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COP28: Die Ergebnisse der Weltklimakonferenz in Dubai sind ernüchternd

COP28 President Sultan al-Jaber, left, and COP28 Director-General Ambassador Majid Al Suwaidi clap after passing the global stocktake at the COP28 U.N. Climate Summit, Wednesday, Dec. 13, 2023, in Dub ...
COP-Präsident Sultan Al-Jaber erhob sich strahlend vor dem Plenum und sprach von einem «historischen Paket».Bild: keystone

Kein Ausstieg aus fossiler Energie – das sind die Ergebnisse der Weltklimakonferenz

Am Mittwochmorgen wurde der Abschlusstext des Klimagipfels nach einem Ringen um den fossilen Ausstieg verabschiedet. Der geforderte Ausstieg wurde nicht Realität. Eine Analyse der Ergebnisse.
13.12.2023, 14:0213.12.2023, 14:50
Josephine Andreoli / watson.de
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Die letzten zwei Wochen waren für viele ein einziges Wechselbad der Gefühle. Der Grund: In den Vereinigten Arabischen Emiraten, genauer gesagt in Dubai, fand seit dem 30. November die Weltklimakonferenz COP28 statt. Rund 100'000 Teilnehmende sind nach Dubai gereist, um darüber zu beraten, wie die menschengemachte Erderhitzung gestoppt werden kann.

Das Ziel: zu verhindern, dass sich die Erde im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bis zum Ende des Jahrhunderts um mehr als 1.5 und höchstens 2 Grad erhitzt. Das nämlich hatten die Vertragsstaaten bei der 21. UN-Klimakonferenz 2015 feierlich im Pariser Klimaabkommen beschlossen.

Activists demonstrate with a sign that reads "phase out fossil fuels" at the COP28 U.N. Climate Summit, Tuesday, Dec. 12, 2023, in Dubai, United Arab Emirates. (AP Photo/Peter Dejong)
Aktivistinnen protestierten in den letzten zwei Wochen lautstark auf dem Expo-Gelände der COP28 in Dubai.Bild: keystone

Doch davon ist die Welt aktuell weit entfernt.

Mit den derzeitigen Klimaschutzzusagen wird sich die Welt bis 2100 voraussichtlich um 2.9 Grad erhitzen, wie ein neuer UN-Bericht ergeben hat. Einige Expert:innen und Prognosen gehen gar davon aus, dass wir die 1.5-Grad-Marke bereits in den nächsten drei Jahren reissen werden – mit gravierenden Folgen.

Das Gute an der Sache: Die schlimmsten Folgen lassen sich noch verhindern. Und, noch besser: Wir wissen, was wir tun müssen, um das zu verhindern: Schnellstmöglich aus den fossilen Energien aussteigen.

Doch genau das war einer der grössten Streitpunkte auf der Klimakonferenz.

Globale Bestandsaufnahme: Halten sich alle an die Ziele?

Um feststellen zu können, ob sich die 198 Vertragsstaaten auch tatsächlich an ihre nationalen Klimaschutzzusagen halten, werden diese im Fünf-Jahres-Rhythmus begutachtet. Das Ergebnis lässt zu wünschen übrig: Kein Land hat bislang seine eigenen Zusagen erfüllt. Damit wird auch die ursprüngliche Idee hinfällig, dass eine kritische Masse ehrgeizigerer Länder hinterherhinkende Länder zum Mitziehen bewegt.

«Selbst, wenn es optimal verläuft und sich alle an die nationalen Massnahmen halten, wären die so erreichten Ziele nicht konform mit dem Pariser Klimaabkommen», berichtet Friedrich Bohn vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung gegenüber watson aus Dubai. Stattdessen würde sich die Welt im Schnitt um 2.4 Grad erwärmen, im besten Fall 1.9 Grad.

Ausstieg aus den fossilen Energien: Wird das was?

Dass der Ausstieg aus den fossilen Energien Kohle, Öl und Gas möglichst schnell erfolgt, ist der wichtigste Mechanismus, um die Emissionen zu senken und damit die Erderhitzung zu stoppen. Dementsprechend wichtig ist eine entsprechende Verankerung des Ausstiegs in der Abschlusserklärung der COP.

Doch kurz vor Ende der Konferenz wird ein Entwurf veröffentlicht, der nicht einmal auf ein Auslaufen der Nutzung fossiler Energien eingeht. Ein No-Go für Deutschland und die EU, die den Entwurf ablehnen. Das Entsetzen war gross. Vorab hatten sich bereits mehr als 100 Staaten für einen Ausstieg aus den fossilen Energien ausgesprochen, viele bedrohte Inselstaaten und weitere Länder wiesen den Entwurf als unzureichend und gar «Todesurteil» zurück.

