Chris Christie war einst ein enger Kumpel von Donald Trump und hat ihn im Wahlkampf 2016 massgeblich unterstützt. Inzwischen jedoch hat sich der ehemalige Gouverneur von New Jersey zu einem der härtesten Kritiker des Ex-Präsidenten gewandelt. Deshalb wird er von Trump an seinen Rallys regelmässig als «dickes Schwein» («fat pig») verspottet.
Tatsächlich ist «Bierbauch» für Christies Körper eine nette Untertreibung. Trotzdem ist nicht Trumps bodenlose Vulgarität bemerkenswert, sondern zwei andere Dinge: Erstens kann man die Figur des Ex-Präsidenten ebenfalls nicht wirklich als spargelförmig bezeichnen, und zweitens ist die Mehrheit seiner Fans an den Rallys nicht nur dick, sondern wie Christie fettleibig. Warum also protestieren sie nicht dagegen, dass sie unflätig beschimpft werden?
Tom Schaller und Paul Waldman gehen in ihrem Buch «White Rural Rage» dem Paradox nach, weshalb die Trump-Fans ihr Idol verehren, obwohl dessen Lebensstil mit ihrem nichts, aber auch gar nichts gemein hat. Die meisten von ihnen sind weiss, männlich, schlecht gebildet und leben auf dem Land. Trump hingegen ist reich, in New York aufgewachsen, hat seine Playboy-Jugend vornehmlich in Discos verbracht und liebt Gras nur dann, wenn es sehr kurz geschoren ist. «Der einzige Grund, weshalb Donald Trump sich bückt, ist, wenn er einen Golfball aufnimmt», schreiben Schaller/Waldman.
Auch in den USA biedern sich aufstrebende Politikerinnen und Politiker gerne bei der Landbevölkerung an. Sie gehen an Bauernmessen, tragen Cowboy-Hüte, essen vor Fett triefende Fleischspiesse und prahlen mit Vorfahren, die angeblich auf Bauernhöfen aufgewachsen seien.
Nicht so Trump. Er fliegt mit seinem protzigen Privatjet an die Rallys, trägt stets seinen blauen Anzug – einzig die Farbe der Krawatte ändert ab und zu – und denkt nicht im Traum daran, eine Kuh anzufassen, geschweige denn, eine zu melken. Er hat noch nie mit seinen Händen gearbeitet, prahlt mit seinem überdimensionierten Penthouse im Trump Tower oder seiner Residenz in Florida, gibt zwar vor, gläubig zu sein, kann aber keine einzige Passage aus der Bibel zitieren, und seinen Lebensstil als christlich zu bezeichnen, wäre glatter Hohn.
«Und trotzdem, die ländlichen Wähler lieben ihn nicht nur, sie vergöttern ihn», stellen Schaller/Waldman fest.
Trumps Verlogenheit funktioniert auf dem Land, weil sie den Hass seiner Anhänger auf die angebliche woke Elite in den Städten bestärkt. Im Gerichtssaal hingegen wird sie zu einem Handicap. Richter mögen Lügen nicht, und Trump ist ein Lügen-Roboter, oder wie ihn der Verfassungsjurist George Conway im Magazin «The Atlantic» nennt, eine «Matrjoschka der Verlogenheit».
«Er lügt, und lügt dann noch mehr, und oft lügt er sogar über seine vorhergehenden Lügen», stellt der Ex-Mann von Trumps legendärer Wahlkampfmanagerin Kellyanne Conway fest. «Während seiner Amtszeit hat er gemäss der ‹Washington Post› mindestens 30’573-mal gelogen. Fast jedes Mal, wenn er den Mund öffnet, lügt er, ja er lügt selbst dann, wenn ihm die Wahrheit besser dienen würde.»
