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SRF Arena ist zurück: «Auch wenn's ein Hitzesommer ist, bitte cool down»

Die «Arena» ist zurück – der Wahlherbst lanciert.
Die «Arena» ist zurück – der Wahlherbst lanciert.bild: screenshot/srf
Review

Grossen zu Glättli in der «Arena»: «Auch wenn es ein Hitzesommer ist, bitte cool down»

Die «Arena» meldet sich aus der Sommerpause zurück. Zum Auftakt in den Wahlherbst sind die Präsidentinnen und Präsidenten von SVP, SP, FDP, Mitte, Grünen, GLP, EVP und EDU zu Gast. Unterhalten wurde durchaus, wenn auch etwas anders als üblich.
26.08.2023, 04:0126.08.2023, 13:44
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Jede Lehrperson wäre vor Freude quer durchs Klassenzimmer gehüpft, hätte sie je eine so gut vorbereitete Schulklasse vor sich gehabt wie Sandro Brotz freitagabends im Studio 8 am Leutschenbach.

Zugegen waren die Präsidentinnen und Präsidenten der sechs grössten Parteien plus die Repräsentanten von EVP und EDU, die beiden Kleinparteien sind – wenn auch ohne Fraktionsstärke – ebenfalls im Parlament vertreten. Nachfolgend das Line-up:

  • Marco Chiesa, Präsident SVP
  • Mattea Meyer, Co-Präsidentin SP
  • Thierry Burkart, Präsident FDP
  • Gerhard Pfister, Präsident Die Mitte
  • Balthasar Glättli, Präsident Grüne
  • Jürg Grossen, Präsident Grünliberale
  • Lilian Studer, Präsidentin EVP
  • Daniel Frischknecht, Präsident EDU
EVP-Präsidentin Lilian Studer und Daniel Frischknecht, Präsident der EDU.
EVP-Präsidentin Lilian Studer und Daniel Frischknecht, Präsident der EDU.bild: screenshot/srf

Die versammelte Präsidentenrunde hatte sich für die erste von 11 «Arena»-Sendungen im Vorfeld der eidgenössischen Parlamentswahlen Ende Oktober artig in den Stoff eingelesen. Jede und jeder wollte die eigene Parteiparole ein erstes Mal in die Schweizer Stuben posaunen, daneben blieb kaum noch Zeit für die sonst üblichen Zankereien. So kam es, dass anstelle von Moderator Brotz auch ein Anfangzwanziger frisch ab der Pädagogischen Hochschule durch die Sendung hätte geleiten können, ein Massstab zwecks Bestrafung sich nicht ziemender Ausfälligkeiten brauchte es für einmal nicht.

Chiesa vs. Migration

Und so dauerte es denn auch fast bis zum Ende der «Arena» – genauer bis zu Lektion 3 und dem Thema Zuwanderung – ehe sich das erste und auch einzige Kuriosum festmachen liess. SVP-Präsident Marco Chiesa hatte bereits rund 85 Sendeminuten auf jeden angesprochenen Inhalt von Moderator Brotz fast ausschliesslich eine Antwort bereit: zu viel Migration.

Atomkraftwerke abschalten? Geht nicht, zu viel Migration. Sinkende Kaufkraft? Ja, zu viel Migration. Krankenkassenprämien könnten 2024 um 10 Prozent steigen? Ja, zu viel Migration.

Brotz nutzte also den Moment in den Schlussminuten, um vom SVP-Präsidenten im Einzelverhör in Erfahrung zu bringen, ob es denn auch ein Problem in der Schweiz gebe, an dem nicht die Ausländer Schuld seien. Und was machte Chiesa? Er umschiffte die Frage gekonnt und platzierte seine Botschaft ein weiteres Mal. Ob dies polit-taktische Absicht oder der Verständigung geschuldet war, wurde auch nach mehrmaligem Nachhaken nicht klar.

Chiesa: «Eine grosse Einwanderung in die Schweiz verursacht viele Probleme»

Video: srf/arena

Marco Chiesa hatte bereits einige Minuten zuvor für Schmunzler gesorgt, als er betonte, in der Zeit als er Leiter eines Altersheimes war, keinen einzigen Ausländer und Grenzgänger beschäftigt zu haben.

Glättli vs. Grossen

Nebst dem Thema Zuwanderung standen auch die Klima- und Energiepolitik auf dem «Arena»-Lehrplan. Grünen-Präsident Balthasar Glättli bediente sich dem rhetorischen Stilmittel der Antithese («Heisser Sommer, kalter Schauer den Rücken runter»), um auf klimatische Kipppunkte wie die Oberflächentemperatur des Atlantiks (zu hoch) und den Umfang an Neu-Eis in der Antarktis (zu niedrig) hinzuweisen. Die Lösung, damit es in der Schweiz klimapolitisch vorwärts geht: Grüne wählen. Brotz' vergnügte Antwort: «Da wär ich jetzt fast nicht draufgekommen.»

