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Bürgerbefragung: Paris verdreifacht Parkgebühren für SUV

Ça suffit! Paris sagt SUVs den Kampf an und verdreifacht deren Parkgebühren

05.02.2024, 00:5905.02.2024, 05:24
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epaselect epa11126000 A person votes during a referendum on higher parking fees for SUVs, at a polling station in Paris, France, 04 February 2024. Parisians are called to vote in a referendum on 04 Fe ...
Bürger werfen ihre Stimme zum SUV-Tarif im wohl schönsten Wahllokal Europas ein.Bild: keystone

Seit Jahren kämpft die Pariser Stadtverwaltung für eine Verkehrswende und weniger Autoverkehr – nun sind SUV von einer drastischen Entscheidung betroffen, die auch in Deutschland aufhorchen lässt. Bei einer Bürgerbefragung hat sich eine Mehrheit am Sonntag für eine Verdreifachung der Parkgebühren für schwere Stadtgeländewagen ausgesprochen. Damit setzte sich die Stadtverwaltung mit ihrem Plan durch, für einstündiges Parken von SUV und anderen schweren Autos im Zentrum 18 Euro statt üblicherweise 6 Euro zu verlangen und in den Aussenbezirken 12 Euro statt 4 Euro. Für sechs Stunden Parken im Zentrum werden gar 225 Euro statt bislang 75 Euro fällig. Die neue Regelung soll ab dem 1. September greifen.

Rund 1,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner der Hauptstadt waren zu der Abstimmung unter dem Motto «Mehr oder weniger SUV in Paris?» aufgerufen. Rund 54,5 Prozent stimmten für die Erhöhung der Parkgebühren, rund 45,5 Prozent dagegen. Die Beteiligung an der Abstimmung lag allerdings nur bei knapp sechs Prozent. Einwände, dass das Ergebnis damit kaum repräsentativ sei, wollte die Stadtverwaltung nicht gelten lassen. Schliesslich hätten Zehntausende Menschen die Möglichkeit der direkten Bürgerbeteiligung genutzt.

«Die Pariser sind die Avantgarde einer Bewegung, viele Städte werden sicher nachziehen», sagte Bürgermeisterin Anne Hidalgo nach dem Entscheid. «Sie wollen diesen schweren Autos in den Strassen den Platz nehmen, aus Umweltgründen und wegen der Sicherheit.» Die Entscheidung sei gut für den Planeten und für die Gesundheit. Die schweren Karossen sorgten für eine erhöhte Umweltverschmutzung, beanspruchten viel öffentlichen Raum und gefährdeten die Verkehrssicherheit, argumentiert die Stadt. Dieselben Kritikpunkte werden auch in Deutschland immer wieder vorgebracht.

Den Sondertarif für SUV in Paris sollen ausschliesslich Besucher bezahlen. Anwohner sollen ebenso ausgenommen werden wie Handwerker und Pflegedienste. Greifen soll der Tarif für Verbrenner- und Hybridmodelle mit einem Gewicht ab 1,6 Tonnen und Elektromodelle ab zwei Tonnen Gewicht. Für private Parkhäuser gilt die Regelung nicht. In Paris ist der Kampf gegen SUV Teil einer Verkehrswende, die schon seit Jahren von der sozialistischen Bürgermeisterin Hidalgo und der rot-grünen Stadtregierung vorangetrieben wird.

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Das Argument der Stadt für höhere Gebühren für SUV: Die schweren Karossen sorgten für eine erhöhte Umweltverschmutzung, beanspruchten viel öffentlichen Raum und gefährdeten die Verkehrssicherheit. Ein SUV in Paris.Bild: keystone

Bisher nicht erläutert wurde, wie die Überwachung der neuen Parkgebühren genau funktionieren wird. Wer in Paris parkt, gibt am Parkautomaten das Kennzeichen seines Wagens ein und bezahlt für die gewünschte Zeit. Politessen sind seit einigen Jahren Geschichte. Videokontrollwagen fahren durch die Strassen und erfassen die Kennzeichen aller abgestellten Fahrzeuge. Wer nicht gezahlt hat, bekommt ein Knöllchen zugeschickt. Bei diesem System müsste es mit dem Kennzeichen künftig auch Zugriff auf den Fahrzeugtyp geben - und wie es sich mit ausländischen Kennzeichen verhält, ist eine weitere Frage.

Auch in unserem Nachbarland Deutschland schaut man auf die Pläne in Paris. Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) etwa plädiert dafür, das Parken für SUV zu verteuern. Die Pariser Bürgerbefragung zeige, dass die Debatte um den knappen öffentlichen Raum und eine angemessenere Bepreisung fürs Parken geführt werden müsse, sagte er. Vor dieser Herausforderung stünden alle europäischen Grossstädte.

Ebenfalls mit Blick nach Paris hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) jüngst alle deutschen Städte dazu aufgerufen, höhere Parkgebühren für immer grösser werdende Stadtgeländewagen festzulegen. «Diese Monster-SUV blockieren zunehmend Gehwege und Grünflächen und gefährden Menschen, die zu Fuss oder auf dem Rad unterwegs sind», sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) hält höhere Parkgebühren dagegen für keine geeignete Lösung. Sein Einwand: Betroffen davon wären auch Fahrzeuge, bei denen es sich nicht um klassische SUV handelt.

Skeptisch äusserte sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Eine Staffelung von Parkgebühren nach Fahrzeuggrösse sei in der Praxis schwer umzusetzen und werde bislang von nur wenigen Städten angestrebt. Das Bundesverwaltungsgericht habe 2023 festgestellt, dass Gebührensprünge orientiert nach Fahrzeuglänge nicht zu gross sein dürften. Eine rechtswidrige Ungleichbehandlung müsse ausgeschlossen sein. (lak/sda/dpa)

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238 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pega
05.02.2024 00:36registriert Oktober 2021
Das hat aber, entgegen dem Titel, nichts mit SUV zu tun, wenn lediglich Gewicht angeschaut wird.
So mancher Kombifahrer wird bei einer 1,6t-Grenze sein blaues Wunder erleben.
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Butschina
05.02.2024 01:55registriert August 2015
Ich frage mich grnerell immer wieder, wieso so viele SUVs kaufen. Mir erschliesst sich deren Nutzen nicht. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber der Grösste Teil ist unnötig und wohl nur Statusbekundung. Ich muss oft schmunzeln, wenn wieder ein/e SUV-Fahrer/in versucht zu parken beim Coop in meiner Nähe.
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Bakunin
04.02.2024 23:56registriert März 2021
Die 6% Beteiligung sind schon peinlich, aber die Idee ist super.

Das es nur für städtische Parkplätze gilt tönt logisch und das Handwerker*inne und Pflegedienste ausgenommen sind vernünftig.

Aber warum bitte sind Anwohner*innen auch ausgenommen?
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