Ihre Ziele waren Chaos, der Sturz der Regierung und eine neue Herrschaft in Deutschland. Nun offenbart ein Gerichtsprozess: Zwei prominente Gruppen von «Reichsbürgern», die sich in der Corona-Zeit bildeten und unter Terror-Verdacht stehen, hatten Kontakt – und strebten eine Zusammenarbeit an.
Dabei geht es einerseits um das Quintett, dem vorgeworfen wird, Gesundheitsminister Karl Lauterbach entführen und einen bundesweiten Blackout provozieren zu wollen. Vier der Rädelsführer waren im April 2022 bei einer Waffenübergabe festgenommen worden, ein weiteres Mitglied im Oktober. Nun steht die Gruppe vor Gericht.
Bei der zweiten Gruppe handelt es sich um das grössere Netzwerk, das wohl sehr konkrete Pläne hatte, den Bundestag mit Waffen zu stürmen, Abgeordnete in ihre Gewalt zu bringen und so einen Regierungswechsel zu erzwingen. Im Dezember hatte die Polizei die Protagonisten beim grössten Polizeieinsatz in der Geschichte der Bundesrepublik als Köpfe einer mutmasslichen Terrorgruppe festgenommen.
Eine Aussage vor Gericht offenbart nun: Die geplanten Bundestag-Putschisten wollten offenbar Mitglieder der anderen Gruppe rekrutieren, die «kampffähig» sein sollten. Sven Birkmann, Rädelsführer der Gruppe, die den Bundesgesundheitsminister in ihre Gewalt bringen wollte, hat im Prozess vor dem Oberlandesgericht Koblenz von einem entsprechenden Kontakt berichtet.
Birkmann berichtete von einem dreistündigen Treffen auf einem Rewe-Parkplatz in Bayern Mitte März 2022. Vermittelt habe es der frühere Soldat und frühere AfD-Kommunalpolitiker Christian W. aus dem sächsischen Olbernhau. Mit dabei war auch der frühere Elitesoldat Peter W., der im Raum Bayreuth Überlebenstrainings anbot.
Die beiden Männer seien an den genauen Plänen seiner Gruppe nicht interessiert gewesen, erzählte Birkmann. Es sei ihnen darum gegangen, weitere Mitstreiter für ihren Plan eines Umsturzes zu gewinnen. «Von mir wollten die zehn Mann, die kampffähig sind und die noch mal trainiert werden sollten.»
Peter W. sei beim Treffen militärisch gekleidet gewesen und habe sich vorgestellt als einer derjenigen, die sich um Personal kümmern. Er habe aber Zweifel bekommen, sagte Birkmann. «Die haben geglaubt, sie stürmen einfach den Bundestag, kommen raus, und das Militär jubelt ihnen zu.» Das sei ihm unrealistisch erschienen.
Birkmann kannte Christian W. bereits aus gemeinsamer Zeit im «Veteranenpool». Das war eine Gruppe im Messengerdienst Telegram. Birkmann hatte sie im April 2021 gegründet mit dem Ziel, bei Protesten einen Puffer zwischen Demonstranten und Polizei zu bilden. Christian W. sei der Verantwortliche für Sachsen gewesen. W. war auch im Juli 2021 bei einem Treffen bei Birkmann im brandenburgischen Falkensee, als ein Einsatz der «Veteranen» im Ahrtal beschlossen wurde.
Danach habe Christian W. aber den Veteranenpool verlassen. «Er hatte sich bei einem Biwak klar positioniert, was er erwartet; und so radikal wollten wir da nicht sein.» W. habe sich «auf anderer Ebene bewegt». Ende Februar 2022 habe Christian W. ihn dann angerufen, weil er von «den Plänen» seiner Gruppe gehört habe und jemanden kenne, der ähnliches ausführten wolle. So sei es zum Treffen gekommen. Christian W. habe in Afghanistan unter Maximilian Eder gedient, sagte Birkmann.
Oberst a. D. Maximilian Eder gehörte wie Christian W., die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann und Prinz Heinrich XIII. Reuss zum harten Kern der grösseren Gruppe.
Ermittler durchsuchten bei einer Razzia gegen die Gruppe um Birkmann im April 2022 auch Räume von Christian W. und Peter W. Da wurden sie aber lediglich als Zeugen geführt. Bei den Durchsuchungen gegen die Gruppe um Prinz Heinrich XIII. Reuss wurden sie als Beschuldigte festgenommen und sitzen seither in Untersuchungshaft. Es ist noch nicht absehbar, wann es zu einer Anklage gegen die mehr als 60 Beschuldigten kommt.
Der Prozess gegen die Gruppe mit Birkmann läuft seit dem 17. Mai. Termine sind bis 2024 angesetzt.