Die Nervosität auf der COP stieg – die Klimakonferenz muss in die Verlängerung.

Die Verbrennung von Kohle leistet einen wesentlichen Beitrag zum weltweiten CO₂-Ausstoß.
Die Verbrennung von Kohle leistet einen wesentlichen Beitrag zum weltweiten CO₂-Ausstoss.Bild: dpa/bernd thissen

Schwacher Abschlusstext oder lieber Klimakonferenz platzen lassen?

Nach dem katastrophalen ersten Entwurf liegt die Messlatte niedrig. Viele Expert:innen vermuten, dass COP-Präsident Al-Jaber genau das beabsichtigt hat. Jetzt ruft die UN-Klimakonferenz erstmals zur Abkehr von fossilen Energien auf – auch, wenn nicht mehr, wie von ambitionierteren Staaten gefordert – von einem tatsächlichen Ausstieg, also «Phase out» die Rede ist.

Dazu kommt, dass der Text auch weiterhin Hintertüren offen lässt, wie etwa die Nutzung von Gas als Übergangskraftstoff. Allerdings ist die Wissenschaft eindeutig: Gas ist ein methanhaltiger fossiler Brennstoff und nicht als Übergangskraftstoff geeignet.

Scheinlösungen wie CCS als Ausrede für fossile Verfechter

Was stattdessen immer wieder thematisiert wird: Man könne das CO2 doch einfach wieder einfangen und in tieferen Gesteinsschichten speichern. In der Wissenschaft spricht man hierbei von der CCS-Technik, kurz für Carbon Capture and Storage.

Das Problem: So schön das auch klingt – so realitätsfern ist es auch. Denn bislang ist das nur im winzigen Massstab möglich und gilt eher als willkommenes Ablenkungsmanöver und Ausrede für fossile Verfechter:innen. Dazu kommt: Auch die Atomkraft wird plötzlich als Klimalösung angepriesen.

«Der Text ist schon einmal besser als der, den wir vor einem Tag gesehen haben – das ist gut», sagte Niklas Höhne, Mitbegründer des New Climate Institutes und Klimaexperte gegenüber Deutschlandfunk Kultur.

«Aber es ist eigentlich überhaupt nicht das, was passieren müsste. Wir bräuchten einen kompletten Ausstieg aus den Fossilen.»
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Die Verdreifachung der Erneuerbaren Energien findet auf der COP28 Zustimmung.Bild: imago images

In einigen Punkten aber zeichnet sich auch Einigkeit ab: So findet die Verdreifachung der Erneuerbaren Energien und die Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030 breite Zustimmung. Die G20 hatten sich dieses Ziel bereits vorher gesetzt.

Klimafinanzierung: Ein Schritt in die richtige Richtung

«Es ist überraschend, dass man sich gleich zu Beginn der COP bezüglich des Klimafonds zum Ausgleich von Klimaschäden geeinigt hat», sagt Experte Friedrich Bohn gegenüber watson.

Gleich am ersten Tag sagten die Vereinigten Arabischen Emirate und Deutschland jeweils 100 Millionen Dollar zu. Auch andere Länder machten finanzielle Zusagen: Die USA etwa geben 17.5 Millionen, Grossbritannien 60 Millionen Dollar. Mit dem Geld sollen die Länder unterstützt werden, die bereits jetzt unter den Folgen der Klimakrise leiden und in der Vergangenheit am wenigsten zu ihr beigetragen haben.

Residents cross a road damaged by El Ni�o rains in Tula, Tana River county in Kenya on Saturday, Nov. 25, 2023. Severe flooding in the country has killed at least 71 people and displaced thousands, ac ...
Aufgrund von Überschwemmungen verlieren die Ärmsten alles, Unterstützung reicher Länder soll beim Aufbau helfen. Hier Überschwemmungen in Kenia, Ende November 2023.Bild: keystone

Unklar ist aber noch immer, wie das Geld verwaltet und verteilt werden soll. Für die kommenden vier Jahre soll sich darum erst einmal die Weltbank kümmern.

Auch wenn die Entwicklung positiv ist, kritisiert Bohn: «Die bislang zugesagten Summen sind nur ein Tropfen auf dem heissen Stein – es ist noch immer nicht klar, woher das restliche Geld kommen soll.» Dazu, wie viel Geld in den kommenden Jahren in den Fonds einfliessen müsste, gibt es unterschiedliche Schätzungen: Eine von der UN beauftragte Expert:innen-Gruppe geht etwa von jährlichen Schäden in Höhe von 150 bis 300 Milliarden Dollar ab 2030 aus.

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