Polens Parlament hat die neue proeuropäische Regierung von Donald Tusk bestätigt. In einer Vertrauensabstimmung votierten am Dienstag 248 von 449 Abgeordneten für Tusks Kabinett. 201 stimmten dagegen. Am Mittwoch will Präsident Andrzej Duda den Regierungschef und seine Minister vereidigen.
Am Vormittag hatte Tusk in seiner Regierungserklärung die Einhaltung der Werte von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit angemahnt und eine gute Zusammenarbeit seines Landes mit der EU angekündigt. «Was wirklich eine Gemeinschaft formt, sind Rechtsstaatlichkeit, die Verfassung, die Regeln der Demokratie, sichere Grenzen und ein sicheres Landesgebiet - das sind die Dinge, über die wir uns nicht streiten dürfen», sagte der 66-jährige ehemalige EU-Ratspräsident.
Der Danziger war bereits von 2007 bis 2014 polnischer Regierungschef. Tusk führt nun eine Koalitionsregierung, die sich aus seiner liberalkonservativen Bürgerkoalition, dem christlich-konservativen Dritten Weg sowie dem Linksbündnis Lewica zusammensetzt. Das Dreierbündnis hatte bei der Wahl am 15. Oktober eine Regierungsmehrheit errungen, jedoch hatte die nationalkonservative PiS-Regierung den Machtwechsel lange hinausgezögert.
Mit der EU lag die PiS-Regierung jahrelang wegen ihrer Justizreform im Clinch. Die EU-Kommission hatte mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen das EU-Mitglied eingeleitet und blockiert einen milliardenschweren Corona-Hilfsfonds.
Unter seiner Regierung werde Polen durch gute Zusammenarbeit die Position eines «Anführers innerhalb der EU» erreichen, sagte Tusk. «Wir sind umso stärker, umso souveräner, je stärker die Europäische Gemeinschaft ist.» Tusk versprach auch, er werde dafür sorgen, dass die eingefrorenen Milliarden aus dem Corona-Hilfsfonds freigegeben würden.
Am Rande der anschliessenden Debatte kam es zu einer antisemitischen Attacke. Der Abgeordnete Grzegorz Braun von der rechtsradikalen Konfederacja griff im Foyer zu einem Feuerlöscher und löschte die Lichter auf einem Chanukka-Leuchter, den Vertreter der jüdischen Gemeinde dort angezündet hatten. In sozialen Medien waren tumultartige Szenen im Pulverdampf zu sehen, bevor Braun das Foyer verliess. Von der Rednertribüne erklärte der Abgeordnete anschliessend, das Anzünden eines Chanukka-Leuchters sei ein «Akt des Satanismus». Parlamentspräsident Szymon Holownia schloss Braun daraufhin von der Sitzung aus und kündigte an, das Präsidium werde Strafanzeige erstatten. Tusk nannte Brauns Aktion eine Schande.
Das Chanukka-Fest erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem nach einem Aufstand gegen die Griechen 164 vor Christus und an das «Lichtwunder» eines acht Tage brennenden Leuchters. Es dauert dieses Jahr bis zum 15. Dezember.
(dab/sda/dpa)