Das Galaxy Z Flip 4 ist ein gelungenes Klapp-Smartphone, das sich in der Mitte falten lässt und so in nahezu jede Hosen- oder Handtasche passt. Letzteres mit der Einschränkung, dass das Gerät zugeklappt mit einer Schutzhülle recht klobig wird.
Ehrlicherweise müsste es Z Flip 3.5 heissen. Neue Funktionen oder Optimierungen gibt es dieses Jahr in homöopathischen Dosen: Es wurde ein Hauch kompakter, hat einen gut zehn Prozent grösseren Akku, einen etwas leistungsstärkeren Prozessor und eine minimal bessere Kamera. Positiv formuliert könnte man sagen, Samsung hat den in weiten Teilen überzeugenden Vorgänger mit kleinen Optimierungen veredelt.
Privat nutze ich seit fast fünf Jahren das gleiche Smartphone. Ob es bald vom Flip 4 abgelöst wird, das dank fünf Jahren Sicherheits-Updates für eine lange Nutzungsdauer ausgelegt ist, verrate ich natürlich erst im Fazit dieses Erfahrungsberichts.
Um die Frage zu beantworten, blenden wir exakt ein Jahr zurück: Das Galaxy Z Flip 3 war vor zwölf Monaten das erste Klapp-Smartphone, das ich selbst nutzen würde und allen, die Lust auf etwas Neues haben, guten Gewissens empfehlen kann – sofern man sich nicht von der unterdurchschnittlichen Akkulaufzeit abschrecken lässt. Anders als beim Vorgänger komme ich mit dem neuen Flip 4 mit einer Akkuladung gut durch den Tag und habe meist noch 20 bis 40 Prozent Reserve. Zum Glück wurde auch das gemächliche Ladetempo erhöht. Neu geht's in 30 Minuten von 0 auf knapp 50 Prozent – nicht weltrekordverdächtig schnell, aber immerhin.
Die Eigenschaften, die das Flip 3 ausgezeichnet haben, sind auch beim Flip 4 gut: Es ist pfeilschnell, die Kamera knipst sehr ansehnliche Fotos (siehe Slideshow) und das kleine Aussen-Display ist eine Spur nützlicher geworden. Da Samsung beim Flip 4 ansonsten nichts dramatisch verbessert, aber auch nichts verschlimmbessert hat, ändert sich an meiner grundsätzlich positiven Meinung nichts.
Das neue Flip ist nach wie vor das, was einem faltbaren Mainstream-Klapp-Handy am nächsten kommt. Dies nicht zuletzt, weil der Software-Support auf vier Android-Generationen und fünf Jahre Sicherheits-Updates erhöht wurde und es laut Hersteller robuster als der Vorgänger ist. Das Flip 4 ist alles andere als einfach zu reparieren, aber Komponenten wie Display und Akku können ersetzt werden.
Als Einstiegshürde geblieben ist der von Samsung empfohlene Startpreis von 1079 Franken. Das sind 30 Franken mehr als beim Vorgänger. Im Online-Handel erhält man das Flip 4 teils für unter 1000 Franken, während das ein Jahr alte Flip 3 mit etwas Glück für unter 600 Franken zu finden ist.
Für alle, die nach dem kleinen Preisschock noch mitlesen, tauchen wir nun etwas tiefer in die Materie ein. Hol dir einen Kaffee oder ein anderes Getränk deiner Wahl, es wird mal wieder ausschweifend ausführlich.
Das Auf- und Zuklappen funktioniert geschmeidig. Wer früher ein Klapp-Handy besass, ist aber vermutlich enttäuscht, dass es sich nicht ebenso mühelos mit einer Hand aufklappen lässt. Theoretisch kann man das grosse, hochwertig 6,7-Zoll-Display zwar mit dem Daumen auseinanderdrücken und mit einer ruckartigen Bewegung aus dem Handgelenk ganz «aufflippen». Samsung rät indes eindringlich davon ab, da der Bildschirm so Schaden nehmen kann. Das Gerät einhändig schliessen geht deutlich einfacher.
An der bewährten Form, die von der Konkurrenz schamlos kopiert wird, hat sich fast nichts geändert. Das Flip 3 war handlich, das Flip 4 ist noch ein, zwei Millimeter kompakter. Auch kleine Hände können es gut halten.
