Netflix ist weiter ungebremst gewachsen. Der Videostreaming-Marktführer will klassischem Fernsehen verstärkt Zuschauer abjagen. Im vergangenen Quartal gewann das Unternehmen gut acht Millionen Kundenhaushalte hinzu.
Weltweit hat Netflix nun rund 277,7 Millionen Kundenhaushalte. Seit dem vergangenen Jahr geht der Dienst gegen das Teilen von Passwörtern vor. Das trieb das Wachstum bei den Nutzerzahlen an.
Viele bisherige Trittbrettfahrerinnen und -Fahrer holten sich ein eigenes Abo, statt Netflix den Rücken zu kehren. Im vergangenen Quartal hielten unter anderem eine neue Staffel der Serie «Bridgerton» und Filme wie «Atlas» und «Hit Man» die Kundschaft bei der Stange.
Zugleich wählen viele den günstigsten Weg, Netflix zu schauen: Ein Abo mit Werbung. In den Ländern, wo das angeboten wird, entscheiden sich 45 Prozent der Neukunden dafür.
Netflix steht vor der einzigartigen Herausforderung, ein Programm für mehr als 600 Millionen Menschen zu gestalten, die im Schnitt mehrere Stunden täglich den Dienst nutzen, wie Co-Chef Ted Sarandos betonte.
Pro Jahr gibt der Streaming-Riese deshalb rund 17 Milliarden Dollar für Serien, Filme und Live-Sendungen aus. Und der Betrag werde mit dem Umsatzwachstum noch steigen, sagte Sarandos. Netflix experimentierte zuletzt verstärkt mit Live-Events und wagt sich mit zwei Spielen der amerikanischen Football-Liga NFL zu Weihnachten auch ins teure Geschäft mit Sport-Übertragungen vor.
Bei aller Dominanz im Streaming-Geschäft habe man allerdings einen Anteil unter zehn Prozent an der TV-Nutzung, schränkt Netflix ein. In den USA zum Beispiel liegt der Dienst damit knapp hinter Googles Videoplattform YouTube. Für weiteres Wachstum fokussiere sich Netflix auf diese restlichen 80 Prozent der Fernsehzeit, sagte Sarandos.
Der Umsatz stieg im vergangenen Quartal im Jahresvergleich um rund 17 Prozent auf 9,6 Milliarden Dollar (8,77 Mrd Euro), wie Netflix nach US-Börsenschluss mitteilte. Unterm Strich stieg der Gewinn von 1,49 auf knapp 2,15 Milliarden Dollar.
Lediglich bei der Umsatzprognose für das laufende Quartal verfehlt Netflix leicht die Analystenerwartungen. Zugleich schränkte der Streaming-Primus schon jetzt ein, dass der Zuwachs bei der Kundenzahl niedriger als im Vorjahresquartal ausfallen werde, da sich damals das Vorgehen gegen die Trittbrettfahrer stark niedergeschlagen habe.
Für das gesamte Jahr ist Netflix mit einem Umsatzplus zwischen 14 und 15 Prozent nun etwas optimistischer. Zuvor waren 13 bis 15 Prozent angepeilt worden. Die Aktie ging aus dem nachbörslichen US-Handel kaum verändert, nachdem sie zunächst im Minus lag.
Netflix ist profitabel, während Konkurrenten wie Disney und Paramount darum kämpfen, ihre Streaming-Angebote aus den roten Zahlen zu holen. Der Marktführer ist sich seiner Stärke bewusst und erteilt Bündelangeboten mit anderen Diensten, zu denen Rivalen greifen, eine klare Absage: Man sei bereits alleine eine populäre Adresse für Fernsehunterhaltung.
Einen Vorteil für sich sieht Netflix auch darin, dass Filme und Serien in verschiedenen Ländern produziert werden. Sie erreichten sehr hohe Zuschauerzahlen in den Heimatmärkten - und werden zum Teil auch zu internationalen Hits. Ein Paradebeispiel dafür ist die südkoreanische Serie «Squid Game», von der es in diesem Jahr eine zweite Staffel geben soll. (sda/dpa)