Schweiz
Interview

Krankenkassen-Experte Felix Schneuwly kritisiert Alain Berset

Interview

«Dass Berset seine schlechten Reformen noch verteidigt hat, erstaunte mich besonders»

Felix Schneuwly ist Krankenkassenexperte beim Vergleichsportal Comparis. Im Interview äussert er sich zu den Krankenkassenprämien, die 2024 erneut steigen werden. Zudem erklärt er, was Politikerinnen und Politiker – insbesondere Alain Berset – falsch machen.
26.09.2023, 19:5127.09.2023, 14:02
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Herr Schneuwly, heute hat Bundesrat Alain Berset mitgeteilt, dass die Krankenkassenprämien im nächsten Jahr um 8,7 Prozent steigen werden. Was sagen Sie zu dieser Nachricht?
Felix Schneuwly:
Das ist wirklich eine happige Erhöhung und wird den unteren Mittelstand und alle darunter hart treffen. Sie müssen jetzt extrem sparen, um ihre Prämien noch zahlen zu können. Und das, während die Lebenskosten ohnehin stetig steigen. Was mich aber am meisten nervt, ist, dass dieser Prämienanstieg vermeidbar gewesen wäre.

Wie wäre das vermeidbar gewesen?
Wenn nach der Corona-Pandemie nicht die Reserven der Krankenkassen angezapft worden wären. Nun sind ihre Reserven aufgebraucht. Also müssen sie die gestiegenen Gesundheitskosten an die Versicherten weitergeben. Besonders tragisch an der ganzen Geschichte ist, dass der Bundesrat nicht zum ersten Mal diese Fehlentscheidung getroffen hat. Es ist schon das dritte Mal. Und jedes Mal endete die Situation mit einem Prämienschock für die Versicherten. Die Politik lernt nicht aus der Vergangenheit.

Zur Person
Felix Schneuwly ist Gesundheits- und Krankenkassenexperte des Online-Vergleichsdiensts Comparis. Vor dieser Tätigkeit war er Leiter Politik und Kommunikation für den Branchenverband der Krankenversicherungen Santésuisse.

Bundesrat Alain Berset meinte an der Medienkonferenz heute, dass man mit Reformen versucht habe, die Prämiensteigerung so tief wie möglich zu halten.
Ja. Dass Alain Berset seine schlechten Reformen der letzten zehn Jahre an der Medienkonferenz auch noch verteidigt hat, hat mich besonders erstaunt. Insbesondere die beiden Sparpakete verursachen nur unnötigen administrativen Aufwand für das medizinische Personal. Das ist nicht nur teuer, es heizt auch den Fachkräftemangel an. Die Menschen sind Ärztin oder Pfleger geworden, weil sie den Menschen helfen wollen, nicht, um Dokumente auszufüllen. Aber auch die beiden Gegenvorschläge des Bundesrats zur Kostenbremse-Initiative der Mitte und der Prämien-Entlastungs-Initiative der SP sind unnötig.

Weshalb sind diese Vorstösse unnötig?
Unser Gesetz bietet bereits Lösungen. Reichen Kantone die vom Bund zugesicherten Gelder für Prämienverbilligungen nicht an ihre Bevölkerung weiter, kann das eingefordert werden. Dazu gab es bereits einen Bundesgerichtsentscheid im Falle des Kantons Luzern. Und trotzdem will beispielsweise der Kanton Zürich nun die Prämienverbilligungen wieder kürzen. Und im Falle der Kostenbremse-Initiative: Alle Gesundheitsinstitutionen sind schon jetzt dazu verpflichtet, nur Eingriffe und Therapien zu unternehmen, die auch wirklich notwendig sind. Trotzdem ist unser System so aufgebaut, dass derzeit jene profitieren, die möglichst viel machen.

Felix Schneuwly, Krankenkassenexperte Comparis praesentiert die Resultate der juengsten Gesundheitsausgabenprognosen vom Herbst 2018 an einer Medienkonferenz in Zuerich am Dienstag, 20. November 2018. ...
Felix Schneuwly, Krankenkassenexperte bei Comparis.Bild: KEYSTONE

Ist unser Gesundheitssystem aus Ihrer Sicht überhaupt noch zu retten?
Absolut. Es müssten nur endlich mutige Reformen durchgebracht werden. Solche, die Effizienz und Qualität statt blosse Mengen belohnen. Und gleichzeitig müssen schlechte Reformen aus der Vergangenheit rückgängig gemacht werden. Etwa die Kostensteuerungs- und Qualitätsbürokratie.

Gibt es auf politischer Ebene Aussagen, die Sie nicht mehr hören können in Bezug auf die Krankenkassen?
Ja. Dieses immer den anderen die Schuld geben. Ich wäre dafür, dass jeder Akteur, der etwas zur Diskussion beitragen möchte, zuerst Verbesserungspotenzial bei sich selbst vorbringen müsste. Ausserdem wäre ich froh, würde die Politik endlich begreifen, dass es nichts bringt, immer dieselben Vorschläge zu bringen. Es müssen neue Ansätze her.

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Krankenkassenprämien steigen um 8.7 Prozent – das sagt die Bevölkerung
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101 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Platon
26.09.2023 20:30registriert September 2016
Und ständig befragt man diesen Laferi Felix Schneuwly, der erstens einmal keinen Plan von Gesundheitsökonomie hat und zweitens sowieso komplett auf FDP-Linie ist. Schon nach der zweiten Frage musste ich aufhören. Ob die Reserven gestern oder heute Aufgebraucht werden ist schlichtweg schnurzegal! Das ergebnis wäre per 26. September 2023 dasselbe, mit dem Unterschied, dass die vorherigen Prämienrunden höher ausgefallen wären. Es ist nicht aufgabe der Politik Prämien auf Vorrat einzuziehen und Reserven zu bilden! Was ist denn das für eine komische Vorstellung?
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John H.
26.09.2023 21:07registriert April 2019
Felix Schneuwly vom Vergleichportal Comparis, die durch Provisionen der Krankenkassen massiv vom Kuchen profitieren kritisiert das System und den Bundesrat während seine Kollegen für dieses System lobbyiert haben.
Das ist doch einfach unglaubwürdig.
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Roegerl
26.09.2023 20:42registriert Juni 2022
Schaut doch mal was der „Herr“ für Mandate im Gesundheitsbereich hat..!
LinkedIn und Xing können helfen!
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