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«Dümmster Handelskrieg aller Zeiten»: Trump erntet Spott für Zoll-Chaos

«Den dümmsten Handelskrieg aller Zeiten verloren»: Trump erntet Spott für Zoll-Chaos

Trump steuert auf die nächste Krise zu: Jetzt droht der Schulden-Crash. Und wie es mit seinem Zoll-Krieg weitergehen soll, scheint er selbst nicht recht zu wissen.
19.05.2025, 05:2119.05.2025, 05:44
Niklaus Vontobel / ch media
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Donald Trump hat die absurd hohen Zölle gegen China drastisch gesenkt – ohne erkennbare Gegenleistung. Das «Wall Street Journal» spottet deshalb, er habe den «dümmsten Handelskrieg aller Zeiten» bereits verloren – keine zwei Monate nach seinem wirren «Tag der Befreiung». In China höhnen sie in den sozialen Medien, Trump sei davongelaufen wie ein aufgescheuchtes Huhn .

trump dollar
Nicht mehr, was er einmal war: der Dollar in Zeiten von Trump.Bild: imago

Klingt lustig, ist aber wohl verfrüht. Trump ist noch da. Sein Zollkrieg hat schon viel zum Schlechteren verändert und wird noch viel mehr verändern. Und auf einem anderen Schauplatz zettelt er gerade die nächste Krise an.

Der trumpsche Irrsinn in 4 Kapiteln:

Kein Vertrauen in eine Lachnummer

«Die USA sind kein ernst zu nehmendes Land mehr, sie sind eine Lachnummer», sagt der Starökonom Noah Smith. Etwas weniger hart ausgedrückt: Sie haben Vertrauen verloren.

Ihre Währung ist weniger gefragt und deshalb gegenüber Euro und Franken immer noch deutlich schwächer als zu Jahresbeginn. Ihre langfristigen Staatsanleihen gelten als weniger sicher, und die USA zahlen höhere Zinsen. Ihre Wirtschaft ist bei ausländischen Unternehmen als Investitionsstandort weniger beliebt. Viele Unternehmen verkaufen einfach alte Investitionen als neue, um sich mit Trump gut zu stellen.

Kein Wunder. Trump führt seinen Zollkrieg grotesk sprunghaft. Dutzende Male hat er seine Zölle schon revidiert. Mehr als ein halbes Dutzend hielten keine Woche, manche keinen Tag.

Am 2. April führt er Rekordzölle für 180 Länder und eine Pinguininsel ein, berechnet nach einer absurden Formel. Am 9. April setzt er einen Grossteil davon wieder aus. Jetzt will er Einzelabkommen aushandeln, mit 180 Ländern in 90 Tagen. Sonst dauert es Jahre, um ein einziges Handelsabkommen abzuschliessen.

Am 9. April greift er China an wie ein Wrestler in einem Showkampf. Jeden Gegenzoll Chinas kontert er, bis es am 10. April schliesslich US-Zölle von 145 Prozent sind. Das kommt einem Importverbot gleich.

Jetzt will er doch keine Deals

Am 8. Mai verkündet Trump einen ersten der versprochenen Deals. Mit Grossbritannien. Historisch sei das, ein neues Paradigma. Doch es ist kein echtes Handelsabkommen, sagt der Ökonomieprofessor Justin Wolfers zum US-Sender CNN.

«Im Wesentlichen ist es eine Einigung, sich einigen zu wollen, irgendwann in der Zukunft.»

Wenn Trump und der britische Premierminister Keir Starmer sich tatsächlich bereits über eine Einigung freuen können bei einem Thema, klopft es bald wütend an der Tür.

Die US-Automobilindustrie ist sauer. Britische Luxusautos werden jetzt mit niedrigeren Zöllen belastet als ihre Autos, die sie in den USA, Kanada und Mexiko herstellen. China fühlt sich benachteiligt durch Zugeständnisse, die Starmer den USA gemacht hat. Laut der «Financial Times» sagt ein chinesischer Beamte, Starmer hätte dem Abkommen nicht vorschnell zustimmen dürfen.

«China wird reagieren müssen.»

Am 12. Mai senkt Trump die Zölle gegen China wieder drastisch. Von 145 Prozent auf 30 Prozent. Für 90 Tage. Was danach kommt, weiss niemand, wohl nicht einmal er. In China verspotten sie ihn dennoch schon mal.

Am 16. Mai ist wieder alles anders. Trump hatte in 90 Tagen über 180 Deals aushandeln wollen. Schweizer Bundesräte gaben sich stolz, weit vorne in der Warteschlange zu stehen. Nun löst Trump diese Schlange auf, er will doch nicht verhandeln.

Er will die Zölle einfach vorgeben, so wie es am «Tag der Befreiung» die Absicht gewesen ist. Seine Regierung habe die Kapazitäten nicht für Verhandlungen und verschicke jetzt Briefe.