Glättli: «Wenn es vorwärts gehen muss, dann muss man grün wählen»

Video: srf/arena

GLP-Präsident Jürg Grossen dozierte derweil im Stile des Klassenstrebers etwas von der Power-to-X-Strategie (Umwandlung von überschüssigem Strom in synthetische Gase/Treibstoffe) und liess es sich nicht nehmen, Parlamentskollege Glättli kurz in die Schranken zu weisen. Grossen appellierte an die Vernunft und replizierte Glättlis zuvor feurig-emotional artikulierten Monolog (Grüne wählen!) kurz und knapp mit den Worten:

«Auch wenn es jetzt ein Hitzesommer ist, bitte cool down.»
GLP-Präsident Jürg Grossen zu Grünen-Präsident Balthasar Glättli

Grossen: «Man muss nicht einfach nur mit Panik agieren»

Video: srf/arena

Listenverbindungen

Nebst den inhaltlichen Schwerpunkten gab es zum Wahlkampfauftakt in der «Arena» auch den einen oder anderen thematischen Exkurs. Gleich zu Beginn der Sendung wurde einmal mehr auf den Vorgang der Listenverbindungen eingegangen – obwohl medial schon mehr durchgekaut als jeden von Alex Fergusons Kaugummis.

Kurios dabei: Selbst wenn Andreas Glarner nicht Teil einer TV-Debatte ist, kommt der SVP-Nationalrat zur Sprache. SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer nahm Glarner zum Anlass, FDP-Präsident Thierry Burkart zu kritisieren – der Freisinn paktiert in einigen Kantonen, darunter im Kanton Aargau, mit der SVP.

Meyer: «Eine Stimme für die FDP ist in Ihrem Kanton auch eine für Andreas Glarner»

Video: srf/arena

Doch auch dieser Dialog zwischen Mattea Meyer und Thierry Burkart blieb wie alle anderen im gesitteten Rahmen. Der «Arena»-Aufgalopp zum Wahlherbst hatte – vom Zeitpunkt her ziemlich passend – etwas von einem ersten Schultag nach den Sommerferien. Man trifft sich nach längerer Zeit wieder an gewohntem Ort, schaut zurück aber vor allem vorwärts auf das kommende Semester.

Ein Semester mit den eidgenössischen Parlamentswahlen als absoluter Höhepunkt. Ein Semester geprägt von Themen, welche die Schweizer Bevölkerung beschäftigen. Ob Versorgungssicherheit, Krankenkassenprämien, Migration oder Klimawandel – die kommenden «Arena»-Sendungen dürften bezogen auf die Intensität der Debatte einer Pausenplatz-Keilerei näher stehen als dem Malkurs.

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168 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Wolfman
26.08.2023 07:00registriert April 2020
Vielleicht hätte man Hr. Chiesa einen leichten Klapps geben sollen, damit man über den Sprung in seiner Platte gekomnen wäre. Die Migration schafft Probleme, das ist klar. Doch es ist die SVP selbst, die diese Migration mit ihrer wirtschaftsfreundlichen Lobbypolitik befeuert. Und nicht nur das. Dort wo die Kosten explodieren (KK, Medikamente, Energie, Mieten), überall dort sitzt die SVP in den Verwaltungsräten und kassiert mit. Aus diesem Grund ist sie auch gegen alle Vorschläge, welche die Preise senken würde. Die SVP schaut nicht fürs Volk, es nimmt es, zu ihrem Vorteil, aus. Wacht auf!!
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dario1
26.08.2023 07:30registriert Juni 2019
Meine Tochter Lebt nun seit 9 Jahren in Australien und Arbeitet dirt als Medizienerin. Biss sie nur die Arbeitsewilligung erhielt, ging es eine Ewigkeit. Ein Famieliennachzug ist sehr schwierig. Das Interessante daran ist, dass dort die Grünen diese sehr Strenge Einwanderungspolitik unterstützen. Links ist ebeben nicht in jedem Land daselbe.
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Chris_A
26.08.2023 09:01registriert Mai 2021
Was soll die irre Diskussion der SVP und der FDP um neue AKWs. Wir brauchen den Strom jetzt und nicht in 20 oder 30 Jahren denn dann sind die Erneuerbaren soweit ausgebaut das wir kein teures AKW mehr brauchen. AKWs sind ökonomischer und ökologischer Unsinn.
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    Viel weniger Asylanträge in EU und der Schweiz
    Die Zahl der Asylanträge in der EU sowie in Norwegen und in der Schweiz ist im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen: Insgesamt wurden in den 29 Ländern 1'014'000 Anträge registriert – genau 100'000 weniger als im Jahr zuvor (minus 11 Prozent).

    Dies geht aus dem neuen Jahresbericht der EU-Agentur EUAA mit Sitz in Malta hervor. Grund dafür ist vor allem, dass es in Deutschland weniger neue Asylbewerber gab.

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