In Israel hat es in der Neujahrsnacht erneut in mehreren Städten Raketenalarm gegeben. An der Grenze zum Gazastreifen und im Landesinnern hätten die Sirenen geheult, teilte die israelische Armee in der Nacht zum Montag mit. Wie die Zeitung «Times of Israel» berichtete, schoss die islamistische Hamas aus dem Gazastreifen mehr als 20 Raketen Richtung Israel ab. Die meisten seien von Israels Raketenabwehrsystem Iron Dome (Eisenkuppel) abgefangen worden. Nach Angaben des Rettungsdienstes seien zunächst keine Verletzten durch den Beschuss gemeldet worden, hiess es weiter.
Drei Monate nach Beginn des Krieges gegen die Hamas im Gazastreifen passt Israels Militär seine Truppenaufstellung in Erwartung noch länger andauernder Kämpfe jetzt an und erlaubt einigen Reservisten die einstweilige Rückkehr ins Zivilleben. «Die Ziele des Krieges erfordern einen längeren Kampf, und wir bereiten uns entsprechend vor», sagte Israels Armeesprecher Daniel Hagari am Sonntagabend. Das Militär hält es der «Times of Israel» zufolge für wahrscheinlich, dass der Gaza-Krieg noch das ganze Jahr 2024 hindurch andauern wird.
«Wir passen unsere Art der Kriegsführung und die erforderlichen Kräfte für jedes Gebiet im Gazastreifen an, um den Auftrag bestmöglich zu erfüllen, da jedes Gebiet andere Merkmale und andere operative Notwendigkeiten hat», sagte Hagari. Ein Teil der Reservisten werde diese Woche «zu ihren Familien und an ihren Arbeitsplatz zurückkehren». Dies werde Israels Wirtschaft entlasten und den Reservisten erlauben, «Kraft für die bevorstehenden Aktivitäten» im neuen Jahr zu sammeln.
Israelische Ermittler rekonstruieren unterdessen anhand von rund 200 000 Fotos und Videos sowie 2000 Zeugenaussagen das Massaker vom 7. Oktober in der Absicht, ein Gerichtsverfahren gegen die Verantwortlichen einzuleiten, wie das «Wall Street Journal» am Sonntag berichtete. Es dürfte das bedeutendste Verfahren seit dem Prozess gegen den NS-Verbrecher Adolf Eichmann in Israel im Jahr 1961 werden, hiess es. Dieser hatte während der NS-Zeit Millionen Juden in Vernichtungslager deportieren lassen. Eichmann wurde zum Tode verurteilt und gehängt.
Gerichtsmedizinische Beweise, die der Zeitung nach eigenen Angaben von israelischen Beamten zur Verfügung gestellt wurden, zeigten unter anderem, dass einige Opfer bei lebendigem Leibe verbrannt wurden. Auf Fotos seien Verstümmelungen an Körpern der Opfer zu sehen, darunter auch der Geschlechtsorgane von Männern und Frauen. Die Leichen von Frauen und Mädchen wiesen diverse Anzeichen sexueller Gewalt auf. Die Hamas bestreite, Kinder getötet und Frauen vergewaltigt zu haben.
Israel habe bisher etwa 800 am 7. Oktober ermordete Zivilisten identifiziert, darunter 37 Minderjährige unter 17 Jahren, von denen sechs jünger als fünf Jahre waren, berichtete die Zeitung weiter. Nach Angaben des Leiters des forensischen Zentrums zeigten Computertomographie-Aufnahmen Anzeichen von Folter und Hinrichtungen. Die Terroristen veröffentlichten Videos von Tötungen und Entführungen auf den Seiten ihrer Opfer in sozialen Medien, wo Freunde und Familienangehörige sie ansehen konnten, berichtete das «Wall Street Journal» weiter.
Unterdessen kam es bei Attacken jemenitischer Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe im Roten Meer zu einer direkten Auseinandersetzung mit dem US-Militär. Die proiranische Gruppe habe ein dänisches Containerschiff von vier kleinen Booten aus mit Kleinwaffen angegriffen und probiert, auf das Schiff zu gelangen, teilte das zuständige US-Regionalkommando teilte auf der Plattform X, vormals Twitter, am Sonntag mit. Ein Sicherheitsteam an Bord habe das Feuer erwidert. US-Kräfte seien dann eingeschritten, selbst attackiert worden und hätten schliesslich mehrere der Rebellen getötet, hiess es.
Seit Ausbruch des Gaza-Krieges greifen die Huthis immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Auch greifen sie Israel immer wieder direkt mit Drohnen und Raketen an.
Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist weiter katastrophal. Dennoch setzt Israel die Kämpfe weiter fort. (sda/dpa)