«Wir werden den Leuten mitteilen, was sie zahlen werden, um Geschäfte bei uns machen zu dürfen.»

Zölle sind weiterhin «verrückt» hoch

Insgesamt haben die USA noch immer historisch hohe Zölle. Laut dem Budget Lab der Universität Yale sind es 17,8 Prozent. Das ist 7 Mal mehr als vor Trumps Amtsantritt und so viel wie seit 1934 nicht. Der Handelsökonom Paul Krugman sagt dazu, die Zollsätze seien nun nicht mehr «völlig irrsinnig hoch», aber noch immer «verrückt hoch».

Mit den «völlig irrsinnigen Zöllen» steuerten die USA laut Krugman auf einen «völligen wirtschaftlichen Zusammenbruch zu.» Vorzeichen dafür gab es genug. Hafenchefs warnten vor leeren Containern und Zuständen wie bei Corona. Ökonomen vor leeren Regalen und einem Nationalfeiertag ohne Feuerwerk, denn über 90 Prozent der Raketen und Vulkanen stammen aus China. Umfragen zeigen eine schlechte Konsumentenstimmung, wie man sie sonst nur aus Rezessionen kennt.

Mit den aktuell laut Krugman «verrückt hohen Zöllen» steuern die USA laut Krugman auf eine Stagflation zu: hohe Inflation, wenig Wirtschaftswachstum. Ein Vorzeichen dafür lieferte der Detailhandelsgigant Walmart.

Laut dem «Wall Street Journal» hält Walmart auch die tieferen China-Zölle für «zu hoch» und wird im Sommer die Preise erhöhen. Wenn Walmart dies tue, dann breche der Damm und es werde eine Flut von Preiserhöhungen geben. Ein Walmart-Sprecher sagte:

«Das Ausmass und die Geschwindigkeit, mit der die höheren Preise auf die USA zukämen, sind ziemlich beispiellos in der Geschichte.»

Gegenüber China ist Trump heruntergegangen auf 30 Prozent. Das ist laut Berechnungen von Krugman immer noch hoch genug, um den Import aus China um fast zwei Drittel einbrechen zu lassen.

Und gegenüber Grossbritannien ist Trump bei einem Zoll von 10 Prozent geblieben, wie er es am Befreiungstag haben wollte. Wenn Grossbritannien mit seiner «besonderen Beziehung» zu den USA der 10-Prozent-Zoll nicht erspart bleibt, dann werden auch andere europäische Länder wie die Schweiz sich darauf einstellen müssen.

Und der nächste wirre Plan für die Staatsschulden

Der nächste Schock droht, wenn Trump seine Steuerpläne wahr machen kann. Laut den Budgetwächtern des Congressional Budget Office kommen dann in den nächsten zehn Jahren neue Schulden von über 5200 Milliarden Dollar hinzu. Dann hätten die USA einen Schuldenstand von 129 Prozent im Verhältnis zu ihrer Wirtschaft – und lägen damit höher als gleich nach dem Zweiten Weltkrieg (knapp 120 Prozent).

Allein für die Schuldzinsen werden die USA jedes Jahr mehr als 2000 Milliarden Dollar ausgeben müssen – das sind mehr als 5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Das wird laut dem Starökonomen Kenneth Rogoff eher schlecht als recht ausgehen.

Schlecht weniger für die USA, mehr für die Gläubiger. Die USA würden ihre Schulden zwar formell zurückzahlen, aber deren realen Wert mindern – durch Inflation. Zur «New York Times» sagt Rogoff:

«Der Trend geht dahin, dass wir in den nächsten drei oder vier Jahren eine Inflation von 8 Prozent haben werden.»

Die US-Notenbank Fed werde sich dem zwar widersetzen, sagt Rogoff weiter. Ihre Unabhängigkeit sei aber nicht in der Verfassung verankert, sondern nur eine Schöpfung des Kongresses – und den kontrollieren Trumps Republikaner.

«Wenn Trump muss, kann er die Fed in einer Woche verschwinden lassen.»

(aargauerzeitung.ch)

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86 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Tugium
19.05.2025 05:34registriert Oktober 2017
Ein stable genius halt der Donnie😆
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seven of nine
19.05.2025 07:08registriert Juli 2022
Trump könnte evtl. noch zum Messias werden. Seine Botschaft für den Westen lautet: hört auf Populisten in die Regierung zu wählen. Die haben keine Ahnung und machen alles viel schlimmer.
Auch in der Schweiz wird die SVP merken dass sie komplett auf das Falsche Pferd gesetzt haben. Diese Partei kann man nicht ernst nehmen. Das hat sich schon während Corona gezeigt.
Trump ist eben ein egoistischer Zocker ohne Skrupel & Moral. Ich hoffe das fällt ihm auf die Füsse.
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Scrat
19.05.2025 06:47registriert Januar 2016
Wer es schafft, sogar Casinos (mehrfach) an die Wand zu fahren, schafft das bestimmt auch mit einem Staat. Wir werden sehen…
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