Digital
Schweiz

Wie Firmen ihre Daten effektiver vor Cyberangriffen schützen können

Menschen im Büro am Arbeiten mit dem PC. (Symbolbild)
Unternehmen sind bei der Gewährleistung der Datensicherheit und dem Datenschutz vor ganz neue Herausforderungen gestellt.Bild: Shutterstock

Wie Firmen ihre Daten effektiver vor Cyberangriffen schützen können

Für einen wirksamen Schutz vor Hackern und Ransomware-Attacken reicht es nicht mehr, nur die digitalen Eingangstüren abzusichern. Was das bedeutet und was private und öffentliche Unternehmen tun sollten.
07.06.2023, 09:1907.06.2023, 09:21
Ann-Kathrin Amstutz / ch media
Mehr «Digital»

Datendiebstahl, Spionage oder Sabotage: Neun von zehn Unternehmen werden Opfer eines Cyberangriffs, schätzt das deutsche Kompetenzzentrum gegen Cyberkriminalität (G4C). Ende März war auch CH Media, zu dem dieses Portal gehört, von einem Cyberangriff betroffen.

Oft bleiben die Angriffe über lange Zeit unerkannt. Kriminelle können teils über Monate hinweg Daten absaugen, ohne dass dies überhaupt bemerkt wird. Die Zahlen machen klar: Fast jede Firma wird wohl früher oder später von Cyberkriminellen angegriffen - und muss sich entsprechend schützen.

Absenderin dieser alarmierenden Botschaft ist Comforte, eine auf Datensicherheit spezialisierte deutsche Firma. Laut eigenen Angaben schützt Comforte 60 Prozent der weltweiten Kartenzahlungstransaktionen, so etwa jene von Visa und Mastercard.

Warum es nicht reicht, die Türen zu schützen

Laut Comforte-CEO Michael Deissner braucht es einen Paradigmenwechsel beim Datenschutz. Bisher würden sich die meisten Firmen bei der Sicherheit auf die Infrastruktur und Netzwerke konzentrieren. Sie ergreifen Massnahmen, die verhindern sollen, dass Kriminelle ins System eindringen können. Die Eingangstüren zum System werden quasi möglichst gut verriegelt. Das reicht nach Deissners Ansicht nicht.

Immer mehr Unternehmen, aber auch private Nutzerinnen und Nutzer speichern ihre Daten in Cloud-Lösungen. Damit verlieren sie ein Stück weit die Kontrolle über ihre Daten, da diese auf den Servern des Cloud-Anbieters gespeichert werden. Zwar bietet die Cloud einen gewissen Schutz. Doch sind die Mauern einmal durchbrochen, liegen die Daten oft auf dem Präsentierteller – ein Schreckszenario für jede Firma.

Deshalb müssten die Firmen laut Deissner auf die sogenannte «datenzentrierte Sicherheit» achten, also den Schutz der Daten selbst. Konkret sollen diese standardmässig verschlüsselt werden. Dabei sollen Daten über ihre gesamte Lebensdauer – von der Erhebung über die Speicherung, Verarbeitung und Übertragung bis hin zur Löschung – geschützt bleiben.

Das Ziel:

Selbst wenn Kriminelle ins System eindringen und Daten entwenden, können sie nichts damit anfangen.

Ein Weg, dies zu tun, ist die klassische Verschlüsselung. Dabei werden die Daten mithilfe eines Algorithmus und eines Schlüssels in ein unlesbares Format verwandelt.

Eine zweite Möglichkeit ist die sogenannte Tokenisierung. Laut Comforte-Chef Deissner gibt es die Tokenisierung schon seit 2018, doch die Methode sei noch immer wenig bekannt. Dabei werden Klartextdaten durch sogenannte Tokens ersetzt.

Im Unterschied zur klassischen Verschlüsselung behält das Token das Format der ursprünglichen Daten bei. So werden beispielsweise bei einer Kreditkartennummer nur die Ziffern ausgetauscht – es entsteht wieder eine Zahlenreihe mit 16 Ziffern. Oder bei einer Mailadresse bleibt das «@»-Zeichen am korrekten Ort stehen.

Bei der Tokenisierung wird das Format der Daten beibehalten. So lassen sich die Daten in geschütztem Zustand nutzen.
Bei der Tokenisierung wird das Format der Daten beibehalten. So lassen sich die Daten in geschütztem Zustand nutzen.grafik: comforte

Die Verschlüsselung und die Tokenisierung haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Bei der Verschlüsselung gibt es einen mathematischen Zusammenhang zwischen dem Originalwert und dem verschlüsselten Wert.