Geöffnet ist das Flip 4 so dick wie andere Smartphones. Auch das Gewicht von 187 Gramm unterscheidet sich nicht von klassischen Smartphones dieser Grösse.
Das Display ist hervorragend, gestochen scharf und genug hell, um es im direkten Sonnenlicht noch relativ komfortabel nutzen zu können. Es besteht aus ultradünnem Glas, was es anfälliger für Kratzer und Beschädigungen als ein normales Handy-Display macht. Samsung sagt, es sei «dank einer angepassten Schichtstruktur um 45 Prozent widerstandsfähiger als bei der Vorgängergeneration». Nach über vier Wochen zeigen sich bei mir keine Abnutzungserscheinungen, ich bin also vorsichtig optimistisch. Wichtig ist, dass man das Gerät beim Transportieren zuklappt.
Was Falt-Smartphone-Neulinge stets beunruhigt, ist der unvermeidbare Falz im Display. Hier kann ich Entwarnung geben. Den sieht und spürt man vielleicht die ersten drei Tage, danach hat man sich daran gewöhnt und nimmt ihn nie mehr wahr. Eher störend ist, dass das flexible Display auffallend viel Staub anzieht.
Das Gerät ist zwar wasserfest, aber nicht vollständig staubgeschützt. Kleinstpartikeln wie Sand könnten das Display beschädigen, warnt Samsung. Wissen sollte man auch, dass auf dem Display eine speziell für faltbare Geräte entwickelte Schutzfolie klebt, die nicht abgelöst werden darf.
Beim Flip 3 berichteten Nutzer, dass sich diese Folie nach einiger Zeit an der Falzstelle abzulösen beginnt, respektive, dass es zur Blasenbildung kommt. Samsung ersetzt die Folie während der Garantielaufzeit zwar gratis, sofern der Schaden nicht selbst verschuldet ist. Nervig ist so etwas trotzdem und es gibt keine Garantie, dass es beim Flip 4 nicht auch passiert.
Apropos Problem: Die matte Rückseite meines Testgeräts sieht edel aus und fühlt sich geschmeidig an, leider ist sie nicht vollkommen kratzfest. Ich hatte das Flip 4 für kurze Zeit ohne Schutzhülle mit einer FFP2-Maske in der Hosentasche. Der scharfkantige Maskenbügel aus Metall hat gewonnen. Schlüssel hingegen hinterlassen glücklicherweise keine Kratzer.
Samsung bietet das Flip 4 im Handel in den Farbtönen Bora Purple, Graphite, Pink Gold und Blue an. Wer es ausgefallener mag, kann sich im Online-Konfigurator seine bevorzugte Farbkombination selbst zusammenstellen. 75 Kombinationen sind so möglich. Ich muss zugeben, das hat seinen Reiz.
Das flexible Display lässt sich wie bei einem Laptop stufenlos in verschiedenen Winkeln verstellen, um beispielsweise ein Video zu schauen oder an einem Videomeeting teilzunehmen und gleichzeitig die Hände freizuhaben. Samsung nennt dies Flex Mode.
In dieser L-Form wird der Inhalt einer App oben angezeigt, während die Steuerelemente nach unten wandern, sofern die App für den Flex Mode optimiert ist (was bislang nur sehr wenige Apps sind).
So kann das aussehen:
Samsung hat sich sichtlich Mühe gegeben, die Software an das faltbare Display anzupassen. Im circa 90-Grad-Winkel geöffnet erscheinen Apps auf der obere Displayhälfte, während die untere Hälfte wie beim Laptop optional als Touchpad genutzt werden kann. So kann man eine App per Mauszeiger bedienen. Dies funktioniert auch mit Apps, die nicht für das Flip 4 optimiert sind. Nützlich ist das nur, wenn man das Handy auf einen Tisch stellen und freihändig bedienen möchte. Ich habe dafür keine Verwendung, aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.
Nützlicher wird es, wenn Apps für das Flip 4 optimiert wurden. Bei YouTube könnt ihr beispielsweise oben das Video schauen und parallel dazu unten die Kommentare lesen.
Die Kamera ist gut oder sehr gut, aber nicht herausragend. Sie dürfte 90 Prozent aller User zufriedenstellen. Für die absolute Spitzenklasse ist der an sich solide Zoom zu schlecht (siehe Slideshow), ansonsten gibt es wenig zu meckern, zumal das Flip 4 selbst in der Nacht sehr ansprechende Aufnahmen ermöglicht.
