Blogs
Down by Law

Muss ich rassistische Beleidigungen am Arbeitsplatz akzeptieren?

Rassismus am Arbeitsplatz muss man sich nicht gefallen lassen.
Rassismus am Arbeitsplatz muss man sich nicht gefallen lassen.
Down by Law

Muss ich rassistische Beleidigungen am Arbeitsplatz akzeptieren?

Nein. Deine Arbeitgeberin muss deine Persönlichkeit schützen und darf rassistische Äusserungen dir gegenüber nicht tolerieren. Strafbar sind rassistische Verbalattacken am Arbeitsplatz sehr oft nicht, weil sie privat sind.
17.06.2020, 10:5317.06.2020, 12:49
Vera Beutler / lex4you by TCS
Vera Beutler / lex4you by TCS
Folge mir
Mehr «Blogs»

Deine Arbeitgeberin muss im Arbeitsverhältnis deine Persönlichkeit achten und schützen. Im Rahmen dieser sogenannten Fürsorgepflicht hat sie dafür zu sorgen, dass ihre Mitarbeitenden – aber auch beispielsweise Kunden oder Lieferanten – keine rassistischen Bemerkungen machen, die dich in deiner Persönlichkeit verletzen. Ob die Bemerkung rassistisch war, beurteilt sich nach einem objektiven Massstab und nicht danach, wie sie gemeint war. «Ich bin kein Rassist und deswegen war meine Bemerkung auch nicht rassistisch» ist entsprechend keine Rechtfertigung und lässt eine rassistische Bemerkung das bleiben, was sie ist: rassistisch.

Der privatrechtliche Schutz gegen rassistische Bemerkungen ist weitgehend theoretischer Natur

Arbeitgeberin darf rassistische Bemerkungen nicht tolerieren

Weiss die Arbeitgeberin von den rassistischen Verbalattacken, muss sie Massnahmen ergreifen: Verhaltensregeln aufstellen, dem fehlbaren Arbeitskollegen die Anweisung geben, sich korrekt zu verhalten oder ihm gar kündigen. Sollte die Arbeitgeberin hingegen dir kündigen, weil du sie an ihre Fürsorgepflicht erinnert hast, ist die Kündigung zwar gültig. Aber in aller Regel missbräuchlich und die Arbeitgeberin riskiert, dir eine Entschädigung zahlen zu müssen.

Dieser privatrechtliche Schutz gegen rassistische Bemerkungen ist allerdings weitgehend theoretischer Natur: Es gibt praktisch keine Gerichtsurteile, kaum jemand wehrt sich mit zivilrechtlichen Mitteln gegen Rassismus am Arbeitsplatz.

Private rassistische Äusserung nicht strafbar

Contentpartnerschaft mit TCS / lex4you.ch
Dieser Blog ist eine Contentpartnerschaft mit TCS Rechtsschutz und seiner interaktiven Rechtsauskunftsplattform lex4you.ch. Die Fragen stammen direkt aus dem Alltag von Rechtsschutzversicherten – kompetent beantwortet von der Juristin und Leiterin von lex4you.ch, Vera Beutler. Es handelt sich nicht um bezahlten Inhalt.

Eine rassistische Bemerkung kann auch strafbar sein: Die Antirassismusstrafnorm schützt gemäss Bundesgericht «unmittelbar die Würde des einzelnen Menschen in seiner Eigenschaft als Angehöriger einer Rasse, Ethnie oder Religion». Nun stellt aber dieser Antirassismusartikel nur die öffentliche rassistische Äusserung unter Strafe. Keine Strafe ohne Gesetz – das sagten zwar noch nicht die Römer. Aber gleichwohl: Der Grundsatz ist fix in unserem Strafrecht verankert. Deswegen darf im Privaten weiterhin straflos gehetzt werden.

Für das Bundesgericht sind Äusserungen privat, wenn sie «im Familien- und Freundeskreis oder sonst in einem durch persönliche Beziehungen oder besonderes Vertrauen geprägten Umfeld» erfolgen. Der Arbeitsplatz ist dann ein derartiges Umfeld, wenn sich alle, welche die Äusserung mitgekriegt haben, persönlich kennen und niemand Externes die Bemerkung gehört hat. Lässt dein Arbeitskollege hingegen eine rassistische Bemerkung in einem Grossraumbüro mit ständig wechselnden Mitarbeitenden oder im Beisein eines Kunden fallen, riskiert er eine Freiheits- oder eine Geldstrafe.

Im Gegensatz zum zivilrechtlichen Schutz gegen rassistische Bemerkungen ist der strafrechtliche Schutz nicht ganz so theoretisch und es gibt dazu einige Gerichtsurteile. So kosteten die Bezeichnungen «Negerhure», «schwarze Sauschlampe» und weitere ähnliche rassistische Äusserungen gegenüber einer Servicefachkraft den Absender per Gerichtsentscheid 400 CHF. In einem Fall vor Militärstrafgericht kassierte ein Mann für die wiederholten und bewusst herabsetzenden Bezeichnungen «Halbneger» und «Schoggichopf» gegenüber einem Obergefreiten eine Strafe von insgesamt 800 CHF. Hingegen darf man eine Süssspeise ungestraft «Mohrenkopf» nennen. Ob das moralisch, historisch oder auf eine andere Weise korrekt ist, ist wiederum eine andere Frage.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Aus für die Südstaaten-Flagge
1 / 14
Aus für die Südstaaten-Flagge
Als Reaktion auf das rassistisch motivierte Massaker von Charleston hat der US-Bundesstaat South Carolina im Juli 2015 die Konföderierten-Flagge eingeholt.
quelle: ap/ap / john bazemore
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Was struktureller Rassismus ist und warum es ihn auch in der Schweiz gibt
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
7 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Sa_Set
17.06.2020 11:16registriert Oktober 2019
Uff... Als meine Zeit als Verkäufer habe ich ein paar sehr fragwürdige Dinge erlebt.

Da wurde ein Kollege mal als der "Quoten-Schwarze" bezeichnet und ein andermal weigerte sich eine Kundin von ihm bedient zu werden. Als wir dann hinter dem Kollegen standen und sagten, dass wir sie ebenfalls nicht bedienen würden, gabs einen Rüffel vom Firmenchef, weil sie sich bei uns beklagt hat. Der Chef zeigte da, leider kein Verständnis für unsere Entscheidung, was ich bis heute nicht wirklich verstehe.

Traurige sache.
1699
Melden
Zum Kommentar
7
Achtung, Achtsamkeit! Wie wir bereits Kinder in die Esoterikfalle locken
Meditationskurse für Lehrerpersonen sind ausgebucht. Doch Schulen sind nicht der richtige Ort, um den Kindern das Stillsitzen beizubringen.

Der Siegeszug von Meditation und Yoga durch die westliche Welt ist einzigartig. Die beiden fernöstlichen Disziplinen elektrisieren bei uns ein breites Publikum, vor allem spirituelle Sucher.

Zur Story