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Krankenkassen: Die Prämienerhöhung erklärt in 6 Punkten

Alain Berset und ein Hintergrund voller Fragezeichen
Innenminister Alain Berset hat keine frohen Nachrichten zu verkünden. Bild: keystone/shutterstock/watson

Die Prämien steigen so stark wie seit 2010 nicht mehr – die 6 wichtigsten Punkte

Gesundheitsminister Alain Berset hat heute Nachmittag die neuen Krankenkassenprämien verkündet. Er sprach schon bei erfreulicheren Ereignissen.
26.09.2023, 14:2326.09.2023, 16:42
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Moment, gib mir die Zahlen!

Ok. Die Krankenkassenprämien steigen 2024 um 8,7 Prozent. Die mittlere Monatsprämie wird sich auf 359,50 Franken belaufen. Der Anstieg der mittleren Monatsprämie 2024 beläuft sich damit auf 28,70 Franken, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag mitteilte. Es ist der grösste Anstieg seit 2010.

>> Alle aktuellen Entwicklungen findest du hier.

Und wie steigen die Prämien für die einzelnen Gruppen?

Für Erwachsene steigen die Krankenkassenprämien um 33,80 Franken oder 8,6 Prozent auf 426,70 Franken im Monat.

Junge Erwachsene müssen 300,60 Franken und damit 23,80 Franken oder 8,6 Prozent mehr zahlen.

Die Monatsprämien für Kinder verteuern sich um 8 Franken oder 7,7 Prozent auf durchschnittlich 111,80 Franken.

Wie gross war der Kostenanstieg?

Das BAG begründet den Prämienanstieg mit markant gestiegenen Gesundheitskosten und weiteren Faktoren. Die Kosten stiegen seit dem zweiten Halbjahr 2021 und besonders im Verlauf des Jahres 2023 stärker als erwartet. Im ersten Halbjahr 2023 resultierte ein Plus von 6,4 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Die Krankenkassen rechnen für das ganze Jahr mit einem Plus von 5,3 Prozent und für 2024 mit einem weiteren Anstieg um 3,4 Prozent. Die Krankenkassen können wegen gesunkener Reserven den Anstieg nicht dämpfen.

Und was hat den Anstieg verursacht?

Zugrunde liegt dem Kostenwachstum die demografische Entwicklung und der medizinisch-technische Fortschritt, so das BAG. Zudem hätten mehr Arztbesuche und ambulante Spitalleistungen sowie mehr und teurere Medikamente den Kostenschub verursacht. Die Prämieneinnahmen 2023 decken die Kosten nicht. Neben dem Kostenschub führt das BAG dies auf die nicht bei den Kassen angelangte Prämienerhöhung um 6,6 Prozent im laufenden Jahr zurück.

Viele Versicherte wechselten den Grundversicherer oder wählten eine höhere Franchise. So stiegen die Prämien letztendlich nur um durchschnittlich 5,4 Prozent. Die dadurch tieferen Prämieneinnahmen schlagen sich nun im Prämienanstieg 2024 nieder. Und schliesslich muss auch die Kostensteigerung 2024 berücksichtigt werden. Starke Nachholeffekte nach der Covid-19-Pandemie verstärkten diese Effekte noch.

Wie geht es den Krankenkassen?

Nun, die Versicherer schrieben 2022 einen Verlust von 1,7 Milliarden Franken. Zudem brockte ihnen der Kapitalmarkt einen Anlageverlust von 1,8 Milliarden Franken ein.

Die Verluste deckten die Kassen aus den Reserven. Die Reserven sanken damit in der ganzen Branche auf 8,5 Milliarden Franken, was zwar ausreicht. Polster zur Dämpfung der Prämienentwicklung sind aber nicht mehr vorhanden.

Wie hat der Bund das Prämienwachstum bekämpft?

Das BAG nennt in seiner Medienmitteilung, es sei gelungen, seit 2012 eine Senkung der Medikamentenpreise und Labortarife um je zehn Prozent umzusetzen. Das habe 140 Millionen Franken eingespart. Durch das sogenannte Health-Technology-Assessment-Programm erzielte das BAG jährlich wiederkehrende Einsparungen von 75 Prozent. Der bundesrätliche Tarifeingriff in den Tarmed für ärztliche Leistungen habe die Kosten um 470 Millionen Franken gesenkt. Die am 1. Januar 2024 in Kraft tretende Revision zweier Verordnungen fördere den Einsatz billigerer Nachahmermedikamente und Biosimilars, was bis zu 250 Millionen Franken Spareffekt zeitigen soll.

Zum Vergleich: Die gesamten Gesundheitskosten der Schweiz betrugen gemäss den neusten Zahlen des Bundesamtes für Statistik 83,3 Milliarden Franken. Pro Jahr.

(sda/mlu)

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34 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Jonachi
26.09.2023 14:39registriert August 2016
Als versicherter habe ich den Eindruck, mit den Prämien die ich für mich und meine Familie bezahle, sehr viel mitfinanziere, das nicht direkt mit der Gesundheit zu tun hat. Sehr viel Werbung, Ausgleich für Kapitalverluste (WTF?) und Dinge von denen ich noch nicht mal eine Ahnung habe. Solche Erhöhungen mit undurchsichtigen Zahlen und Prozentangaben zu begründen löst bei mir das Gefühl aus, über den Tisch gezogen zu werden.
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Alain Müri
26.09.2023 14:45registriert März 2022
Ich hab kein Problem mit der Prämienerhöhung von über 8%.
Ich hab ein Problem damit das die KK-Prämienerhöhung nicht in die Inflation eingerechnet wird.
Ich verarme deswegen von Jahr zu Jahr mehr und mehr!
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    Deutliche Zunahme von Verdachtsmeldungen über Geldwäscherei

    Der Verdacht auf Geldwäscherei in der Schweiz hat offenbar deutlich zugenommen. Jedenfalls wuchs die Zahl der Verdachtsmeldungen im vergangenen Jahr um mehr als ein Viertel auf 15'141 im Vergleich zu 2023. 92 Prozent dieser Meldungen stammten von Finanzintermediären aus dem Bankensektor.

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