Überlegungen, in Europa einen einheitlichen Standard für Ladebuchsen in Elektrogeräten vorzuschreiben, stossen bei Apple auf Ablehnung. Der Konzern sei überzeugt, dass das Innovationen bremsen und den Konsumenten in Europa schaden würde, erklärte Apple am Donnerstag.
Der US-Konzern reagiert damit auf Forderungen aus der europäischen Politik. Zuletzt hat sich das Europaparlament und die EU-Kommission wieder aktiver darum bemüht, für mehr Kompatibilität bei Ladegeräten zu sorgen.
Das EU-Parlament hatte Mitte Januar erklärt, die Hersteller müssten einheitliche Ladesysteme für Handys, Tablets, E-Book-Reader und andere ähnliche Geräte anbieten. Das soll Elektroschrott reduzieren und den Handynutzern das Leben erleichtern. Die Kommission will derweil bald neue Schritte vorschlagen, die zu einem einheitlichen Ladegerät führen könnten.
Brüssel hatte bereits vor mehr als zehn Jahren versucht, den damaligen Dschungel verschiedener Ladesysteme zu lichten. Zu der Zeit war es üblich, dass Handys unterschiedlicher Hersteller nicht miteinander kompatible Ladebuchsen hatten. Die Kabel waren zudem fest mit dem Ladegerät verbunden – so dass man beim Anbieterwechsel automatisch ein neues Ladegerät brauchte.
Nach einer Selbstverpflichtung der Industrie setzte sich der heutige Ansatz durch, an den Ladegeräten eine Anschlussbuchse statt eines festen Kabels zu haben. Damit kann man mit einem Netzteil und den jeweils passenden Kabeln verschiedene Geräte aufladen. Das geht einigen politischen Akteuren aber nicht weit genug und es gibt Überlegungen, auch einen Standard für die Ladebuchsen an den Smartphones selbst festzulegen. Das wäre wohl USB-C.
Aktuell sind da nur noch wenige Formate verbreitet. Das früher von vielen Herstellern genutzte Micro-USB-Format ist auf dem Rückzug und wird von dem moderneren USB-C verdrängt. Apple hält beim iPhone, iPod Touch und den meisten iPad-Modellen am hauseigenen Lightning-Anschluss fest, setzt bei einigen Geräten wie dem iPad Pro oder den Macbook-Laptops aber auf USB-C. Zugleich setzt sich USB-C langsam als Standard für die Ausgangs-Buchse am Netzteil durch.
Die Industrie steige freiwillig auf USB-C um, darum brauche es keine gesetzlichen Änderungen, bzw. Regulierung, argumentiert Apple. Und nennt als Beispiel sein USB-C-Netzteil, das mit allen iPhone- und iPad-Geräten kompatibel ist.
Anzumerken bleibt, dass Kunden dafür extra ein Adapter-Kabel (Lightning > USB-C) kaufen müssen. Apple verlangt für ein entsprechendes 2-Meter-Kabel 35 Franken!
Der proprietäre Lightning-Standard ist auch ein Bombengeschäft fürs Unternehmen, weil Zubehörhersteller Lizenzgebühren bezahlen müssen. Zudem ist die Schnittstelle sicherheitstechnisch relevant und Apple behält so die Kontrolle.
Das Unternehmen selbst argumentiert, dass eine flächendeckende Vorgabe für eine Standard-Ladebuchse die Konsumenten zwingen würde, ihre heutigen Lightning-Kabel zu ersetzen – und damit einen negativen Effekt für die Umwelt mit einer «beispiellosen Menge Elektroschott» hätte.
Die Führung des iPhone-Herstellers hat US-Medien bereits am 17. Januar 2017 ein langes schriftliches Statement zum Thema zukommen lassen. Darin heisst es:
Zudem gab der Konzern zu bedenken, dass sich weder Lightning noch USB-C mit ihren verbesserten Möglichkeiten etabliert hätten, wenn seinerzeit wie geplant das technisch einfachere Micro-USB-Format als Standard festgeschrieben worden wäre.
Schliesslich bleibt die Frage, ob die Kalifornier insgeheim an einer kabellosen iPhone-Zukunft forschen ...
Smartphone-Hersteller haben bereits Modelle vorgestellt, die allein kabellos aufgeladen werden können und ganz auf Ladebuchsen verzichten. In Analystenkreisen wird auch über Pläne von Apple in diese Richtung spekuliert. Denn durch das Weglassen der Ladebuchse liesse sich Platz einsparen.
Allerdings gelten solche kabellosen Lade-Systeme bislang als deutlich weniger energieeffizient. Sprich: Es würde mehr Strom verbraucht fürs Aufladen über die Luft, bzw. über ein eletromagnetisches Feld, die sogenannte Induktion. Wobei es in der Praxis zwei induktive Energietransferverfahren gibt: die induktive und die resonante Kopplung.
Diverse Firmen stellen drahtlose Ladegeräte her, wobei sich aus drei proprietären Standards ein weltweit führendes System (mit induktiver Koppelung) herauskristallisiert hat:
Ladematten für das kabellose Aufladen von Smartphones haben sich bislang nicht durchgesetzt. Wobei das Problem nicht nur bei der Technik liegt, sondern auch beim Nutzerverhalten: Ein für längere Zeit aufgelegtes, vollständig geladenes Gerät erhöht den Standby-Verbrauch markant. Wenn das Mobilgerät über Nacht auf dem Sender liegen bleibe, betrage der Gesamtverbrauch etwa das Dreifache des Verbrauchs von kabelgebundenem Laden, hielt das Bundesamt für Energie (BFE) in einer 2018 publizierten Studie fest.
Das ist schwer abzuschätzen und kommt darauf an, wie viel Lobbying die Akteure hinter den Kulissen betreiben.
Europäische Regulierung setzt sich oft auch im globalen Massstab durch, weil die Hersteller ungern Geräte nur für bestimmte Regionen bauen wegen der Extrakosten.
(dsc/sda/awp/dpa)
Und kenne auch niemanden, der beim Kauf eines neuen Geräts darauf besteht, dass der Verkäufer das beiliegende USB-C Kabel behält, weil man ja schliesslich schon eines hat. 🤷♂️