«Mario Kart» ist nicht nur ein legendäres Videospiel, das den Puls ordentlich nach oben treibt und seit vielen, vielen Jahren regelmässig Freundschaften zerstört, sondern auch ein wohliges Gefühl. Man muss das Konzept dieses Funracers gar nicht gross erklären, da wir alle mit diesem einen Videospiel ganz viele Erinnerungen und Emotionen verbinden. Auch wenn die Ableger seit dem Erstling immer wieder neue Features einbauten und spassige Inhalte für einen geselligen Abend kreierten, blieb das Grundkonzept immer gleich und zeitlos.
Wir brausen mit liebgewonnenen Figuren aus dem Nintendo-Kosmos durch bunte Areale und versuchen uns auf den Rennstrecken mit Geschick bis nach ganz vorne zu kämpfen. Wir dürfen mit verschiedenen Items auf Angriffskollision gehen und uns an herrlich herzigen Animationen erfreuen. Auch «Mario Kart World» besitzt diese Grundstimmung, öffnet jetzt aber zum ersten Mal das Spielfeld, um auf einem ausgedehnten Kontinent auf Entdeckungsreise zu gehen, wenn wir denn wollen.
Wie der Name schon verrät, erwartet uns bei «Mario Kart World» ein ganzer Kontinent, den wir entdecken sollen. Im freien Modus können wir nach Lust und Laune die Strecken verlassen und auf Erkundungstour gehen. Dabei dürfen wir Münzen einsammeln, Herausforderungen, die in Geschicklichkeitsaufgaben münden, annehmen, Erinnerungsfotos schiessen, neue Kostüme entdecken oder generell einfach eine Fahrt ins Blaue starten, um sich alles ganz genau anzusehen und vor lauter Nintendo-Jöh-Attacken selig zu werden.
Eine spassige und kurzweilige Angelegenheit, die zwischen den Rennen für Abwechslung sorgt. Mehr darf und kann man aber von dieser Möglichkeit der freien Fahrt nicht erwarten. Eine Welt voller Geheimnisse und Nebenaufgaben ist «Mario Kart World» definitiv nicht geworden. Es bleibt eine nette Spielerei, die manchen viele zusätzliche Stunden Spielspass schenken wird, während andere schnell gelangweilt wieder in den stinknormalen Grand-Prix-Modus wechseln und sich den vielen neuen abgefahrenen aber auch sehr vertrauten Strecken hingeben.
Sofort fällt beim GP-Modus auf, dass die Strecken jetzt nicht mehr für sich alleine isoliert stehen, sondern in eine grosse Spielwelt eingebettet wurden. Wir fahren also von der einen Strecke zur anderen und bereisen somit gleichzeitig den Kontinent, der unterschiedliche Landschaften und Vegetationen präsentiert. Dabei fliessen die jeweiligen Themen schön ineinander über, so dass das Gefühl einer Länderreise entsteht.
Nebst diesem klassischen Grand-Prix-Modus mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad gibt es noch Versus-Rennen, Zeitfahren, Ballon-Wegballern-Schlachten und die neue Knockout-Tour, wo bei 24 Fahrern stets die hinteren vier letzten Karts aus dem Rennen gekickt werden sobald ein bestimmtes Zeitlimit erreicht wurde. Eine eigentlich sehr simple, kaum revolutionäre Spielvariation, die vor allem im Mehrspielerbereich für viel Nervenflattern und Freundschafts-Kündigungen sorgen wird.
Der Trailer hat es im Voraus schon verraten, das Fahrerfeld wurde erweitert. Insgesamt gehen pro Rennen 24 Go-Karts oder auch Motorräder an den Start. Das sorgt im Startbereich für ordentliches Chaos, das aber nach einiger Zeit auch wieder verschwindet, wenn sich das Fahrer-Feld ausgedehnt hat. Das Überblick-Problem zum Start und der Drang am Anfang besonders aufmerksam zu sein, begleiten uns dabei trotzdem.
Bei den Items geht Nintendo auf Nummer sicher und hat die üblichen verdächtigen im Gepäck. Mit der Eisblume, Wurfhämmern, einer Lunchbag oder der Feder gibt es zusätzliche Angriffs- sprich Verteidigungswaffen, die entweder komplett neu sind oder schon seit einer Ewigkeit keinen Auftritt mehr hatten und nun wieder aus der Versenkung geholt wurden. Das Prinzip ist auch hier immer noch dasselbe: Je nach erhaschtem Gegenstand bekommt man einen kurzen Wettbewerbsvorteil oder die Gelegenheit, den Mitstreitern ordentlich eins auszuwischen.
