International
Deutschland

Scholz fordert bei Nahost-Reise Waffenruhe im Gaza-Krieg

Scholz fordert bei Nahost-Reise dringende Waffenruhe im Gaza-Krieg

17.03.2024, 13:46
Mehr «International»

Bei seiner zweiten Nahost-Reise seit Beginn des Gaza-Kriegs hat Bundeskanzler Olaf Scholz eindringlich eine Waffenruhe gefordert. «Es ist ganz klar, dass wir jetzt alles dafür tun müssen, dass die Situation nicht noch schlimmer wird als sie ist», sagte der SPD-Politiker am Sonntag nach einem Gespräch mit dem jordanischen König Abdullah in Akaba mit Blick auf eine mögliche israelische Bodenoffensive im Süden des Gazastreifens. «Ich glaube, dass eine grosse Zahl von Opfern bei einer solchen Offensive jede friedliche Entwicklung dann sehr schwer machen würde. Das wissen auch viele in Israel.»

German Chancellor Olaf Scholz arrives for cabinet meeting at the chancellery in Berlin, Wednesday, March 13, 2024. (AP Photo/Markus Schreiber)
Bundeskanzler Olaf Scholz.Bild: keystone

In Israel wollte Scholz am Sonntag mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sprechen. Dieser machte unmittelbar davor klar, dass er an einem Militäreinsatz in Rafah an der Grenze zu Ägypten festhalte und ein Ende des Gaza-Krieges vor Erreichen aller israelischen Ziele entschieden ablehne. «Wenn wir den Krieg jetzt beenden, bevor seine Ziele erreicht sind, bedeutet dies, dass Israel den Krieg verloren hat», sagte der Regierungschef. Dies werde man nicht zulassen.

Auch Treffen mit Angehörigen von Geiseln

Neben Netanjahu wollte Scholz auch mit Präsident Izchak Herzog, Minister Benny Gantz sowie Angehörigen von Geiseln sprechen. Der Gaza-Krieg war am 7. Oktober durch einen Terrorangriff der palästinensischen Hamas auf Israel ausgelöst worden. Israel will die Zerstörung der Hamas erreichen und die Geiseln aus der Gewalt der Terrororganisation befreien. Man geht davon aus, dass noch rund 100 von ihnen am Leben sind.

>>> Hier geht es zum Liveticker zum Gaza-Krieg.

Scholz war zehn Tage nach dem Hamas-Angriff erstmals nach Israel gereist, um dem Land die deutsche Solidarität zu versichern. «Die Sicherheit Israels und seiner Bürgerinnen und Bürger ist deutsche Staatsräson», sagte er damals. «Unsere aus dem Holocaust erwachsene Verantwortung macht es uns zu unserer Aufgabe, für die Existenz und die Sicherheit des Staates Israel einzustehen.»

Deutsche Staatsräson: Scholz hält sich mit Kritik an Militäroperation zurück

Mit Kritik an der israelischen Militäroperation gegen die Hamas, bei der nach Angaben der Gesundheitsbehörde der Hamas Zehntausende Menschen getötet worden sind, hat sich Scholz auch aus der deutschen Staatsräson heraus bis heute im Gegensatz zu anderen Verbündeten sehr zurückgehalten. Das wird in der arabischen Welt kritisch verfolgt. Scholz' Mahnungen sind allerdings Schritt für Schritt deutlicher geworden. Inwieweit er bereit ist, Netanjahu bei dem Gespräch in Jerusalem unter Druck zu setzen, blieb vor dem Treffen aber unklar.

Der israelische Ministerpräsident hatte am Freitag die umstrittene Bodenoffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens genehmigt. Dort suchen derzeit nach Schätzungen 1,5 Millionen Palästinenser auf engstem Raum und unter elenden Bedingungen Schutz vor den Kämpfen in den anderen Gebieten des Gazastreifens. Hilfsorganisationen warnen vor vielen weiteren zivilen Toten.

Scholz warnt vor grossen Opferzahlen

Es dürfe nicht dazu kommen, «dass jetzt viele, die in Gaza nach Rafah geflohen sind, unmittelbar bedroht sind» von militärischen Handlungen, mahnte Scholz. «Deshalb habe ich genauso wie der amerikanische Präsident sehr deutlich gemacht, dass wir finden, dass das jetzt hier etwas ist, wo man sehr, sehr, sehr sorgfältig alles tun muss, um weitere grosse Opferzahlen zu vermeiden.»

Mit Blick auf eine geplante Wiederaufnahme indirekter Verhandlungen über eine vorläufige Waffenruhe sagte Scholz: «Für mich ist ganz klar, dass es jetzt auch darum geht, die Möglichkeit zu konkretisieren, die sich in den bestehenden Gesprächen zeigt, zu einem Waffenstillstand, der länger hält, zu kommen.»

Örtlichen Medienberichten zufolge wollte Israels Kriegskabinett noch am Sonntag mit Netanjahu zusammenkommen, um über die Entsendung einer Delegation nach Katar zu entscheiden. Dort sollen in der Hauptstadt Doha die zuletzt ins Stocken geratenen Gespräche über eine Waffenruhe weitergehen, nachdem die islamistische Hamas den Vermittlern einen neuen Vorschlag vorgelegt hatte.

Deutschland beteiligt sich an Luftbrücke für Gaza

Während Scholz in Akaba den jordanischen König traf, bereitete die Luftwaffe knapp 400 Kilometer entfernt auf der «King Abdullah Airbase» in der Nähe der Hauptstadt Amman weitere Hilfsflüge vor. Damit beteiligt sich Deutschland an der jordanischen Initiative einer Luftbrücke für den Gazastreifen. Nachdem am Samstag die erste Lieferung von vier Tonnen Lebensmitteln - unter anderem Reis und Mehl - aus einem Transportflugzeug an Fallschirmen über dem Norden des Palästinensergebietes abgesetzt wurde, erfolgte am Sonntag der zweite Hilfsflug. Auch mehrere andere Staaten hatten Transportflugzeuge im Einsatz.

Erneut Proteste in Israel gegen Netanjahu-Regierung

Einen Tag vor dem Kanzlerbesuch hatten Tausende Menschen in Tel Aviv und anderen israelischen Städten für die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas und gegen die Regierung von Ministerpräsident Netanjahu demonstriert. Mancherorts legten Menschen kleinere Feuer, zündeten Rauchbomben und forderten in Sprechchören die Freilassung der Geiseln. Um einzelne Ansammlungen aufzulösen, setzte die Polizei Wasserwerfer ein. Angehörige der Geiseln forderten ein neues Abkommen für die Freilassung und riefen die Regierung zu schnellem Handeln auf. «Sie haben keine Zeit mehr, wir haben keine Zeit mehr. Macht etwas jetzt, wir brauchen euch!», sagte eine Angehörige bei einer Kundgebung. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
2 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
2
Nach Suizidkapsel-Einsatz in der Schweiz: Razzia bei Sarco-Erfinder in den Niederlanden

Vergangene Woche nahm sich im Kanton Schaffhausen eine Person mit der Suizidkapsel Sarco das Leben. Dies, obwohl der Einsatz des umstrittenen Geräts in der Schweiz nicht zugelassen ist. Sarco-Erfinder Philip Nitschke (77) hat deswegen nun auch in der Niederlande Ärger mit der Justiz: Am Hauptsitz seiner Firma Exit International in Haarlem wurden Computer und ein Sarco-Prototyp beschlagnahmt.

Zur Story