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USA erhöhen Druck auf Israel wegen Rafah nochmals – das Nachtupdate

USA erhöhen Druck auf Israel wegen Rafah nochmals – das Nachtupdate ohne Bilder

Die USA wollen im Gaza-Krieg Israel von seiner geplanten Bodenoffensive gegen die mit Flüchtlingen überfüllte Stadt Rafah abbringen. Israel agiert derweil erneut im grossen Schifa-Spital – hier ist das Nachtupdate.
19.03.2024, 06:16
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Biden fordert erneut Verzicht auf Rafah-Angriff

US-Präsident Joe Biden habe Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in einem Telefonat aufgefordert, in den nächsten Tagen ein Team aus Vertretern von Militär, Geheimdiensten und Spezialisten für humanitäre Hilfe nach Washington zu entsenden, sagte Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan am Montag. Netanjahu habe dem zugestimmt. Ein grösserer Bodeneinsatz in Rafah wäre «ein Fehler», sagte Sullivan. Es gehe darum, den Israelis die Vorbehalte der USA darzulegen und mögliche Alternativen zu erörtern. Zugleich bescheinigte Sullivan Israel Fortschritte im Kampf gegen die islamistische Hamas. So habe Israels Armee die Nummer Drei der Hamas in Gaza, Marwan Issa, in der vergangenen Woche getötet, sagte er, nachdem es tagelang Spekulationen darüber gegeben hatte. Israel hatte zwar gesagt, Issa auf die Spur gekommen zu sein, seinen Tod aber zunächst nicht bestätigt.

Die aktuellen Entwicklungen im Liveticker:

Neue Verhandlungen über Feuerpause und Geiseln

Unterdessen begannen in Katar neue Verhandlungen über eine Feuerpause und die Freilassung weiterer Geiseln. Das israelische Fernsehen berichtete, der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, sei in dem Emirat mit Vermittlern zusammengetroffen. Man gehe davon aus, dass die Gespräche mindestens zwei Wochen lang dauern könnten. Die Hamas hatte den Vermittlern Katar, Ägypten und USA kürzlich einen neuen Vorschlag vorgelegt. Darin verlangt die Hamas nicht mehr, dass Israel den Krieg beendet, bevor die ersten Geiseln gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen ausgetauscht werden. Israel ist jedoch laut Medien pessimistisch und spricht weiter von unrealistischen Forderungen der Terrororganisation. Die Hamas habe in dem neuen Vorschlag eine Reihe anderer Bedingungen gestellt, sagte Sullivan. Israel gingen einige zu weit. Dennoch sei eine Einigung bei den Verhandlungen möglich, sagte Sullivan.

USA: Bodenoffensive in Rafah würde humanitäre Lage verschlimmern

Angesichts der furchtbaren humanitären Lage und der vielen toten Zivilisten gibt es inzwischen aus vielen Ländern Kritik am Vorgehen des israelischen Militärs im Gazastreifen. Aus israelischer Sicht ist ein Sieg über die Hamas ohne einen Einsatz in Rafah jedoch nicht möglich. In dem Fall wird ein Wiedererstarken der Terrororganisation nach dem Krieg befürchtet. «Es gibt internationalen Druck, um uns daran zu hindern, nach Rafah einzudringen und die Arbeit abzuschliessen», sagte Israels Regierungschef Netanjahu kürzlich. Er weise diesen Druck seit Monaten zurück und werde dies weiter tun. Doch nun erhöht Washington als Israels wichtigster Verbündeter den Druck. «Wir sind der Meinung, dass die Hamas weder in Rafah noch anderswo einen sicheren Zufluchtsort haben sollte, aber eine grössere Bodenoperation dort wäre ein Fehler», sagte Sicherheitsberater Sullivan.

