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Künstliche Intelligenz

Wie die Ukraine generative KI im Kampf gegen Putins Soldaten nutzt

Ein KI-generiertes Bild von Frauen auf einer Party: Die Ukraine nutzt solche Bilder, um russische Soldaten zu täuschen.
Ukrainische Freiwillige nutzen KI-generierte Bilder, um russische Soldaten zu täuschen.Screenshot: Twitter / quelle: midjourney

Wie Ukrainerinnen russische Kriegsverbrecher mit KI in die Falle locken

Diese «Honigfalle» kann tödlich sein: Beim Kampf gegen die russischen Invasoren und Kriegsverbrecher kommt generative KI zum Einsatz. Die Methode zielt auf unerfahrene russische Invasoren.
22.07.2023, 21:3522.07.2023, 21:45
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Ein Artikel von
t-online

Im Krieg setzt die Ukraine auch auf künstliche Intelligenz (KI), um an sensible militärische Informationen von den Russen zu gelangen. Ein ukrainisches Unternehmen namens Molfar generiert mithilfe von KI gefälschte Frauenprofile auf Dating-Apps, um russische Soldaten in eine sogenannte «Honigfalle» zu locken. Davon berichtet unter anderem die britische «Times». Das Ziel sei mit «wirklich verzweifelten» Soldaten zu flirten, um sie dazu zu bringen, wertvolle Kriegsinformationen auszuplaudern.

«Sie kommen in mein Land, sie wollen mein Volk töten, sie wollen unsere Nationalität zerstören, sie wollen nicht, dass es Ukrainer gibt. Selbst wenn sie nicht an diesen russischen Krieg glauben, sind sie bereit, das alles für Geld zu tun – warum sollte ich mich um Leute kümmern, die mich töten wollen?»
Angelina (Pseudonym)quelle: thetimes.co.uk

Unerfahrene Rekruten werden demnach vor allem mithilfe von KI-generierten Frauenbildern getäuscht. Beim Chatten geben sie dann unabsichtlich Informationen über ihre Aufgaben, ihren Dienstort und ihre Erfahrungen an der Front preis. Auch über Truppenzahlen, militärische Ausrüstung, den Erfolg von Angriffen und logistische Probleme innerhalb der Truppen sollen die Männer schon gesprochen haben.

Die mittels KI gefälschten Bilder sind mittlerweile kaum als solche zu erkennen. Das zeigen Beispiele von Usern in den sozialen Medien, die sich an der Technologie ausprobieren.

So teilte ein User auf Twitter mehrere KI-generierte Bilder von Frauen, die auf einer Party sind. Dafür nutzte er das Programm Midjourney. Das Ergebnis bezeichnete er als «wahnsinnig stark». «Das sind keine echten Fotos und keine der Personen in den Bildern existiert.»

Keine Chats mit «notgeilen» Soldaten

Die britische Tageszeitung «Times» hat Auszüge von Chatverläufen zwischen Soldaten und Mitarbeitern der Firma, die sich als Frauen ausgaben, publiziert. Ein Rekrut schrieb: «Du musst so schnell wie möglich nach Moskau gebracht werden. Ich mag es nicht, zu lange auf [Sex] zu warten».

Eine Mitarbeiterin von Molfar mit dem Namen «Angelina» versuchte daraufhin, die Konversation am Laufen zu halten und fragte: «Aber wie soll man eine Beziehung mit einem anständigen und treuen Mädchen beginnen, wenn man nicht wartet, bis sie für den nächsten Schritt bereit ist?» Der Soldat antwortete: «Lass uns darüber reden».

«Je geiler er ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass er über etwas anderes redet.»
Masha (Pseudonym)quelle: thetimes.co.uk

Mitarbeiterinnen der Organisation sagten, sie chatten erst gar nicht mit «notgeilen» Soldaten, die nur über Sex reden wollen. Auch haben sie wegen der Täuschung kein schlechtes Gewissen. «Sie kommen in mein Land und wollen mein Volk töten», sagte Angelina gegenüber der «Times». Ihr Bruder sei zu Beginn des Krieges auf dem Schlachtfeld gefallen und ihr Vater diene derzeit.

Die Russen hätten inzwischen jedoch dazugelernt, und die militärischen Vorschriften zur Einschränkung der Smartphone-Nutzung seien strenger geworden.

Auch andere KI-Anwendungen

Neben der «Honigfalle» finden KI-Technologien auch andere Anwendungen im Krieg. Die Ukraine nutzt beispielsweise Machine Learning, um Satellitenbilder zu analysieren und Schäden auf dem Schlachtfeld zu bewerten.

KI-gestützte Gesichtserkennungssoftware hilft dem überfallenen Land dabei, gefallene Soldaten zu identifizieren und Falschinformationen entgegenzuwirken.

Molfar ist ein internationaler Zusammenschluss von 60 Analystinnen und Analysten und über 200 Freiwilligen. Die Mitglieder arbeiten engagiert daran, Kriegsverbrecher zu identifizieren, russische Propaganda zu widerlegen und Kriegsereignisse zu archivieren.

Dabei handelt es sich um wichtige Aufgaben, die massgeblich dazu beitragen, das Bewusstsein für die Gräueltaten im Krieg und die Bedeutung von Wahrheit und Transparenz in der Berichterstattung zu schärfen.

Quellen

(t-online/dsc)

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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G. Laube
22.07.2023 23:33registriert April 2020
Genial, das wusste ich nicht!

Weniger genial hier im Westen ist, dass alles aufgedeckt, analysiert, und detailliert erklärt in Windeseile via social Media auch zu den Terroristen gelangt.
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La Sendvičovač
22.07.2023 22:48registriert Juli 2020
Aber mit solchen Berichten wird doch das Vorgehen verraten? RUS liest doch mit? Die können doch nicht so dumm sein… Wieso plaudert das Molfar so bereitwillig aus; da steckt doch einiger Aufwand hinter der Taktik? Warum? Hä? Hallo?
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    Neue Tesla-Horrorzahlen in Europa: Einen solchen Absturz gab es noch nie
    Tesla strauchelt weiter. In einigen Ländern stürzten die Zulassungszahlen im April um 50 bis 80 Prozent ab.

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