Am 25. Juni wurde Alain Berset, 52, als erster Schweizer zum Generalsekretär des Europarats gewählt. Am Mittwoch hatte der frühere SP-Bundesrat den ersten Arbeitstag seiner fünfjährigen Amtsperiode. Nur etwas mehr als acht Monate nach seinem Ausscheiden aus der Regierung ist Berset damit zurück auf dem politischen Parkett.
Alain Berset ist neu Chef von knapp 1800 Mitarbeitenden und verwaltet ein Jahresbudget von rund 625 Millionen Franken. Er ist einerseits dafür zuständig, dass die Institution Europarat möglichst reibungslos funktioniert.
Andererseits repräsentiert Berset die Organisation auf dem internationalen Parkett, wo der Generalsekretär des Europarats protokollarisch weitgehend einem Staatsoberhaupt gleichgestellt ist. Bereits nächste Woche reist Berset zum Stelldichein der Staatsoberhäupter im Rahmen der UNO-Generalversammlung nach New York.
Nebst dem Grundlohn für den Generalsekretär von rund 218'000 Euro kommt Berset mit sämtlichen Zulagen auf ein Gehalt von über 300'000 Franken im Jahr. Hinzu kommt eine Dienstlimousine mit Chauffeur sowie die Unterbringung in der schmucken Villa Massol im Zentrum Strassburgs. Das herrschaftliche Stadtpalais (Baujahr 1884) mit 900 Quadratmetern Wohnfläche sowie Hof und Garten dienen als Residenz des Generalsekretärs.
Als ehemaliger Bundesrat hat Berset Anspruch auf ein sogenanntes Ruhegehalt. Dieses entspricht der Hälfte des aktuellen Jahreslohns für ein Bundesratsmitglied (knapp 473'000 Franken), also rund 236'000 Franken. Erzielt jedoch ein ehemaliges Bundesratsmitglied in seiner neuen Funktion ein Einkommen, das zusammen mit dem Ruhegehalt über dem Jahreslohn eines amtierenden Bundesratsmitglieds zu liegen kommt, so wird das Ruhegehalt entsprechend gekürzt. Das wird auch bei Berset der Fall sein.
Der Europarat ist die älteste Menschenrechtsinstitution in Europa – und hat nichts mit der Europäischen Union (EU) zu tun. Er zählt 46 Mitgliedsstaaten; die Schweiz ist seit 1969 mit dabei. Zu seinen zentralen Werten gehören der Einsatz für Menschenrechte, demokratische Grundsätze und rechtsstaatliche Prinzipien.
Der Europarat hat insgesamt 225 Verträge und Konventionen erarbeitet, wobei die allermeisten davon nicht von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert worden sind. Am bekanntesten ist die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Über deren Einhaltung wacht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) – hierzulande spätestens ein Begriff, seit er der Klage der Klimaseniorinnen gegen die Schweiz recht gegeben hat.
Oberste Priorität habe der Krieg in der Ukraine, sagte Berset nach seiner Wahl im Juni. Der Europarat erarbeitet derzeit die Grundlagen für einen Sondergerichtshof sowie ein Register für Kriegsschäden in der Ukraine. Sie sollen dabei helfen, in Zukunft Entschädigungszahlungen möglich zu machen.
Der Ex-Bundesrat hat sich ausserdem vorgenommen, den Europarat sichtbarer zu machen und den «divergierenden Kräften» auf dem Kontinent entgegenzuwirken und die unter Druck geratenen Werten von Rechtsstaat und Demokratie zu stärken. (aargauerzeitung.ch)