Oft sind die Dinge so, wie sie scheinen. Der Mann, der im analogen Leben einen anderen mit «vaffanculo» betitelt hat, fand beim Bundesgericht kein Gehör mit dem Argument, das sei keine Beleidigung, sondern bloss eine Unmutsäusserung. Entscheidend ist, wie ein unbefangener Durchschnittsmensch die Äusserung unter den konkreten Umständen interpretiert. Und wenn dieser Durchschnittsmensch den Eindruck hat, dass der Verfasser jemanden in seiner Ehre angreifen wollte, sind wir bereits im Bereich der strafbaren Beschimpfung. Ganz egal, ob die Beschimpfung mündlich gebrüllt, mit einem Füllfederhalter geschrieben oder in das Smartphone getippt wurde – hier droht eine Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen.
Schnell ist der Post mit der lustigen Beschimpfung erstellt. Genauso schnell kommt er beim Empfänger an. Und bei ganz vielen anderen auch. Schon nur wer ihm unbekannte Personen in einem sozialen Netzwerk als Freunde akzeptiert, kann nicht mehr davon ausgehen, im privaten Rahmen zu wettern. Vielmehr verbreitet man damit eine ehrverletzende Aussage, was strafrechtlich gesehen bereits eine Verleumdung ist. Dies kann nicht nur mit Geldstrafe, sondern mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden.
Noch schneller als ein Post geschrieben ist, ist der «Like» oder «Share»-Button unter einem ehrverletzenden Beitrag angeklickt. Auch das kann ins Auge gehen, wie das Bundesgericht kürzlich bestätigt hat: Denn je nach persönlichen Einstellungen und Algorithmen des sozialen Netzwerkes kann bereits das Liken oder Teilen eine strafbare Weiterverbreitung sein, indem der Empfängerkreis des ursprünglichen Posts erweitert wird.
Allerdings gilt bei Ehrverletzungsdelikten wie der Beschimpfung oder der Verleumdung das altbekannte Sprichwort: «Wo kein Kläger, da kein Richter». Denn diese Delikte sind Antragsdelikte. Wer sich in seiner Ehre verletzt fühlt, muss innerhalb von drei Monaten ab dem Tag, an dem er weiss, wer ihn beschimpft oder verleumdet hat, Strafantrag stellen. Verpasst er die Frist, erlischt sein Antragsrecht.