Ein Videospiel ist ein digitales Produkt, das aus unterschiedlichen Entscheidungen von Menschen mit ganz viel Herzblut und Kreativität entsteht. Diese Weisheit sollte man sich viel öfters vor Augen halten. Egal ob grosser Game-Blockbuster oder kleine Projekte von Indie-Entwicklern, ein Videospiel ist immer eine Summe von individuell geprägten Bausteinen, wo schlussendlich viele engagierte Menschen dahinter stehen.
Auch wenn dies bei den grossen Titeln, die massenweise auf den Markt geschwemmt werden, ebenfalls gilt, sind es doch die eher kleineren Spiele von unabhängigen Entwicklern, wo diese Tatsache immer wieder schön durchschimmert. So auch bei «Airheart: Tales of broken Wings», dem neusten Videospiel von Blindflug Studios.
Die Zürcherinnen und Zürcher haben schon diverse Spielperlen auf den Markt gebracht und verdienterweise auch Preise und Auszeichnungen gewonnen. «First Strike», «Cloud Chasers» oder «(Re)format Z» zeichnen sich alle nicht nur durch eine wunderschöne Spielbarkeit aus, sondern heben auch regelmässig den moralischen Zeigefinger. Auch beim jüngsten Streich ist die Sozialkritik in der künstlich erschaffenen Welt vorhanden. Dieses Mal wurde sie aber behutsamer eingebaut. Denn im Vordergrund steht der Spielspass über den Wolken. Doch der Reihe nach.
«Airheart» ist eigentlich eine Fortsetzung zum Mobile-Game «Cloud Chasers». Heldin Amelia ist mittlerweile eine junge Frau geworden und in der mysteriösen Welt in den Wolken angekommen. Ohne ihren Vater Francisco macht sie mit einem kleinen Flugzeug Jagd auf fliegende Fische, die in der illustren Wolkenwelt Granaria herumirren. Das ist leichter gesagt als getan, denn gierige Piraten, Kampfdrohnen und auch sehr nervige Gesetzeshüter kommen ihr dabei regelmässig in die Quere.
Bewaffnet mit einem Ballermann und einer Harpune fliegt oder kämpft sie sich von Stockwerk zu Stockwerk, um bis ganz nach oben zu gelangen. Je höher sie steigt, desto schwieriger wird es an die Objekte der Begierde zu gelangen und desto grösser wird die Gefahr, dass sie abstürzt und wieder von ganz unten anfangen muss.
«Airheart» ist das erste Spiel von Blindflug, das es auch für eine Spielkonsole gibt. Da müsste es eine Leichtigkeit sein das fliegende Vehikel mit dem Controller zu steuern. Doch um ohne Kollision in den Welten über den Wolken zu navigieren, braucht es seine Zeit. Während man mit dem linken Stick das Flugzeug punktgenau steuern kann, wird gleichzeitig der rechte Stick zum Zielen gebraucht. Das will anfangs nicht genau klappen und man muss zusehen, wie man öfters immer wieder abstürzt. Aber an einem etwas herausfordernden Schwierigkeitsgrad gibt es nicht viel zu kritisieren. Und mit ein bisschen Übung flutscht dann auch alles wie aus einem Guss und die Jagd kann beginnen.
Wer übrigens trotzdem abstürzt, sollte den Controller nicht einfach beiseite legen. Denn donnert man an seinem heimischen Landeplatz vorbei, kann man gleich wirklich total von vorne, inklusive Tutorial, beginnen. Immerhin lässt sich das Tutorial in diesem Fall überspringen. Wer genau zielt und in seine alte Werkstatt kracht, hat einen klaren Vorteil.
Diese Liebe zum Detail schimmert auch an anderen Stellen im Videospiel durch. Fliegt einfach mal regelmässig durch die Bäume und erfreut euch an der niedlichen Animation, wenn die Blätter fallen. Generell sollte man sich die unterschiedlichen Welten genauer ansehen, denn es gibt viel zu entdecken. Audiovisuell besitzt dieser Indie-Titel sowieso einen ganz eigenwilligen Charme, der gefällt. Vor allem die Audio-Abteilung sollte wirklich eine Gehaltserhöhung erhalten. Egal auf welcher Ebene man Fische fängt oder sich in die Gefechte begibt, jeder einzelne Track hat eine Ohrwurmgarantie.
Auch wenn der Ballerspass von Ebene zu Ebene intensiver wird, es ist dieses geschmeidige Herumfliegen in den wunderschön gezeichneten Welten hoch oben in den Lüften, die so sehr begeistern. Regelmässig habe ich mich dabei ertappt, wie ich gemächlich auf die Fischjagd gehe und immer wieder durch die Bäume fliege, um mich an den losen Blättern zu erfreuen. Dem Kampf bin ich immer wieder aus dem Weg gegangen, bis ich endlich alles in den einzelnen Ebenen entdeckt und eingesammelt habe.
Aber auch wer auf knackige Action steht, kommt natürlich auf seine Kosten. Die Gefechte arten dabei in keiner stumpfen Ballerorgie aus, sondern brauchen Geschick und Taktik, um immer weiter nach oben zu gelangen. Vor allem die grösseren Piratenschiffe, die den Weg versperren, sind eine kleine aber feine Herausforderung, können aber auch zu Hassobjekten werden.
Auch für Tüftler gibt es einiges zu tun. Wer fleissig sammelt und sowieso eine bessere Chance gegen die Gegner haben möchte, darf in der Werkstatt an seinem Flugzeug herumbasteln und sich so für den Kampf besser wappnen. Das wird dann im späteren Verlauf des Spiels sogar zu einem Muss, wenn man nicht gerade wieder zusehen möchte, wie sein fliegender Stuhl in seine Einzelteile zerbricht. Kurz: «Airheart» hat für jeden Genre-Fan eine passende Spielmechanik auf Lager und wird auch nach mehreren Stunden nicht langweilig.
Fazit: Auch wenn im neuen Blindflug-Spiel der moralische Zeigefinger wieder da ist, «Airheart» ist in erster Linie ein Spiel mit simpler aber auch umfangreicher Spielmechanik, das einfach Spass macht. Dass man die Fisch-Population selber immer mehr verkleinert und so für ein natürliches Ungleichgewicht sorgt, wird vermittelt und macht Sinn. Aber die Moral bleibt dieses Mal zum grössten Teil draussen. Denn in erster Linie ist das neue Kind von Blindflug ein knackiger Ballerspass hoch oben in den Wolken oder einfach nur eine willkommene, leichtfüssige Erkundungstour in der Luft, wo man einfach die herrlichen Animationen geniessen und sich an einem Videospiel made in Switzerland erfreuen darf.
Fliegt ihr schon oder ist dieser Indie-Titel gar nichts für euch? Rein mit euren Meinungen in die Kommentarspalte.
«Airheart: Tales of broken Wings» ist für knapp 20 Franken erhältlich für Playstation 4, Xbox One, PC und Mac.
Nintendo will zuekünftig ja eh 30 (DREISSIG!!!!) Indy-Spiele pro Woche in den Store werfen, da sehe ich keinen Grund wieso Airheart nicht auch seinen Platz dort finden sollte. Wenn man es denn zwischen all dem Müll findet. Echt jetzt Nintendo, dreissig!?!? Die überkompensieren wohl den Vorwurf dass es nicht genug Spiele gibt, die den Kauf der Konsole rechtfertigen....