«Sie würde zu weiteren unschuldigen zivilen Todesopfern führen, die ohnehin schon düstere humanitäre Krise verschlimmern, die Anarchie in Gaza verschärfen und Israel international weiter isolieren», fügte Sullivan hinzu. Mehr als eine Million Menschen hätten Zuflucht in der an Ägypten grenzenden Stadt im Süden des abgeriegelten Küstenstreifens gesucht, und Israel habe weder den USA noch der Welt einen Plan präsentiert, wie diese Schutzsuchenden in Sicherheit gebracht und versorgt werden könnten, hiess es weiter. «Wir gehen davon aus, dass sie mit der grossen Militäroperation in Rafah nicht vorangehen werden, bis wir dieses Gespräch geführt haben», sagte Sullivan mit Blick auf die nun nach Washington zitierte israelische Delegation. Ein Treffen sei für Ende dieser Woche oder Anfang kommender Woche angepeilt. Einen konkreten Termin gebe es noch nicht, hiess es.

USA vermissen bei Israel nachhaltige Strategie

Es gebe für Israel Möglichkeiten, sich in dem Konflikt durchzusetzen und die Terrorbedrohung aus Gaza zu beenden, ohne in Rafah einzumarschieren, sagte Sullivan. Einzelheiten nannte er nicht. Die USA teilten Israels Ziel, die Hamas zu besiegen. «Aber wir glauben, dass man dafür eine kohärente und nachhaltige Strategie braucht», sagte Sullivan. Als Beispiel für die Schwächen der israelischen Strategie nannte er den erneuten Einsatz im Schifa-Krankenhaus vom Montag. Israel sei zuvor schon einmal gegen die Hamas in dem Krankenhaus vorgegangen. Die Hamas sei jedoch zurückgekehrt. «Das wirft die Frage auf, wie eine nachhaltige Kampagne gegen die Hamas sichergestellt werden kann, sodass sie sich nicht regenerieren und kein Gebiet zurückerobern kann», sagte der Sicherheitsberater.

Israels Armee: Mehr als 40 Terroristen bei Schifa-Einsatz getötet

Mehr als 20 Terroristen seien bei dem nächtlichen Einsatz im Krankenhausbereich getötet worden, darunter Faik al-Mabhuh, Leiter einer Abteilung für innere Sicherheit der Hamas, sagte der Sprecher der israelischen Armee, Daniel Hagari, am Montagabend. Mehr als 20 weitere seien in der Umgebung eliminiert worden. Über 200 Terrorverdächtige habe man festgenommen. Die Angaben konnten unabhängig zunächst nicht überprüft werden. Von der Hamas gab es zunächst keine Bestätigung für den Tod von Al-Mabhuh. Die Terrororganisation kämpfe weiterhin von Krankenhäusern und zivilen Einrichtungen aus und nutze Zivilisten und Patienten als menschliche Schutzschilde, sagte der Armeesprecher. Sie habe versucht, ihre Basis in dem Schifa-Krankenhaus, dem grössten in Gaza, wieder aufzubauen und es als Zufluchtsort zu nutzen. «Wir werden dies nicht zulassen und werden überall dort zuschlagen, wo die Hamas versucht, ihre Kontrolle wiederzuerlangen», sagte er.

EU will erstmals Sanktionen gegen israelische Siedler verhängen

Die EU will unterdessen erstmals Sanktionen gegen radikale israelische Siedler im Westjordanland verhängen. Aussenminister der Mitgliedstaaten verständigten sich am Montag bei einem Treffen in Brüssel auf entsprechende Pläne, wie der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell mitteilte. Sie sollen nun in den kommenden Tagen formalisiert werden. Ungarn kündigte nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur an, das Vorgehen nicht weiter blockieren zu wollen. Hintergrund der Sanktionspläne sind Gewalttaten extremistischer Siedler gegen Palästinenser – insbesondere auch nach dem Hamas-Massaker in Israel vom 7. Oktober. Die Angriffe werden wie der Siedlungsbau an sich als eines der Hindernisse für Bemühungen um eine langfristige Friedenslösung im Nahost-Konflikt gesehen. (sda/dpa/con)

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