In «Until Dawn» übernimmt man abwechselnd die Rolle von acht jungen Erwachsenen, die ein Jahr nach einer tödlichen Tragödie versuchen, das Erlebte am Ort des Geschehens zu verarbeiten. Jeder, der nur im entferntesten von Horror-Filmen gehört hat, riecht den Braten meilenweit. Kaum hat sich die Gruppe eingerichtet, schlägt der Killer zu.
Die Figuren bestehen aus den typischen hormongesteuerten Archetypen wie man sie aus jedem Teenie-Slasher kennt. Es gibt den Draufgänger, die Zicke, die Cheerleaderin, die Schüchterne und so weiter. Die Protagonisten beweisen im Verlauf des Spiels, dass sie aber doch nicht ganz so eindimensional sind, wie auf den ersten Blick vermutet. Auch wenn ihr Paarungsdrang anfangs doch etwas zu dick aufgetragen wurde.
Das Gleiche gilt für die verschiedenen Örtlichkeiten. Von der abgelegenen Waldhütte über den düsteren Keller bis zum Minenschacht wird kaum ein Schauplatz aus dem Horrorfilm-Repertoire ausgelassen.
Wer Zwischensequenzen hasst oder es nicht mag, wenn man die Kontrolle über seine Spielfigur abgeben muss und zum Zuschauen gezwungen wird, wird keine Freude mit «Until Dawn» haben. Das Spielprinzip besteht zum grössten Teil aus Herumlaufen, Sachen entdecken, Quick-Time-Events und Situationen, in denen man eine von zwei Antworten wählen oder Entscheidungen treffen muss. Fans von «Heavy Rain» oder «Beyond Two Souls» kommen dagegen voll auf ihre Kosten.
Zwischen den Episoden in der Waldhütte findet man sich regelmässig im Zimmer eines Psychiaters wieder – so scheint es zumindest. Das Ganze wird als Metaebene präsentiert und der unheimliche Mann stellt bohrende Fragen zum Game. Die Antworten beeinflussen den Spielverlauf.
«Until Dawn» legt viel Wert auf realistische Gesichtsanimationen. Dafür wurden die Schauspieler mit speziellen Kameras gefilmt und eingescannt, so dass eine glaubwürdige Mimik und Gestik entsteht. Dadurch kommt die solide Leistung einiger namhafter Schauspieler wie Peter Stormare (Fargo, The Big Lebowski) oder Brett Dalton (Marvel's Agents of S.H.I.E.L.D.) perfekt rüber.
Die eingangs erwähnten Entscheidungen beeinflussen den Spielverlauf. Welche Person mag man lieber? Ist man ehrlich oder lieber rücksichtsvoll? Finger abhacken oder nicht? Ja, im Verlauf des Spiels wird man mit zunehmend schwerwiegenderen Entschlüssen konfrontiert.
Alle Entscheidungen, Dialoge und Hinweise, die man finden kann, lassen darauf schliessen, dass es sich tatsächlich lohnt, das Spiel mehrmals zu spielen. Nichts, wofür ich Zeit hätte, aber spannend zu sehen wäre es allemal. Zum Glück gibt es YouTube.
Als alter Horror-Fan störe ich mich nicht an abgelutschten Klischees. Sofern das Ganze sinnvoll verpackt und spannend erzählt ist. «Until Dawn» bietet genau die richtige Menge von Vorurteilen, Splatterszenen und Gruselmomenten. Wie so oft verpufft leider jegliche Furcht, sobald man den Mörder sieht, das Spiel schafft es aber dennoch, den Spieler immer wieder zu fesseln.
Dass sich «Until Dawn» wie ein interaktiver Film spielt, stört mich nicht im Geringsten. Im Gegenteil: Ich erlebe packende Abenteuer auch gerne etwas passiver. Die Mischung macht es aus und die stimmt bei «Until Dawn».
«Until Dawn» ist exklusiv für die PS4 erhältlich und wurde mir von Sony für Testzwecke zur Verfügung gestellt.