Wer möchte, tritt online gegen andere Kontrahenten an und brettert mit bis zu 24 Spielenden über die Pisten. Via «CameraPlay», sofern eine kompatible USB-C-Kamera oder die hauseigene neue Nintendo Switch 2-Kamera vorhanden ist, darf man sein Gesicht mitten in die Renngaudi einfügen lassen. Eine lediglich ganz nette Spielerei für die einen, ein sauwitziges Unterhaltungs-i-Tüpfelchen für die anderen.
Neu dürfen die Mini-Karren auch via Drift-Mechaniken auf Leitplanken oder Stromkabel gehievt werden, um Abkürzungen zu finden oder die Geschwindigkeit zu erhöhen. Es gibt einen frischen Wandsprung, auf dem Wasser darf jetzt richtig schön gerast werden und audiovisuell zeigt sich «World» von seiner ganz besonders schicken Seite.
Auch wenn die offene Spielwelt – sprich die Möglichkeit der freien Erkundung – das Hauptmerkmal des jüngsten Ablegers sein mag oder sein möchte, drängt sich immer mehr die audiovisuelle Überarbeitung heimlich in den Vordergrund. Vergleicht man das Spiel mit dem Vorgänger «Deluxe», der vor etwa 8 Jahren auf den Markt kam, macht sich eine grafische und musikalische Steigerung deutlich bemerkbar, die nicht nur detailverliebter, sondern auch verspielter denn je daherkommt.
Die Figuren wirken im Cockpit runder, plastischer und nicht mehr so starr und kantig wie in der Vergangenheit. Auch die vielen Fahrzeuge fügen sich besser ins Gesamtbild hinein und scheinen gar ein Eigenleben entwickelt zu haben. Und natürlich warten weitere Charaktere und Vehikel darauf, freigeschaltet und ausprobiert zu werden.
Neu gibt es auch ab und zu einen schicken Wechsel zwischen Tag und Nacht und auch ordentliche Wettereffekte haben es ins Spiel geschafft, um die Rennstimmung in Sachen Dramaturgie behutsam zu unterstützen. Eine grosse Anzahl an neuen oder neuinterpretierten Musikstücken, die mit geschickten Übergängen in den Rennstrecken eine Einheit bilden, ist ein weiteres Highlight, das «World» von den Vorgängern abheben lässt.
Mag am Anfang der Spielentwicklung bloss die Idee einer grossen, vernetzten Kart-Welt auf dem Papier vorhanden gewesen sein, ist das optische und akustische Endresultat mit dem einhergehenden Gefühl der Einheit wahrlich verblüffend gut gelungen.
Fazit: Wo «Mario Kart» drauf steht, ist auch «Mario Kart» drin. Auch wenn sich die Vorgänger im Grundprinzip immer treugeblieben sind und das Go-Kart-Rad nie komplett neu erfunden haben, hätte man sich von einem neuen Ableger, der das vollmundige Wort «World» innehat, dann doch schon ein bisschen mehr Neuerungen und Eigenständigkeit gewünscht. Vor allem da es sich um einen wichtigen Launch-Titel handelt und ordentlich zünden muss.
Die neuen Modi und die Möglichkeit der freien Fahrt sind durchaus nett und werden vor allem den eingefleischten Nintendo-Fans sehr gefallen, die dort stundenlang herumcruisen werden und vieles entdecken dürfen. Für die anderen fehlt dann aber doch eine etwas herausstechende Neuerung, die immer wieder danach schreit, dass man sich ihr auch zuwendet.
Aber: Egal! Denn «Mario Kart World» spielt trotzdem wieder hervorragend auf der Klaviatur des Spielspasses, hat ganz viel Umfang und Jöh-Faktor im Gepäck und zeigt wie immer besonders im Mehrspielermodus, was für eine Riesengaudi diese zeitlose Spielreihe seit jeher auf den Bildschirm zaubert und uns im Wohnzimmer wild und laut fluchen lässt.
«Mario Kart World» ist erhältlich für Nintendo Switch 2. Freigegeben ab 3 Jahren. Ein ausführlicherer Bericht zur Switch 2 folgt kommende Woche.
Meine Nichte gewinnt absolut jede Runde.
Meine Schwester platziert sich auf den Rängen 2-5
Ich komme auch irgendwann ins Ziel, nachdem ich mehrfach rückwärts fahren wollte, und schaffe es mit dem Kanonenbooster im letzten Moment auf einen hervorragenden elften Platz…