Ute Kretschmer-Risché, so heisst die Betroffene, trägt wegen ihrer Krankheit einen Mikrochip, der ihre Glukosewerte im Blut misst und ihr dann mittels App mitteilt, ob und wann wieder eine Insulinspritze notwendig sei. An der Kasse eines Supermartkes habe sie ihr Blutwert mittels der App gemessen, schreibt sie auf Facebook. Anschliessend habe sie eine Stimme von hinten gehört. «Das ist so eine», wurde gemurmelt. Daraufhin hätten ihr drei junge Männer einen Einkaufswagen in den Hintern gestossen. Sie habe zunächst nicht gewusst, was vorging, berichtet Kretschmer-Risché. Kurz darauf hätten sie die Männer angepöbelt.
«Schäm dich!», habe einer gesagt. Fassungslos und mit Unverständnis, was gerade abging, habe sie gefragt, was die Männer meinten. Daraufhin ging es los: Die Männer hätten sie als «Gates-Hure» beschimpft und gesagt, ihr Chip sei «des Teufels».
Sie habe nicht gewusst, wie sie reagieren sollte. Das einzige, was sie im Stande war, zu sagen, war: «Seid ihr blöd?». Doch das habe nichts geholfen. Schnell habe sie den Einkauf erledigt und sei aus dem Supermarkt geflüchtet. Was blieb, waren Fragen. «Noch immer grübel ich: Wie ich hätte besser reagieren können. Was in denen vorgeht. Und wie gut, dass es kühler ist und meine Kleidung meinen Chip verdeckt», schreibt Kretschmer-Risché in ihrem Facebook-Post.
Andere Facebook-User sind schockiert. «Schrecklich, was Ihnen widerfahren ist», schreibt eine Userin. «Finde das Verhalten dieser Leute mehr als fraglich», schreibt eine andere.
Aber auch viele Vorschläge, wie die Betroffene auf den Vorfall reagieren hätte können, sind eingegangen. So schreibt eine Userin: «Hättest sagen können: Ich kann euch beruhigen. Der Chip läuft mit Windows 98.» Oder: «Ich hätte gesagt: Ja, mein Chip macht heimlich Fotos von euch und sendet es Bill. Passt auf, was euch morgen widerfährt.»
Bei dem Chip handelt es sich um einen «FreeStyle Libre» Chip. Diese werden in an den Oberarm von Betroffenen appliziert, um die Glukosewerte kontinuierlich aufzuzeichnen. Die Erfassung der Werte erfolgt durch einen kurzen Scan des Sensors mit einem speziellen Lesegerät oder mithilfe einer Smartphone App, die für Android und iOS-Systeme verfügbar ist.
Es gab auch Kritik am Datenschutz. Bei der Anwendung mittels Lesegerät würden aber keine Daten an Dritte übermittelt werden. Doch nicht so bei der App: Dort würden Daten in anonymisierter Form übertragen. «Die Bedingungen dafür sind laut Hersteller datenschutzrechtlich zulässig», heisst es bei der deutschen Gesundheitskasse «AOK Plus».
In einem Informationsblatt der App-Hersteller selbst wird dargelegt, welche personenbezogenen Daten er speichert. Darunter fallen gesundheitsbezogene Daten aus der Messung, aber auch die Profildaten des Nutzers und Informationen zu seinem Mobilgerät. Die Daten würden verschlüsselt und in aggregierter und nicht-personenbezogener Form genutzt, heisst es. Zum Beispiel zur Produktentwicklung, Datenanalyse und zu Statistik- und Studienzwecken. (cki)