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Zugtragödie Griechenland: Bahnhofsvorsteher gesteht Fehler ein

Zugtragödie in Griechenland: Festgenommener Bahnhofsvorsteher gesteht Fehler ein

Nach der verheerenden Kollision zweier Züge in Mittelgriechenland mit mindestens 36 Toten und 72 Verletzten wollen die Behörden das Unglück vollständig aufklären.
02.03.2023, 04:28
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Zum einen gilt es, die Opfer zu identifizieren. Viele der Leichen sind verbrannt und können nur per DNA-Analyse identifiziert werden, die Opferzahl dürfte also noch steigen. Auch Tattoos und Kleider dienten bei der Suche nach der Identität der Opfer als wichtige Hinweise, berichten griechische Medien.

epa10497208 Firefighters and rescue crews work to extricate passengers from trains after a collision near Larissa city, Greece, 01 March 2023. Fire fighter and ambulance service crews remain at the sc ...
Rettungskräfte bei der Untersuchung der Zugwaggons.Bild: keystone

Zeitgleich läuft die Ursachenforschung auf Hochtouren. Der Bahnhofsvorsteher, der am Dienstagabend am Bahnhof der Stadt Larisa in Mittelgriechenland verantwortlich war, soll eingestanden haben, die Weichen falsch gestellt zu haben.

«Ich habe einen Fehler gemacht und den Personenzug auf dieselbe Schiene wie den entgegenkommenden Güterzug geschickt», soll der 59 Jahre alte Eisenbahner zu Protokoll gegeben haben, wie der Staatssender ERT am Mittwochabend unter Berufung auf Polizeikreise berichtete. Der Mann war bereits am Vormittag festgenommen worden.

Doch das dürfte noch längst nicht das Ende der Ermittlungen sein. Schon kurz nach dem schweren Unfall kam Kritik von Eisenbahnern und deren Gewerkschaft auf, dass das elektronische Leitsystem auf der Strecke Athen – Thessaloniki schon länger nicht arbeite. Deshalb seien die Bahnhofsvorsteher dafür verantwortlich, die Züge quasi von Hand zu koordinieren.

In einer Rede an das Land sicherte Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis den Menschen am Mittwochabend zu, die Umstände des Unglücks vollständig aufklären zu lassen. Alles weise darauf hin, dass es hauptsächlich auf einen «tragischen menschlichen Fehler» zurückzuführen sei. Eine unabhängige, überparteiliche Kommission solle klären, warum die notwendige Modernisierung der griechischen Bahnen in den vergangenen Jahren ausgeblieben sei.

Zuvor hatte Verkehrsminister Kostas Karamanlis bereits seinen Hut genommen. Er fühle sich verpflichtet, die Verantwortung für die Fehler des griechischen Staates zu übernehmen. Das sei das Mindeste, um den Familien der Opfer Respekt zu zollen, begründete er den Schritt.

Bei den Opfern handelt es sich übereinstimmenden Berichten zufolge hauptsächlich um junge Menschen. Viele seien nach einem Feiertag aus dem verlängerten Wochenende gekommen und auf dem Weg zur Universität in Thessaloniki gewesen.

US-Aussenminister Antony Blinken sprach Griechenland das Beileid seines Landes aus. Er betonte, dass die Vereinigten Staaten in dieser schweren Zeit an der Seite des griechischen Volkes stünden. (sda/dpa)

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5 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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aye
02.03.2023 08:07registriert Februar 2014
Der Bahnhofsvorsteher hat vielleicht den entscheidenden Fehler gemacht. Aber wenn laut dem gestrigen Artikel bekannt war, dass es «schon länger erhebliche Probleme bei der elektrischen Koordination gegeben» hat und wenn «wie in alten Zeiten von einem Streckenteil zum anderen per Funk» gefahren wird, dann war ein Unfall wohl nur eine Frage der Zeit. Ein sicheres System lässt solche Fehler gar nicht erst zu.

Mir tun die Opfer, Angehörigen und der Bahnhofsvorsteher leid und hoffe man untersucht auch ernsthaft weshalb die bekannten Probleme nicht rechtzeitig angegangen wurden.
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GudiY
02.03.2023 06:22registriert August 2021
Ein ganzes System versagt und schuld ist dann ein kleiner Arbeitnehmer.
Und die Politiker meinen ein Rücktritt reicht.
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