüber vom Volkshaus gegen den Event, berichtete die NZZ.

«Bei der Selektion war das Volkshaus früher kritischer», sagt Stamm über die Veranstaltungsstätte. Schliesslich sei der Betrieb auch nicht in Privatbesitz und müsse nicht um jeden Preis Gewinn erwirtschaften.

Bei der Programmgestaltung sollte das Volkshaus zwar autonom bleiben, «aber der Stiftungsrat sollte eingreifen und Leitplanken setzen», wünscht sich Stamm.

Volkshaus kennt rote Linien für Veranstaltungen

Kaspar Bütikofer, Präsident des Stiftungsrates des Volkshauses, verteidigt gegenüber der WOZ die Vermietungspraxis der Veranstaltungsstätte. Im Vorfeld des umstrittenen Esoterik-Kongresses im Mai erklärte er, dass Veranstaltungen stattfinden dürfen, solange sie nicht gegen die Grundprinzipien aus dem Leitbild des Volkshauses verstossen. Toleranz und Respekt müssten eingehalten werden, Rassismus, Sexismus und Aufrufe zur Gewalt seien rote Linien.

Das Volkshaus sei sich seiner Verantwortung bewusst, betont Bütikofer. Der Vorstand würde die Vermietungspraxis fortlaufend überdenken. Für eine Stellungnahme zum Auftritt von Braco konnte ZüriToday die Verantwortlichen des Volkshauses nicht erreichen.

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