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Plötzlich im TV: Moskau will Attentate auf Beamte inszeniert haben

Und plötzlich sind sie im TV: Moskau will Attentate auf Beamte inszeniert haben

In der Region Cherson wurden in diesem Sommer zwei Beamte in russischen Diensten erschossen. Seit gestern ist aber bekannt: Die beiden leben noch. Die Hintergründe.
13.09.2022, 11:4013.09.2022, 11:54
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Sergey Tomko und Vitaly Gura waren zwei für Russland arbeitende Beamte, die diesen Sommer bei Attentaten erschossen wurden. So glaubte man zumindest. Nun sind aber beide am Montag in einem Beitrag einer russischen Nachrichtensendung erschienen.

Vitaly Gura am Montag im russischen TV-Sender Channel One.
Vitaly Gura am Montag im russischen TV-Sender Channel One.screenshot: channel one

Wie der russische Inlandsgeheimdienst (FSB) und die staatlichen Medien am Montag melden, seien die Morde von Russland als Teil einer verdeckten Operation inszeniert worden. Ziel sei es gewesen, ukrainische Geheimdienstagenten aufzuspüren und zu verhaften. Unter der Schlagzeile «Im Namen der Erlösung inszeniert» berichtet das Staatsfernsehen, wie die Terroranschläge hatten vereitelt werden können.

«Unmittelbare Täter und ihre Komplizen» seien verhaftet worden, schreibt die staatliche Nachrichtenagentur Tass. Zudem soll ein ukrainischer Geheimdienstoffizier, der für die Beaufsichtigung der Attentatsversuche zuständig gewesen sein soll, identifiziert worden sein.

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Wer sind die zwei Beamten?

Vitaly Gura arbeitete als stellvertretender Leiter der südukrainischen Region Cherson. Sergey Tomko hatte in derselben Region das Amt des stellvertretenden Polizeichefs inne. Beide sollen nach der russischen Besetzung Chersons auf die Seite der Russen übergelaufen sein.

Gura berichtet im russischen TV-Sender Channel One von seiner Erfahrung:

«Anfang August wurde mir gesagt, dass Vorbereitungen für ein Attentat auf mich im Gange seien.»

Als Beweis dafür habe man ihm Aufnahmen abgespielt, in der Männer über seine geplante Ermordung sprachen.

Auch Tomko wurde zuvor von russischen Sicherheitsbeamten mit Beweisen für seine geplante Tötung aufgesucht. Beiden wurde dann vorgeschlagen, ihren Tod vorzutäuschen.

Tomko bei seinem Auftritt auf Channel One.
Tomko bei seinem Auftritt auf Channel One.screenshot: channel one

Wie das pro-russische Medium Readovka berichtete, sei der 26-jährige Tomko am 7. Juli in seinem Auto erschossen worden. Auch ein Offizier der ukrainischen Armee berichtete auf Telegram vom vermeintlich erfolgreichen Attentat. Ein Mann sei auf einem Scooter neben Tomkos Auto gefahren und habe auf ihn geschossen.

Kurz vor seinem Tod sei Tomko – mit seinem Entscheid zur Kollaboration mit Russland – zum stellvertretenden Polizeichef befördert worden, schrieb der ukrainische Volksvertreter Oleksey Goncharenko auf Telegram. In der Ukraine gilt er als Verräter, da er sich nach der russischen Besetzung Chersons auf die Seite der Feinde geschlagen hat.

Die vermeintliche Ermordung Vitaly Guras wurde am 6. August vermeldet. Wie TASS berichtete, sei Gura bei sich zu Hause angegriffen worden. Mit mehreren Schusswunden und in ernstem Zustand soll er dann auf die Krim evakuiert worden sein.

In den sozialen Medien kursierten Videos, welche mutmasslich Blutflecken im Hauseingang Guras zeigten:

Wenig später wurde die Information verbreitet, dass Gura auf der Intensivstation seinen Verletzungen erlegen sei.

Auch die Kreml-kritische, russische Zeitung Meduza berichtet über die angeblich erfolgreiche russische Operation. In ihrer Berichterstattung macht sie allerdings deutlich, dass sie diesen russischen Neuigkeiten nicht so richtig Glauben schenkt.

Die Ukraine hat sich nicht öffentlich zu Attentaten auf pro-russische Behördenmitglieder in den eroberten Gebieten bekannt. Auch zu den nun veröffentlichten russischen Behauptungen haben sie sich noch nicht geäussert.

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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olmabrotwurschtmitbürli #wurstkäseszenario
13.09.2022 13:21registriert Juni 2017
Mir ist das Konzept nicht ganz klar, wie man Attentäter schnappt, indem man den Köder entfernt.

Aber der FSB hat da sicher next Level Skills.

Vielleicht...
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lumpensammlerin
13.09.2022 11:59registriert Mai 2019
Das erste Opfer im Krieg ist die Wahrheit - auf allen Seiten.
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Chalbsbratwurst
13.09.2022 14:10registriert Juli 2020
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie glücklich und zufrieden bis... äh... bis sie einen geplanten Unfall haben...
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