Dadurch ist die Verschlüsselung umkehrbar, was eine Gefahr mit sich bringt: Wenn ein Hacker den Algorithmus knackt, ist er in der Lage, alle verschlüsselten Werte zu entziffern.

Zudem sind die Daten komplett unkenntlich gemacht und müssen für jede Verarbeitung wieder entschlüsselt werden.

Fazit: Absolute Sicherheit gibt es nicht

Bei der Tokenisierung dagegen können die Daten selbst im geschützten Zustand in Geschäftsprozessen und Analysen verwertet werden, da das Format nicht verändert wird. Zudem ist die Gefahr geringer, dass der Code geknackt wird, besteht doch kein mathematischer Zusammenhang zwischen dem Originalwert und seinem gesicherten Pendant.

Dies bedeutet aber auch: Da es keinen Zusammenhang gibt, ist es viel schwieriger, eine Tokenisierung rückgängig zu machen. Wenn es also zu einem Datendiebstahl kommt, kann man die Token nicht einfach in die Originaldaten umwandeln und ein neues Token einsetzen.

Zudem ist die Anzahl möglicher Kombinationen begrenzt: Je mehr Token etwa für Kreditkartennummern im Umlauf sind, desto grösser ist das Risiko, dass das gleiche Token mehrmals verwendet wird. Eine absolute Sicherheit kann also auch die Tokenisierung nicht bieten.

Ob mittels Verschlüsselung oder Tokenisierung: Unternehmen werden kaum um die datenzentrische Sicherheit herumkommen. Die durch Cyberangriffe verursachten Risiken und Schäden sind einfach zu gross.

In eigener Sache
Ende März war auch das Verlagshaus CH Media, zu dem auch das Newsportal watson gehört, von einem Angriff der Cyberkriminellen-Gruppe «Play» betroffen. Dabei sind leider auch Kundendaten von CH Media gestohlen und im Darknet veröffentlicht worden. Es ist gelungen, die Hoheit über die IT-Systeme in kurzer Zeit zurückzuerlangen. Der Funktionsumfang der IT-Infrastruktur ist inzwischen mehrheitlich wiederhergestellt.
Opfer einer Ransomware-Attacke? Darum sollten Betroffene nicht bezahlen
Das Nationale Zentrum für Cybersicherheit NCSC rät von der Zahlung eines Lösegeldes ab und warnt: «Es gibt keine Garantie, dass die Verbrecher nach der Bezahlung des Lösegelds die Daten nicht doch veröffentlichen oder anderen Profit daraus schlagen. Zudem motiviert jede erfolgreiche Erpressung die Angreifer zum Weitermachen, finanziert die Weiterentwicklung der Angriffe und fördert deren Verbreitung.»

Sollten Opfer dennoch das Bezahlen von Lösegeld in Erwägung ziehen, empfiehlt das NCSC dringend, diese Schritte mit der Kantonspolizei zu diskutieren.

Auf der Webseite https://www.nomoreransom.org/ gibt es Tipps, um die Schadsoftware zu identifizieren und die Möglichkeit, bereits bekannte Schlüssel herunterzuladen. Nomoreransom.org ist ein gemeinsames Projekt der niederländischen Polizei und von Europol, an dem sich auch die Schweizerische Eidgenossenschaft beteiligt.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
So läuft eine Ransomware-Attacke ab
1 / 17
So läuft eine Ransomware-Attacke ab
2021 machte watson publik, dass die am Genfersee gelegene Waadtländer Gemeinde Rolle von einem massiven Daten-Leak betroffen war – die Folge einer Ransomware-Attacke. In dieser Bildstrecke erfährst du, wie ein solcher Hackerangriff abläuft. Die wenigsten Leute wissen, was kriminelle Eindringlinge in fremden IT-Systemen so alles treiben.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Bald keine Handwerker mehr? Dieser Roboter könnte zur Konkurrenz werden
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
1 Kommentar
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
1
Das afrikanische E-Auto-Wunder: Äthiopien verbannt ab sofort Benzin-Autos
Äthiopische Autofahrer sollen keine Benzin-Autos mehr kaufen. Das Land setzt ganz auf das E-Auto, denn billigen Strom gibt es im Überfluss.

Seit Jahren wird in Europa heftig über den Übergang von Verbrenner- zu Elektroautos diskutiert. Erst letztes Jahr tobte ein erbitterter Streit um ein Aus für Neuwagen mit Verbrennermotor in der EU-Kommission. Deutschland blockierte ein entsprechendes Gesetz hartnäckig, bis sich schliesslich darauf geeinigt wurde, dass entsprechende Fahrzeuge auch nach dem vereinbarten Ausstiegsjahr 2035 neu zugelassen werden, wenn sie ausschliesslich CO₂-neutrale Kraftstoffe tanken.

Zur Story