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Es kriselt zwischen Deutschland und Frankreich – Putin freuts

French President Emmanuel Macron, right, welcomes German Chancellor Olaf Scholz at the Elysee Palace in Paris, Wednesday, Oct. 26, 2022. French President Emmanuel Macron is scheduled to meet in Paris  ...
Allerhöchstens ein gequältes Lächeln: So richtig gut kommen Olaf Scholz und Emmanuel Macron nicht miteinander aus.Bild: keystone

Es kriselt zwischen Deutschland und Frankreich – Putin freuts

Zwischen Deutschland und Paris liegt einiges im Argen und es ist nicht klar, ob sich das so schnell wieder einrenkt. Im Kreml sieht man das besonders gern.
27.10.2022, 03:3227.10.2022, 03:32
Remo Hess, Brüssel / ch media
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Wie der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz mit einen schwierigen Gast umgeht, konnte man vor zwei Wochen beobachten: Als der ungarische Problempolitiker Viktor Orban Scholz in Berlin besuchte, gabs nachher nicht einmal eine Pressekonferenz. Nun, da Scholz selbst zu Macron nach Paris reiste, war offensichtlich er selbst der Problempolitiker. Macron jedenfalls liess dem Deutschen die Orban-Behandlung zukommen und sagte eine gemeinsame Pressekonferenz kurzerhand ab.

Die Episode zeigt, wie schlecht es um die deutsch-französischen Beziehungen mittlerweile steht. Rüstungspolitik, Energiepolitik, Wirtschaft, ja selbst Europapolitik: Nirgends ist man sich einig. Ein für diese Woche angesetztes bilaterales Ministertreffen musste überstürzt abgesagt werden.

epa10266797 French President Emmanuel Macron (L) welcomes Chancellor of Germany Olaf Scholz (R) at Elysee Palace before their work lunch in Paris, France, 26 October 2022. EPA/CHRISTOPHE PETIT TESSON
Scholz und Macron trafen sich zum Essen: Wohl auch um die Wogen zu glätten.Bild: keystone

Den Höhepunkt lieferte Macron am Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs letzten Donnerstag. Vor aller Weltöffentlichkeit warnte der Franzose, Scholz begebe sich mit seiner eigenbrötlerischen Haltung in Europa in die «Isolation». Jetzt also die Entspannungsübung bei einem dreistündigen Essen im «Salle des Portraits» im Elyseepalast. 20 Minuten sprachen die beiden anschliessend noch unter vier Augen, mit dem Ziel, auch persönlich die Wogen zu glätten.

Im Nachgang hiess es von deutscher Seite, alles sei in Ordnung. Man habe sich «sehr partnerschaftlich» und sehr intensiv unterhalten, «in erheblichem Kontrast zur medialen Lage rund um dieses Treffen». Ob es die französische Seite auch so sah, blieb vorerst dahingestellt.

Ist die Freundschaft nur ein «Mythos»?

Klar ist aber: In Frankreich sorgt man sich immer mehr um den Bestand der deutsch-französischen Freundschaft, die französische Zeitungen in Kommentaren in den letzten Tagen zunehmend als «Mythos» beschrieben. Besonders verheerend ist: Scholz lässt in Paris den Eindruck entstehen, dass ihm seine französischen Partner schlicht und einfach egal sind.

Die Angst ist, dass Deutschland und Frankreich mit ihrem Zwist schlussendlich dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Hände spielen, der seit je her an einem schwachen, gespaltenen Europa interessiert ist.

Käme es wirklich zu einer «Zeitenwende» und einem Umfallen des deutsch-französischen «Tandems» würde sich das Gleichgewicht auf dem Kontinent noch stärker nach Osten verlagern, als es jetzt im Zuge des Krieges in der Ukraine schon geschehen ist. Mit ihrer ambivalenten, teils zögerlichen Haltung zu Anfang des Krieges haben sowohl Berlin als auch Paris dort viel Vertrauen verspielt.

Unterdessen scheint man im Baltikum und in Polen mehr auf die USA als das alte «Kerneuropa» als verlässlichen Partner zu setzen. Diese Fragmentierung sieht man in Brüssel mit Sorge. Die Angst ist, dass Deutschland und Frankreich mit ihrem Zwist schlussendlich dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Hände spielen, der seit je her an einem schwachen, gespaltenen Europa interessiert ist. (aargauerzeitung.ch)

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Macrons ungewöhnliche Liebesgeschichte
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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pat da Rat
27.10.2022 06:26registriert Mai 2022
Ich kann Macron verstehen. Nachdem Scholz nun die chin. COSCO Beteiligung an den Hamburger Frachtterminals durchgewürgt hat (zwar nur mit 24.9%) und dies entgegen allen Warnungen aus den eigenen Reihen und Ministerien, ist der Mann für mich "durch". Kritische Infra in die Hände von (sogar offen drohenden und klar feindlich gesinnten) Autokraten zu geben; den selben Fehler wie mit Russland. Es ist wie Schröder mit dem Russen-Deal. Und bei Scholz kommen dann später sicher wieder Erinnerungslücken hinzu. Woher nimmt die SPD eigentlich immer diese Luftpumpen, die sind schlimmer als die FDP.
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Hösch
27.10.2022 04:03registriert März 2022
Wenn die EU ernsthaftere Probleme hat ist es doch nachvollziehbar, dass die zwei Kernländer Differenzen bekommen.

Aber wie Eltern nicht vor den Kindern streiten sollen und Bundesratssitzungen geheim sind sollten sich Frankreich und Deutschland nicht öffentlich streiten.
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kleine_lesebrille
27.10.2022 06:53registriert Mai 2022
Macron ist angeschlagen, weil seine innenpolitische Durchsetzungskraft seit den letzten Wahlen deutlich eingeschränkt ist. Und Scholz ist halt einfach Scholz. Mit seiner zögerlichen, spröden Art ist er ganz einfach nicht der Mann für Krisen.

Hoffentlich raufen sich die beiden irgendwie zusammen, denn ein gutes französisch-deutsches Verhältnis ist innerhalb der EU eminent wichtig.
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