Nachfolger solle der bisherige Aussenminister Israel Katz werden, dessen Amt der bisherige Minister ohne Geschäftsbereich Gideon Saar übernimmt.
«Obwohl in den ersten Monaten des Krieges Vertrauen herrschte und die Arbeit sehr fruchtbar war, ist dieses Vertrauen zwischen mir und dem Verteidigungsminister in den vergangenen Monaten leider zerbrochen», schrieb Netanjahu. Galant habe Entscheidungen getroffen und Erklärungen abgegeben, die den Entscheidungen des Kabinetts widersprochen hätten, fügte der Ministerpräsident hinzu. Die meisten Kabinettsmitglieder stimmten mit ihm überein.
Netanjahu bezeichnete es als seine höchste Pflicht, die Sicherheit Israels aufrechtzuerhalten und das Land zu einem vollständigen Sieg zu führen. Auch Galant äusserte sich. «Die Sicherheit des Staates Israel war immer meine Lebensaufgabe und wird es immer bleiben», betonte er.
Netanjahu hatte Galant im März vergangenen Jahres schon einmal entlassen, nachdem dieser öffentlich zu einem Stopp der umstrittenen Pläne für einen Justizumbau aufgerufen und davor gewarnt hatte, dass die nationale Sicherheit schweren Schaden nehmen könnte. Auf seine Entlassung folgten heftige Proteste und ein Generalstreik. Der Regierungschef setzte damals die Pläne aus, Galants Entlassung wurde später rückgängig gemacht.
Nach seiner Entlassung hat der israelische Verteidigungsminister Joav Galant vor einer «moralischen Finsternis» in seinem Land gewarnt. Der Staat Israel sei mit vielen Herausforderungen konfrontiert im Kampf gegen den Erzfeind Iran und seine Helfershelfer, mahnte er gleichzeitig.
Galant nannte drei Streitpunkte mit Netanjahu als Auslöser seiner Entlassung. Dabei handele es sich um seinen Widerstand gegen ein Gesetz, das viele strengreligiöse Männer in Israel vom Wehrdienst befreien soll, seine Forderung nach einem Deal zur Freilassung der Geiseln in der Gewalt der Hamas sowie nach der Einrichtung einer staatlichen Kommission zur Untersuchung des Massakers im israelischen Grenzgebiet am 7. Oktober vergangenen Jahres. Galant warnte vor einem «Kainsmal» für die israelische Gesellschaft, sollten die noch lebenden Geiseln nicht befreit werden.
Dass die Entlassung während der laufenden Präsidentenwahl in den USA kam, sei kein Zufall, schrieb der US-Bürochef der Zeitung Jacob Magid auf der Plattform X. Das zeige, dass Netanjahu einem Rüffel aus Washington aus dem Weg gehen wollte, schrieb Magid unter Berufung auf einen Vertrauten von US-Präsident Joe Biden. Der wichtigste Verbündete Israels sei von dem Schritt völlig überrumpelt worden.
Netanyahu's decision to fire Gallant on the day of the US election indicates that he was trying to avoid blowback from US where focus is currently elsewhere, a Biden aide tells @TimesofIsrael, adding that admin officials were caught off guard by the move & still gathering info
— Jacob Magid (@JacobMagid) November 5, 2024
Die Entlassung des israelischen Verteidigungsminister Joav Galant durch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat in Israel einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. In der Mittelmeermetropole Tel Aviv und anderswo gingen spontan Tausende Menschen auf die Strasse, um gegen die Entlassung und gegen Netanjahu zu demonstrieren. In Tel Aviv blockierten sie die wichtige Stadtautobahn Ajalon mit brennenden Autoreifen und skandierten «Bibi ist ein Verräter», «Bibi ins Gefängnis» und «kriminelle Regierung», wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete.
Demonstranten in Tel Aviv berichteten nun von ihrer Sorge, dass Netanjahu weitere wichtige Leute aus dem Sicherheitsapparat wie etwa Generalstabschef Herzi Halevi oder den Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Ronen Bar, feuern könnte. Netanjahus Büro dementierte jedoch entsprechende Spekulationen der Medien. Andere Teilnehmer vermuteten, dass Netanjahu mit der Entlassung Galants von dem Skandal um Geheiminformationen ablenken wolle, die von Mitarbeitern im Umfeld seines Büros an die Presse durchgestochen worden waren.
