Eine Microsoft-Mitarbeiterin hat an einem Firmenanlasse schwere Vorwürfe gegen ihren Arbeitgeber erhoben. Microsoft helfe mit seiner Cloud und KI der israelischen Armee beim «Genozid in Gaza».
04.04.2025, 21:4707.04.2025, 08:21
«Schämt euch», sagte die Microsoft-Angestellte Ibtihal Aboussad zum CEO von Microsoft AI, Mustafa Suleyman, bevor sie aus dem Saal geführt wurde.
Ihr Hauptvorwurf lautet, Microsofts Cloud-Dienste und KI-Software ermöglichten es dem israelischen Militär, im Gazastreifen «tödlicher und zerstörerischer vorzugehen, als es sonst möglich gewesen wäre».

Ein Video mit dem Protest der Frau wurde bei Instagram veröffentlicht (siehe unten).Screenshot: Instagram
Wie The Verge unter Berufung auf mehrere Quellen bei Microsoft berichtet, verschickte Aboussad kurz nach ihrer Wegweisung von der Jubiläumsfeier eine E-Mail an mehrere Verteilerlisten mit Hunderten oder Tausenden von Microsoft-Angestellten.
In der E-Mail schreibe sie:
«Hallo zusammen,
Wie Sie vielleicht gerade im Livestream gesehen oder persönlich miterlebt haben, habe ich die Rede von ‹Microsoft AI›-CEO Mustafa Suleyman während der mit Spannung erwarteten Feier zum 50-Jahr-Jubiläum gestört. Hier ist der Grund.
Mein Name ist Ibtihal und ich arbeite seit dreieinhalb Jahren als Softwareentwicklerin für die KI-Plattform von Microsoft. Ich habe heute meine Stimme erhoben, weil ich, nachdem ich erfahren hatte, dass meine Organisation den Völkermord an meinem Volk in Palästina unterstützte, keine andere moralische Wahl sah. Das gilt insbesondere, da ich miterlebt habe, wie Microsoft versucht hat, jeden Widerspruch meiner Kollegen, die dieses Thema ansprechen wollten, zu unterdrücken.
In den letzten anderthalb Jahren wurde unsere arabische, palästinensische und muslimische Community bei Microsoft zum Schweigen gebracht, eingeschüchtert, schikaniert und missbraucht – ohne dass Microsoft dafür bestraft wurde. Unsere Versuche, unsere Stimme zu erheben, stiessen bestenfalls auf taube Ohren und führten schlimmstenfalls zur Entlassung zweier Mitarbeiter, nur weil sie eine Mahnwache abgehalten hatten. Es gab einfach keine andere Möglichkeit, unserer Stimme Gehör zu verschaffen (...).»
Die Nutzung der KI von Microsoft und OpenAI durch das israelische Militär sei im März fast 200-mal höher als in der Woche vor dem Terror-Angriff vom 7. Oktober 2023 gewesen. Die Menge der auf Microsoft-Servern gespeicherten Daten habe sich zwischen jenem Zeitpunkt und Juli 2024 auf über 13,6 Petabyte verdoppelt.
Weiter kritisiert die Frau, Microsoft habe ausserdem Software, Cloud-Dienste und Beratungsleistungen für das israelische Militär und die israelische Regierung bereitgestellt und dabei Millionengewinne erzielt.
«Als ich zur ‹AI Platform› wechselte, freute ich mich darauf, zu modernster KI-Technologie und ihren Anwendungen zum Wohle der Menschheit beizutragen: Barrierefreiheitsprodukte, Übersetzungsdienste und Tools, «die jedem Menschen und jeder Organisation ermöglichen, mehr zu erreichen».
Mir wurde nicht gesagt, dass Microsoft meine Arbeit an das israelische Militär und die israelische Regierung verkaufen würde, um Journalisten, Ärzte, Entwicklungshelfer und ganze Familien auszuspionieren und zu ermorden.
Hätte ich gewusst, dass meine Arbeit an Transkriptionsszenarien dazu beitragen würde, Telefongespräche auszuspionieren und zu transkribieren, um Palästinenser gezielter anzugreifen, wäre ich dieser Organisation nicht beigetreten und hätte zum Völkermord beigetragen. Ich habe mich nicht verpflichtet, Code zu schreiben, der Menschenrechte verletzt.»
The Verge hat das Schreiben der Angestellten in vollem Umfang veröffentlicht (siehe Quellen).
Vom Start-up zum marktbeherrschenden Techkonzern
Microsoft feiert in diesem Jahr das 50-jährige Bestehen. Bill Gates und Paul Allen gründeten die Firma am 4. April 1975 in Albuquerque, New Mexico.
Paul Allen schied 1983 aus dem Unternehmen aus, nachdem bei ihm ein bösartiger Tumor des Lymphsystems diagnostiziert wurde. An seine Stelle rückte der bullige Steve Ballmer. Der Visionär Gates und die Verkaufskanone Ballmer brachten nicht nur «einen PC auf jeden Schreibtisch», sondern sorgten auch dafür, dass spätestens mit Windows 95 die Vision «Information At Your Fingertips» für viele PC-Anwender zur Realität wurde.
2014 übernahm Satya Nadella als dritter CEO in der Firmengeschichte die Führung des Konzerns. Er leitete sofort eine strategische Neuausrichtung unter dem Motto «Cloud First, Mobile First» ein, um die Fehlentscheidungen seines Vorgängers zu korrigieren. Nadella erkannte, dass Microsoft im PC-Geschäft zwar stark war, aber neue Wachstumsfelder erschliessen musste – vor allem Cloud-Dienste und mobile Anwendungen.
Als cleverer Schachzug erwies sich zuletzt auch eine tiefgreifende Kooperation mit dem weltweit führenden KI-Start-up OpenAI, dem Entwickler von ChatGPT. Nadella erkannte früh, dass Künstliche Intelligenz die nächste grosse technologische Revolution sein würde.
Quellen
(dsc)
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