Wie schon beim Flip 3 gilt: Wer ein Smartphone möchte, das zuverlässig gute Schnappschüsse liefert und besonders schöne Selfies knipst, wird nicht enttäuscht.
Was mir besonders gefällt: Im circa 90-Grad-Winkel geöffnet wird das Flip 4 zum Habe-Ich-Immer-Dabei-Stativ für Foto- und Videoaufnahmen. Das ist beispielsweise für Gruppen-Fotos oder Zeitraffer-Videos praktisch, die auch aus der Ferne via Handzeichen, Sprachbefehl oder Selbstauslöser aufgenommen werden können.
Das Flip 4 ist ideal, wenn ihr das Gerät rasch irgendwo platzieren wollt, um beispielsweise von euch und euren Freunden, Familienmitgliedern oder Haustieren gemeinsame Fotos und Videos zu machen. So gelingen kreative, aus ungewöhnlichen Perspektiven gemachte Aufnahmen besonders leicht.
So aufgeklappt kann man hervorragend fotografieren oder filmen, da sich die Kamera-App automatisch der neuen Form anpasst. Auf der oberen Hälfte erscheint das Kamerabild und die Bedienelemente wandern auf die untere Hälfte. Das Vorschaubild kann aber auch auf die untere Hälfte gelegt werden, was je nach Situation praktisch ist.
Das Galaxy Z Flip 4 ist nicht zuletzt die ideale Selfie-Maschine, da Selbstporträts nicht nur mit der durchschnittlichen Selfie-Kamera, sondern mit der weit besseren Hauptkamera möglich sind. Ein Doppelklick auf den Einschalten-Button aktiviert die Kamera. Das Aussendisplay dient als Vorschaubild. Mit der Lautstärke-Taste wird ausgelöst. Fertig. So sind auch Selfies im Porträtmodus möglich, die eine Klasse besser aussehen, als wir es von vielen mässigen Selfie-Kameras gewohnt sind.
Alles in allem hatte ich selten mehr Spass mit einer Handy-Kamera. Dies nicht primär wegen der soliden Bildqualität, sondern aufgrund der vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten, die andere Smartphones so nicht bieten.
Über den Nutzen des 1,9 Zoll grossen Aussen-Displays (4,82 cm Diagonale) lässt sich streiten. Das kleine Touch-Display kann Informationen wie Zeit, Wetter, Kalender, Schrittzahl und vieles mehr anzeigen. Auch Funktionen wie Anrufe annehmen, Musikwiedergabe steuern, Timer stellen und dergleichen lassen sich relativ bequem darüber regeln.
Neu kann man auf Chatnachrichten mit vorgegebenen Antworten wie «Ok», «Komme gleich» etc. antworten, ohne das Handy aufklappen zu müssen. Nützlich ist auch die Option, die häufigsten Kontakte als Favoriten auf das Aussen-Display zu legen, um sie von dort anrufen zu können.
Andere Tester heben hervor, dass sie mit dem Flip 4 nebenher ihren Handy-Konsum reduziert hätten, da sie dank des Aussen-Displays bei neuen Nachrichten nur kurz auf den kleinen Screen schauen würden. So gerate man weniger in Versuchung, sich in Social-Media-Apps zu verlieren. Nun, zumindest bei mir funktioniert das nicht. In neun von zehn Fällen öffne ich das Gerät dann doch, zumal dieser Vorgang genau eine Sekunde dauert.
Letztlich ist es ein wenig wie bei einer Smartwatch: Das Aussen-Display ist gross genug, um rasch eine neue Chatnachricht oder E-Mail zu lesen oder den Flugmodus zu aktivieren, aber zu klein und eingeschränkt, um wirklich viel damit zu tun.
Samsung hat sich gleichwohl Mühe gegeben, das Optimum aus dem kleinen Bildschirm herauszuholen. Als User kann man einstellen, welche Informationen in welcher Reihenfolge mit einem Wisch nach links oder rechts angezeigt werden sollen und es stehen diverse Designs zur Auswahl. Wer möchte, kann den Hintergrund mit einem eigenen Foto, Gif oder Video personalisieren.
