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Das musst du zur Teilmobilmachung Russlands wissen – in 4 Punkten

Die 4 wichtigsten Fragen und Antworten zu Russlands Teilmobilmachung

21.09.2022, 11:3121.09.2022, 13:20
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Kremlchef Wladimir Putin hat am Mittwoch die erste Mobilmachung Russlands seit dem Zweiten Weltkrieg angeordnet. Putin hat das Dekret bereits unterzeichnet, wie er in einer Fernsehansprache am Mittwoch erklärte.

Die wichtigsten Punkte:

Wie viele Soldaten werden mobilisiert?

Während der Teilmobilisierung sollen 300'000 Reservisten in Russland einberufen werden, erklärte der russische Verteidigungsminister, Sergei Schoigu, der russischen Nachrichtenagentur «Ria Novosti».

Russland verfüge über eine «riesige Mobilisierungsressource», sagt Schoigu weiter. In Zahlen: Fast 25 Millionen Menschen könnten in Russland theoretisch mobilisiert werden, wie das unabhängige russische Medium «Meduza» schreibt.

FILE Russia's President Vladimir Putin and Russian Defense Minister Sergei Shoigu attend the opening of the Army 2022 International Military and Technical Forum in the Patriot Park outside Moscow ...
Wladimir Putin und Sergei Schoigu im August 2022.Bild: keystone

Doch davon sollen jetzt vorerst nicht alle eingezogen werden, sondern nur solche, die bereits über militärische Erfahrung verfügen:

«Wir sprechen von Teilmobilisierung. Das heisst, nur Reservisten werden wehrpflichtig. Und von denen auch nur diejenigen, die bereits gedient haben und über einschlägige militärische Erfahrungen verfügen.»
Wladimir Putin

Die Reservisten würden den gleichen Status und die gleiche Bezahlung bekommen wie die jetzigen Vertragssoldaten und auch vor dem Fronteinsatz noch einmal militärisch geschult werden, versicherte Putin davor in seiner Rede.

Warum kommt die Teilmobilisierung jetzt?

Mit der Teilmobilmachung wolle der russische Präsident vermutlich die Frontlinien verstärken, analysiert der Militärexperte Carlo Masala für ZDF. Gleichzeitig wolle Putin wohl die professionellen Militärs entlasten, die derzeit oft selbst an der Front kämpfen müssen.

Obwohl keine verifizierbaren Angaben gemacht werden können über die Verluste Russlands in der Ukraine, ist anzunehmen, dass Russland seit Beginn des Konflikts viele Soldaten verloren hat - wohl mehrere Zehntausend. Die Teilmobilmachung ist eine Möglichkeit, die Truppen in der Ukraine zu verstärken und wieder aufzustocken.

A woman collects wood for heating from a destroyed school where Russian forces were based in the recently retaken area of Izium, Ukraine, Monday, Sept. 19, 2022. Residents of Izium, a city recaptured  ...
Eine alte Frau sucht Feuerholz in einer zerstörten Schule, Isjum, 19. September 2022.Bild: keystone
Emergency workers dig into a grave of a civilian during an exhumation in the recently retaken area of Izium, Ukraine, Saturday, Sept. 17, 2022. Ukrainian authorities discovered a mass burial site near ...
Gräber von Zivilpersonen zeugen von den Gräueltaten der russischen Besatzer, Isjum, 17. September 2022.Bild: keystone

In den letzten Wochen hat Russland zudem territoriale Verluste gemacht in der Ostukraine. So konnte die ukrainische Armee strategisch wichtige Gebiete zurückerobern: im Nord-Osten des Landes zum Beispiel die Stadt Isjum.

Spricht Putin jetzt von «Krieg»?

Nein, das tut er nicht. Putins TV-Rede war gespickt mit dem altbekannten Anti-Nato- und Nazi-Narrativ. Masala meint dazu, dass so versucht wurde, zu verschleiern, dass die russische Armee gegen die Ukraine empfindliche Niederlagen einstecken musste.

Putin begründete den Schritt damit, dass «Russland gegen den kollektiven Westen vorgehen müsse», der versuche, die Einheit Russlands zu zerstören:

«Sie sagten bereits 1991, dass sie die Sowjetunion spalten. Und jetzt ist die Zeit für Russland gekommen, dass es in viele tödlich verfeindete Regionen zerfallen soll.»
Wladimir Putin

Doch um die «territoriale Integrität Russlands» zu schützen, brauche es jetzt eine Teilmobilisierung, wie der Kremlchef ausführte. Denn nur so könne garantiert werden, dass die russischen Landsleute in den durch die russische Armee «befreiten» Gebieten ihre Zukunft weiterhin selbst bestimmen könnten, da der «kollektive Westen» nicht an einer friedlichen Lösung interessiert sei, so Putin in seiner Rede.

«Wir werden sicherlich alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um Russland und unser Volk zu schützen – das ist kein Bluff.»
Wladimir Putin

Wie reagieren die Ukraine und der Westen?

Auf ukrainischer Seite ist von einer «vorhersehbaren Massnahme» die Rede. «Diese Entscheidung unterstreicht, dass der Krieg nicht nach Moskaus Plan verläuft», meint der ukrainische Präsidentenberater Mykhailo Podoliak gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Die US-Botschafterin in der Ukraine, Bridget Brink, attestiert Russland auf Twitter: «Scheinreferenden und Mobilisierungen sind Zeichen der Schwäche, des russischen Versagens.» Weiter versichert sie, dass ihr Land «die Ukraine so lange unterstützen werde, wie es notwendig ist.»

Die parlamentarische Staatssekretärin im Amt für Auswärtige Angelegenheiten Grossbritanniens, Gillian Keegan, warnte hingegen vor einer Eskalation und einem drohenden Kontrollverlust:

«Das ist eindeutig etwas, das wir sehr ernst nehmen sollten, weil wir nicht die Kontrolle haben – ich bin mir auch nicht sicher, ob er die Kontrolle hat, wirklich. Das ist offensichtlich eine Eskalation.»
Gillian Keegan

(yam)

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257 Kommentare
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BG1984
21.09.2022 11:48registriert August 2021
...und die Schweiz und die EU kaufen weiterhin russische Diamanten. Jetzt muss alles aus Russland sanktioniert werden. Das Reisen muss den Russen erschwert werden, Staaten und Firmen die mit Russland geschäften müssen ebenfalls sanktioniert werden.
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Bruchpilot
21.09.2022 14:00registriert Juli 2020
Aha, die territoriale Integrität Russlands lässt sich also nur vergeidigen, indem
die territoriale Integrität der Ukraine gewaltsam zerstört wird und man sich diesen souveränen Staat einverleibt?
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NicksName
21.09.2022 12:13registriert November 2017
Also noch mehr Russen, die in Särgen zurück kommen, und jetzt auch für alle sichtbar. Der Despot stürzt sich in den freien Fall. Möge er hart aufschlagen und sich nie mehr erheben.
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