International
Schweiz

Schweizer Palästina-Freunde in Kritik wegen Text über Hamas-Chef Sinwar

Schweizer Palästina-Freunde in Kritik wegen Porträt über Hamas-Chef Sinwar

Die Gesellschaft Schweiz-Palästina veröffentlicht auf ihrer Plattform ein Porträt über den Hamas-Chef Yahya Sinwar. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund kritisiert die Darstellungen im Text scharf.
04.11.2024, 21:2305.11.2024, 15:26
Mehr «International»

Die deutsche Politikwissenschaftlerin Helga Baumgarten hat auf der Plattform der Gesellschaft Schweiz-Palästina einen Text über den verstorbenen Hamas-Chef Yahya Sinwar veröffentlicht. Der Text mit dem Titel «Wer war Yahya Sinwar?» beschreibt das Leben Sinwars, seine Ziele im Widerstand gegen die israelische Besatzung und seine Bedeutung in der arabischen Welt. So schreibt Baumgarten, Sinwar sei für die Mehrzahl der Palästinenser und arabischen Bevölkerung eine «Ikone des Widerstandes».

Kritik an Darstellung des 7. Oktobers

Für den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund und die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus stellt dieser eine Verharmlosung des Attentats am 7. Oktober dar, bei dem Sinwar massgeblich mitverantwortlich war. Gegenüber 20 Minuten zeigt sich Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, schockiert:

«Der Hauptverantwortliche für den grössten Massenmord an jüdischen Menschen seit dem Zweiten Weltkrieg wird hier zum Märtyrer hochstilisiert.»

Besonders kritisiert Kreutner, dass Baumgarten schreibt, Sinwar wäre nicht antisemitisch gewesen.

FILE - Yahya Sinwar, Palestinian leader of Hamas in the Gaza Strip, places his hand over his heart on stage after greeting supporters at a rally on May 24, 2021, in Gaza City, the Gaza Strip. (AP Phot ...
Yahya Sinwar war Anführer der Hamas in Gazastreifen und gilt als Planer hinter dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober. Bild: AP

So schreibt Baumgarten, dass Sinwar in seinen eigenen Schriften «keinerlei antisemitische Einstellungen zeigt». Seine Kritik habe sich hauptsächlich «gegen palästinensische Kollaborateure mit der Besatzung gerichtet». Zudem sei für ihn der «Widerstand gegen die Besatzung» entscheidend gewesen.

Kreutner kritisiert diese Darstellung gegenüber «20 Minuten». Das Attentat vom 7. Oktober werde nicht erwähnt und Sinwar verharmlost: «Der Gipfel der Ironie ist die Aussage, dass es keinen Antisemitismus gibt in seinen Schriften. Dies, nachdem er auf dem Höhepunkt seiner terroristischen Karriere über tausend jüdische Menschen tötete, weil sie Juden sind.» Er bezeichnet den Text als eine «neue Eskalation» und einen «Schlag ins Gesicht» der Opfer vom 7. Oktober und der jüdischen Gemeinschaft.

Dieser Darstellung widerspricht der Präsident der Gesellschaft Schweiz-Palästina (GSP), der Alt-Grünen-Nationalrat Geri Müller. Auf Anfrage von 20 Minuten sagt er:

«Wir ermöglichen den Medien und unseren Mitgliedern andere Sichtweisen aus Palästina. Es existiert von der Hamas und Yahya Sinwar noch ein anderes Bild als jenes, das die israelische Propaganda verbreitet.»

Müller unterstreicht, dass er «jegliche Gewalt, auch das Massaker vom 7. Oktober, verurteilt». Aber man müsse auch «das grosse Bild» anschauen. So habe der Nahost-Krieg seit dem Jahr 1948 mehr Opfer auf Seite der Palästinenser als auf Seite der Israelis gefordert.

Zu Sinwar sagt er, dieser sei der militärische Führer der Hamas gewesen, der den 7. Oktober mitverantwortet habe. Aber das Ziel sei es gewesen, «palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen» zu befreien, und nicht, Zivilisten zu töten.

Auch der Geschäftsleiter der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) Philip Bessermann kritisiert gegenüber 20 Minuten den Text über den früheren Hamas-Chef.

Der Bundesrat will die Hamas sowie Gruppierungen und Organisationen, die im Namen der Hamas handeln, verbieten. Dafür hat er ein entsprechendes Gesetz dem Parlament überwiesen. (nzu)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
163 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Palpatine
04.11.2024 21:39registriert August 2018
"Aber, das Ziel sei es gewesen, 'palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen' zu befreien und nicht, Zivilisten zu töten".

Bitte? Das war das Ziel? Gohts no??? Wie kann man nach der brutalen Ermordung von 1200 Frauen, Männer und Kinder, teils sogar Babys, so einen Satz rauslassen???
Ich bin sprachlos und entsetzt über diese Heuchelei!
19220
Melden
Zum Kommentar
avatar
Esther R.
04.11.2024 21:41registriert November 2018
Ja, ja, die Masken sind gefallen.
Logisch wird bei den pro Palestine Demos nie die Hamas kritisiert, die Hamas wird nämlich gross unterstützt und glorifiziert.
16125
Melden
Zum Kommentar
avatar
George Cloowney & Brad Pildo
05.11.2024 00:34registriert November 2022
Geri Müller und das "grosse Bild" ... man kann es sich nicht ausdenken ...
9910
Melden
Zum Kommentar
163
Parlament nimmt Bundesgesetz über Verbot der Hamas an

Das Parlament ist für das neue Bundesgesetz für ein Verbot der Hamas. Nach dem Ständerat hat am Mittwoch auch der Nationalrat der Vorlage zugestimmt.

Zur Story