Zu guter Letzt lassen sich die Funktionen des Aussen-Displays mit der Drittanbieter-App CoverScreen OS erweitern.
Kurz gesagt: Ein grosszügigeres Aussen-Display wäre wünschenswert, aber ich kann mich damit arrangieren.
Wer nicht bereit ist, 1000 Franken und mehr zu berappen, erhält inzwischen das fast gleich gute Flip 3 von 2021 – allerdings mit schwächerem Akku – für unter 600 Franken. Ein guter Preis, wie ich finde, zumal auch das Flip 3 fünf Jahre Sicherheits-Updates erhält (da es schon ein Jahr auf dem Markt ist derzeit noch vier Jahre).
Die Vergleichstabelle zeigt's: Flip 3 und 4 unterscheiden sich nur in Details.
Samsung packt so gut wie alles ins Flip 4, was möglich ist: Top-Display, der aktuell schnellste Prozessor für Android-Geräte und bis zu 512 GB Speicher. Negativ fällt die fehlende Zoom-Kamera auf, die für gewöhnlich in Android-Smartphones dieser Preiskategorie zu finden ist. Diese hat man sich wohl für das nächste Modell aufgespart.
Selbstredend betont auch Samsung, dass man für das neue Smartphone und die Verpackung recycelte Materialien verwende. «Das Verpackungsvolumen reduzierte sich im Vergleich zur ersten Generation der Galaxy Foldables um bis zu 58 Prozent», lässt uns der Hersteller wissen.
Kunststück, wenn man das Netzteil und die Kopfhörer weglässt. Lediglich das USB-C-Kabel ist inklusive. Die Umwelt dankt es, aber die Kundinnen und Kunden zahlen gleich viel für weniger. Da viele Kunden früher oder später ein passendes Schnellladegerät und kabellose Ohrhörer separat kaufen, sei dahingestellt, ob der Planet letztlich wirklich profitiert. Samsung tut es auf jeden Fall.
In der dritten Generation ist Samsungs Galaxy Z Flip 4 (ein Flip 2 gab es nie) eine runde Sache. Hätten mich beim an sich guten Vorgänger der schwache Akku und der hohe Preis vom Kauf abgehalten, steht jetzt nur noch das unverändert stolze Preisschild im Weg. Mehr als 500 Franken bin ich nicht bereit, für ein Smartphone auszugeben, klappen hin oder her.
Was mich ebenfalls zögern lässt: Normale Smartphones halten problemlos fünf Jahre – für mich ein absolutes Muss-Kriterium. Bei einem Foldable bin ich nicht restlos überzeugt, dass der Klapp-Mechanismus fünf Jahre durchhalten wird, obwohl ich anerkennen muss, dass die Geräte mit jeder Generation robuster werden.
Sosehr ich es mag und insbesondere die Stativ-Funktion vermissen werde, für mich bleibt der Zusatznutzen des Klappens überschaubar. Es wird zugeklappt etwas portabler. Aber nicht viel, da es gefaltet auch doppelt so dick wie ein normales Smartphone ist. Kommt noch eine Schutzhülle dazu, bekomme ich es nur mit Gefummel aus der Hosentasche (ohne Schutzhülle besteht das Problem nicht).
Samsungs faltbare Geräte sind inzwischen so weit ausgereift, dass die Verbesserungen nur noch in winzigen Schritten erfolgen. Wer kann es ihnen verübeln, wenn man bedenkt, wie dramatisch das Unternehmen den langsam, aber stetig wachsenden Foldable-Markt dominiert.
Am Ende bleibt das Flip 4 trotz schmerzlich vermisster Innovation ein optisch herausstechendes und technisch überzeugendes Smartphone, das Klapp-Handy-Fans, die gerne fotografieren oder filmen, nicht enttäuschen wird. Alle anderen greifen vermutlich weiter zu gleich guten Smartphones, die sich nicht falten lassen, aber günstiger sind.
Selbst tendiere ich dazu, mein Smartphone von 2017 noch etwas zu behalten und das Flip 4 vielleicht nächstes Jahr preiswert zu erwerben.
Supi, jetzt müssen wir der Textilindustrie nur noch beibringen, bei Damenhosen anständige Hosentaschen zu designen, ohne dass sie gleich nach Cargohosen aussehen.🤣