Viele Kritiker haben es bedauert, dass ausgerechnet der Schweigegeld-Prozess nicht nur der erste von vier möglichen Prozessen gegen Trump ist, sondern wahrscheinlich der einzige, der noch vor den Wahlen über die Bühne geht. Tatsächlich geht es in den anderen Verfahren um weit gewichtigere Dinge, um den Versuch, die Wahlen zu manipulieren, um Anstachelung zum Aufruhr und den unrechtmässigen Besitz von streng geheimen Dokumenten.
Conway hat diese Kritik lange geteilt. Inzwischen hat er seine Meinung geändert. «Ich habe realisiert, dass dieser Prozess, zumindest in mehrfacher Hinsicht, der perfekt Fall ist, um Trump zum ersten Mal auf die Anklagebank zu bringen, und – so hoffe ich – vielleicht sogar ins Gefängnis.»
Schamlosigkeit und Lügen mögen an Rallys bestens funktionieren. Vor Gericht haben sie im sprichwörtlichen Sinn kurze Beine. Selbst die Trump-Fans bezweifeln nicht, dass der Ex-Präsident Sex mit der Porno-Darstellerin Stormy Daniels hatte. «Wir wissen, dass er nicht im Zölibat lebt», erklärte etwa Ted Cruz, Senator aus Texas, auf dem Sender Fox News. Dass Trump dies immer noch bestreitet, wirkt bloss noch lächerlich und dürfte seiner Sache wenig dienlich sein, zumal sich die beiden Kronzeugen im Kreuzverhör sehr gut geschlagen haben. Stormy Daniels liess Trumps fürstlich entlohnte Anwälte mit Witz auflaufen, sein ehemaliger Anwalt und Fixer Michael Cohen mit Coolness.
Dass es für den Ex-Präsidenten im Schweigegeld-Prozess nicht so gut läuft, hat sich auch bei der Grand Old Party herumgesprochen. Viele ihrer Vertreter eilen nach Manhattan, um Trump zumindest symbolisch zu unterstützen. Vor allem diejenigen, die sich Chancen ausrechnen, als Vize nominiert zu werden, liefern sich einen eigentlichen Schönheitswettbewerb vor und im Gericht. JD Vance, Vivek Ramaswamy und Doug Burgum, sie alle gaben sich die Ehre.
Besonders peinlich ist dabei der Auftritt von Mike Johnson ausgefallen. Der Speaker des Abgeordnetenhauses ist bekanntlich ein strenggläubiger Evangelikaler, der fast alles, was er tut, mit der Bibel rechtfertigt. Jetzt verurteilt er mit ernstem Gesicht eine angeblich politisierte Justiz und verteidigt einen Mann, der seine christlichen Werte mit den Füssen tritt.
Reid Ribble, ein ehemaliger republikanischer Abgeordneter, der sich von Trump abgewandt hat, erklärt daher in der «Financial Times»: «Das ist das bizarrste und ausgeflippteste konservative Schauspiel, das ich je erlebt habe. Normalerweise würde man sich mindestens 100 Meilen von jemandem distanzieren, der seine Frau betrügt. Dass Republikaner sich bei diesem Mann einschmeicheln, ist für mich unbegreiflich.»
Seine vulgären Beleidigungen und sein heuchlerischer Lebensstil, der im krassen Gegensatz zu dem seiner Unterstützer steht, offenbaren eine erschreckende Verachtung für die Wahrheit.
Die Republikanische Partei hat jegliche Prinzipien aufgegeben und verkommt zur Marionette eines narzisstischen Despoten.
Dieser Prozess zeigt: Trump ist ein moralischer Bankrotteur und seine Verteidiger sind Mittäter in einem beispiellosen politischen Betrug.
Bei diesem Justiz System und ihren Richter bin ich nicht sicher ob er eine adäquat verurteilt wird!
Das merkt er jetzt.
Trump würde alles tun, um Macht zu bekommen, auch seine eigenen Kinder ans Messer liefern, wenn es ihm nützen würde. Trump kennt weder Moral noch Loyalität noch Ehre.