
Sag das doch deinen Freunden!
David Bowie ist tot, und in der «Tagesschau» heisst es: «Eigentlich müsste die Popwelt heute still stehen.» Das tut sie, liebe «Tagesschau», das tut sie. Und ganz viel weitere Welt auch. Abertausende sind in Schockstarre, die emotionalen Zuckungen, zu denen sie noch fähig sind, tun sie auf den sozialen Medien kund.
Tears streaming down my face for the Thin White Duke, for Ziggy, for the sound of Heroes in Berlin: https://t.co/BmBu4OX6KP Goodbye Bowie.
— Jacob Appelbaum (@ioerror) 11. Januar 2016
Zoobesucher in Cincinnati glauben, der winzige Pinguin, der an Bowies 69. Geburtstag zur Welt gekommen ist und auf den Namen «Bowie» getauft wurde, würde nun «die Seele» des Künstlers weitertragen. Nur die mäkelnden Wächter der Nüchternheit fragen überall, wieso denn David Bowie überhaupt so wichtig sei. Oder Lemmy. Was denn die allgemeine Trauer-Extase überhaupt solle. Sie haben keine Ahnung.
David Bowie ist tot. Die Nachricht war wie ein Faustschlag in den Magen. Unglaublich. Unfassbar. Weil es Menschen gibt, die wir trotz ihrer Normalsterblichkeit als unsterblich betrachten. Weil ihre Kunst, ihre Aura, ihre Rolle, ihr Leben schon längst transzendiert hat. Was haben wir von ihrem Leben schon gewusst? Von Heath Ledger oder Robin Williams? Nichts!
Und doch waren sie für uns da. Zu unserem Vergnügen, unserer Zerstreuung, unserer Unterhaltung, dafür, unser Leben gelegentlich leichter zu machen. Und dafür, manchmal Antworten zu haben, auf Fragen, die zu gross sind, um sie selbst zu beantworten. Dafür, mit uns in unsere Abgründe zu steigen und an unserer Seite auszuharren.
David Bowie hat gesungen, dass wir alle Helden sein können. Amy Winehouse hat in den schwärzesten unserer dunklen Stunden ihren dünnen Arm um uns gelegt und war unsere Schwester im Schmerz. Lady Di hat uns gezeigt, wie grausam es ist, plötzlich Prinzessin zu sein, und dass die Befreiung aus dem goldenen Käfig so tragisch ist, dass wir uns diesen gar nicht erst wünschen müssen.
Sie alle waren Popstars, Superstars, Medien- und Massenphänomene. Es ist grossartig, einen Künstler für sich alleine zu haben. Es ist aber auch grossartig, Heath Ledger als Joker in einem ausverkauften Kino zu sehen und einen Popstar in einem vollen Stadion. Dieses seltsam mitreissende Wir-Gefühl, diese Community, der Gottesdienst unserer Tage, dem sich ein Fan bei aller Rationalität nicht entziehen kann. Die Älteren unter uns verlieren mit ihnen ein Stück Jugend. Die Jüngeren ein Stück Gegenwart.
Und deshalb ist es auch richtig, gemeinsam zu trauern. Und weshalb die sozialen Medien im Fall eines David Bowie, eines Lemmy oder einer Amy Winehouse ruhig zu einer sentimentalen und tröstlichen Dead Artists Society werden dürfen.
R.I.P., ihr Lieben, die ihr für uns gelebt habt.