Mitglieder der Opposition kritisierten die Entlassung. Oppositionsführer Jair Lapid bezeichnete die Entlassung Galants mitten im Krieg als einen Akt des Wahnsinns«. Er rief die Israelis zu Protesten auf. »Geht auf die Strasse«, schrieb auch der Vorsitzende der oppositionellen Arbeitspartei, Jair Golan, auf der Plattform X. In Jerusalem und Tel Aviv folgten sofort Hunderte dem Aufruf, wie die Zeitung »Times of Israel" berichtete.
«Politik auf Kosten der nationalen Sicherheit», monierte der Vorsitzende der Nationalen Union, Benny Gantz, ehemaliges Mitglied von Netanjahus inzwischen aufgelöstem Kriegskabinett. Der rechtsgerichtete Polizeiminister Ben Gvir hingegen begrüsste die Entlassung. Mit Galant sei es «unmöglich, einen vollständigen Sieg zu erringen», sagte er.
Lob bekam Netanjahu hingegen vom rechtsgerichteten Polizeiminister Itamar Ben-Gvir, der schon wiederholt die Entlassung des Verteidigungsministers gefordert hatte. Mit Galant sei es «unmöglich, einen vollständigen Sieg zu erringen», sagte er. Mit dem neuen Verteidigungsminister Israel Katz, der vor allem durch extrem konfrontative Posts in sozialen Medien aufgefallen ist, dürften Gvir und andere ultrarechte Regierungspartner Netanjahus besser zurechtkommen. Galant hatte immer wieder auf einen Deal zur Freilassung der Geiseln im Gazastreifen gedrängt. Kritiker warfen Netanjahu vor, eine solche Vereinbarung vermieden zu haben, um den Zusammenhalt seiner Koalition mit den ultrarechten Partnern nicht zu gefährden.
Die USA haben den entlassenen Verteidigungsminister Joav Galant als wichtigen Partner gewürdigt. Der Nationale Sicherheitsrat des Weissen Hauses erklärte laut «Washington Post», Galant sei ein wichtiger Partner gewesen «in allen Angelegenheiten, die die Verteidigung Israels betreffen». Man werde «weiterhin mit dem nächsten israelischen Verteidigungsminister zusammenarbeiten».
Es werde erwartet, dass der neue Verteidigungsminister Israel Katz das Amt - vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments - in den nächsten 48 Stunden übernehmen werde, hiess es weiter.
Der ehemalige israelische Ministerpräsident Naftali Bennett sagte, Israel habe eine «kranke und verrückte Führung». Er schrieb bei X: «Nicht verzweifeln, der Wandel wird kommen!» Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, bezeichnete die Entlassung als besorgniserregend. Oppositionsführer Jair Lapid sprach von einem «Akt des Wahnsinns». Er rief die Israelis zu Protesten auf. «Geht auf die Strasse», schrieb auch der Vorsitzende der oppositionellen Arbeitspartei, Jair Golan, auf der Plattform X. In Jerusalem und Tel Aviv folgten sofort Zehntausende dem Aufruf, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete.
Israelische Medien hatten schon vor geraumer Zeit berichtet, Galant habe sich gegen eine grosse militärische Operation im Libanon ausgesprochen, während Militärkreise dafür gewesen seien. Auch Netanjahu habe zumindest nach aussen die Forderung nach einer Militäroperation unterstützt. Galant habe dagegen den diplomatischen Bemühungen um eine Einigung mit der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah und eine Gaza-Waffenruhe mehr Zeit geben wollen.
Israel ist in einen zähen Mehrfrontenkrieg gegen die Hamas im Gazastreifen sowie die ebenfalls mit dem Iran verbündete Hisbollah-Miliz im Libanon verwickelt. Zudem wird das Land von irantreuen Milizen in Syrien, dem Irak und dem Jemen angegriffen. Auch der seit Jahrzehnten schwelende Konflikt mit dem Iran selbst ist inzwischen offen ausgebrochen. Israel bereitet sich zurzeit auf einen möglichen Gegenschlag des Irans vor. Auslöser des Krieges war das Massaker der Hamas und anderer Extremisten aus dem Gazastreifen in Israel am 7. Oktober 2023 mit 1'200 Toten und etwa 250 Verschleppten.
Demonstranten äusserten die Vermutung, Netanjahu wolle mit der Entlassung Galants auch von dem Skandal um Geheiminformationen ablenken, die von Mitarbeitern im Umfeld seines Büros an die Presse durchgestochen worden waren. Der TV-Sender Channel 12 berichtete am Abend von einer Razzia der Polizei in Netanjahus Büro. Es sei nicht klar, ob diese Durchsuchung mit dem Skandal um Geheimnisverrat oder mit einem weiteren Ermittlungsverfahren im Umfeld des Büros des Regierungschefs zusammenhänge. (hkl/sda/dpa)