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So will uns Google vor den Trollen im Netz retten

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So raffiniert will Google die Diskussionskultur im Internet retten

Beleidigungen machen viele Diskussionen im Netz ungeniessbar. Zuletzt hat die NZZ kapituliert und ihre Kommentarfunktion stark eingeschränkt. Eine Google-Tochter will jetzt die Lösung gefunden haben: Eine selbstlernende Software soll das Gift aus Kommentarspalten saugen. Kann das klappen?
23.02.2017, 15:2823.02.2017, 15:56
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Big Data gegen Hass-Rede und Online-Pöbelei: Die Google-Schwesterfirma Jigsaw hat am Donnerstag den Dienst «Perspective» gestartet, mit dem im Netz leichter Kommentare identifiziert werden können, die als gehässig, unfreundlich, bösartig, gemein oder verletzend empfunden werden.

Im Rahmen der Digitalen News Initiative (DNI) werde Jigsaw eine Schnittstelle (API) zur Verfügung stellen, mit der Verlage «Perspective» kostenlos nutzen können.

Der Dienst wurde zuvor in Projekten mit der Wikimedia-Stiftung und der «New York Times» erprobt, um Hasspostings und Trollereien automatisch erkennen zu können. Dabei wurde unter anderem ein Datensatz aus insgesamt mehr als 115'000 Nachrichten von Wikipedia-Diskussionsseiten ausgewertet.

Der Dienst steht vorerst nur für englischsprachige Diskussionsforen zu Verfügung. Im Rahmen der DNI könne das Projekt aber auf andere Sprachen wie Deutsch erweitert werden.

Schutz vor DoS-Attacken

Jigsaw, ein Unternehmen der Google-Muttergesellschaft Alphabet, hat sich zum Ziel gemacht, «die Welt mit Technologie sicherer zu machen». Im Rahmen der DNI bietet Jigsaw Verlagen im «Project Shield» unter anderem einen kostenlosen Schutzschild gegen sogenannte Denial-of-Service-Attacken an, bei denen Wirtschaftskriminelle oder staatlich gesteuerte Hacker Webseiten der Verlage mit gigantischen Datenpaketen von Millionen gekaperten Computern aus einem Botnetz lahmlegen wollen.

Der Ansatz bei «Perspective» gehe deutlich über den Abgleich mit einer Liste verdächtiger Schlüsselbegriffe hinaus, sagte Jigsaw-Top-Manager Jared Cohen. Die künstliche Intelligenz erkenne, ob ein Beitrag von einem menschlichen Anwender als unangemessen beurteilt werde und ihn dazu bringe, die Konversation zu verlassen.

Eine Studie habe ergeben, dass 72 Prozent aller US-Amerikaner im Internet bereits Drangsalierung wahrgenommen hätten, fast die Hälfte aller Anwender habe dies auch bereits persönlich erlebt. Knapp ein Drittel der Befragten zensiere sich inzwischen bei Online-Kommentaren selbst, weil sie Racheaktionen befürchteten.

«Giftigkeits»-Skala

Das System von Jigsaw stelle auf einer Skala zwischen 0 und 100 fest, wie «giftig» («toxic») ein Kommentar sei. Was mit den Kommentaren dann passiere, liege in der Hand der Verleger. So könne man mit dem System Moderatoren der Verlage auf verdächtige Kommentare aufmerksam machen, die sich dann in die Konversation einschalten könnten. Konkret könnte das etwa bedeuten, dass ein Forenmoderator bei der «New York Times» oder watson nicht mehr alle Beiträge händisch begutachtet, sondern nur noch solche, die einen Giftwert von 90 oder mehr aufweisen.

Man könne den Anwendern aber auch schon beim Schreiben des Kommentars anzeigen, wie «giftig» der Text eingeschätzt wird, um zu einem besseren Umgangston beizutragen. Ausserdem könnten Leser die Kommentare so sortieren lassen, dass besonders gehässige Beiträge ausgeblendet werden.

(oli/sda/dpa)

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22 Kommentare
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Wilhelm Dingo
23.02.2017 15:59registriert Dezember 2014
1984 kommt schneller als vermutet.
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