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Israel: Verteidigungsminister schlägt Alarm – wegen eigener Regierung

epa10927059 Israeli Defence Minister Yoav Galant addressing Israeli soldiers preparing the scenario of a ground maneuvre near the Gaza border, 19 October 2023. More than 3,500 Palestinians and 1,400 I ...
Verteidigungsminister Joaw Galant, früher selbst Kommandant der israelischen Streitkräfte (IDF), bei einem Truppenbesuch im Oktober 2023.Bild: keystone

Israels Verteidigungs-Minister schlägt Alarm – wegen der eigenen Regierung

Das Regierungsmitglied Joaw Galant stellt sich öffentlich gegen seine Kollegen und warnt, sie verweigerten sich Diskussionen über die Zeit nach der Hamas. Für die Tageszeitung «Haaretz» ein klarer Fall.
16.05.2024, 16:5916.05.2024, 20:01
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Was ist mit der israelischen Regierung los? Diese Frage stellen sich angesichts des Leids im Gazastreifen immer mehr Beobachterinnen und Beobachter.

Während aus den von der israelischen Armee besetzten Gebieten stetig neue Meldungen über Militäraktionen und zivile Opfer eintreffen, wächst die Skepsis.

Welchen langfristigen Plan verfolgen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und die anderen in der Regierungsverantwortung stehenden Männer?

Ein aktueller Leitartikel der israelischen Tageszeitung «Haaretz» lässt aufhorchen. Darin geht es um eine vom israelischen Verteidigungsminister Joaw Galant am Vortag einberufene Pressekonferenz.

Warum schlägt der Verteidigungsminister Alarm?

Vor den Medienleuten erklärte der Verteidigungsminister, dass er die Errichtung einer Militärregierung im Gazastreifen nicht zulassen werde. Und er forderte eine inhaltliche Debatte über «den Tag danach».

Das Ende der israelischen Militärkampagne müsse ein politischer Akt sein, betonte Galant. Nur wenn man es schaffe, eine palästinensische Alternative zur terroristischen Hamas zu fördern, sei Frieden möglich.

Leider sei seitens seiner Regierung bislang kein solcher Plan zur Debatte gestellt worden, und schlimmer noch, es werde auch keine Alternative präsentiert.

Weiter erklärte der Verteidigungsminister öffentlich, er habe immer wieder gefordert, dass Diskussionen über Alternativen zur Hamas geführt werden, aber seiner Bitte sei man nicht nachgekommen.

Im «Haaretz»-Leitartikel heisst es dazu:

«Die Äusserungen von Galant sollten die Bürgerinnen und Bürger Israels mit grosser Sorge erfüllen.»

Netanjahu führe Israel durch seine Weigerung, eine Debatte über «den Tag danach» abzuhalten, in die denkbar schlechteste politische Realität: einen Rückzug vom Rückzug. Sprich: Die israelische Armee wäre letztlich gezwungen, den Gazastreifen lange zu besetzen. Und der Hamas-Terror dürfte weitergehen.

An die israelische Bevölkerung gerichtet, hält die regierungskritische Tageszeitung fest:

«Die Öffentlichkeit muss sich entscheiden zwischen der von Netanjahu angeführten Bande von Extremisten, die Israel in die schlimmste Krise seiner Geschichte gestürzt haben, und denen, die versucht haben, sie vor dem 7. Oktober zu stoppen.»
quelle: haaretz.com

Es sei dies schon das zweite Mal, dass Galant die Aufgabe übernehme, die eigene Regierung, die der Bevölkerung Sand in die Augen streue, mit den harten Tatsachen zu konfrontieren, so «Haaretz». Und wie beim letzten Mal hätten seine Regierungskollegen mit der Forderung nach seiner Entlassung reagiert. Alle Vertreter der extremen Rechten hätten sich auf Galant gestürzt.

Dieser lässt sich aber nicht beirren und nimmt den Parteikollegen Netanjahu in die Verantwortung.

«Es gilt, harte Entscheidungen zu treffen und dem nationalen Interesse den Vorrang zu geben, auch wenn wir dafür politische Kosten in Kauf nehmen müssen.»

Anzumerken bleibt, dass Galant am Donnerstag die Entsendung weiterer israelischer Truppen in den Süden des Gazastreifens angekündigt hat. Bei dem Einsatz in Rafah seien bereits hunderte von Zielen getroffen und mehrere Tunnel zerstört worden, heisst es aus dem Büro des Verteidigungsministers. Und er wird mit dem Satz zitiert: «Diese Aktivität wird intensiviert werden.»

Streit um Gaza-Grenzübergänge
Israel war vor zehn Tagen trotz scharfer internationaler Warnungen von Osten nach Rafah vorgerückt. Seitdem kontrolliert die Armee auch den palästinensischen Teil des Gaza-Grenzübergangs nach Ägypten. Der wichtige Grenzübergang ist seither für humanitäre Hilfsgüter gesperrt. Israel und Ägypten machen sich gegenseitig dafür verantwortlich.

Der wie der Rafah-Übergang im Süden des Gazastreifens gelegene Übergang Kerem Schalom ist trotz wiederholten Beschusses durch die Hamas weiter geöffnet, nach UN-Angaben gelangen aber nicht genug Hilfsgüter in den Küstenstreifen. Das UN-Nothilfebüro OCHA schrieb am Donnerstag bei X, es sei wegen Treibstoffmangels, gestörter Telekommunikation und fortwährender Kämpfe «fast unmöglich», Hilfsgüter innerhalb des Gazastreifens zu verteilen. Dies habe verheerende Auswirkungen auf die rund 2,2 Millionen Einwohner des Gazastreifens. Israel betont dagegen, es unternehme alles, um die Versorgung der Zivilbevölkerung mit Hilfsgütern zu ermöglichen.​

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80 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Tornado
16.05.2024 17:10registriert Januar 2015
Also geht doch. Jetzt die gemässigten Israelis (die Mehrheit) unterstützen, um diese Extremisten (Netanjahu und Konsorten) zu stürzen.
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Overton Window
16.05.2024 17:20registriert August 2022
Nennen wir es doch beim Namen: Genau so wie die Hamas nicht mit Palästina gleichzusetzen ist, ist auch Israel nicht mit dieser von Netanjahu angeführte Bande von Extremisten gleichzusetzen.

Es ist unglaublich, wie lange es dauert, bis auch die Hinterletzten diese Sachlage begriffen haben. Aber auch wenn es lange dauert, wird Bibi, wenn er so weitermacht, irgendwann etwas Urlaub in den Haag machen.
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Walter Sahli
16.05.2024 17:24registriert März 2014
Wenn man braun wählt, kriegt man halt Braunes.
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