Kremlchef Wladimir Putin hat am Mittwoch die erste Mobilmachung Russlands seit dem Zweiten Weltkrieg angeordnet. Putin hat das Dekret bereits unterzeichnet, wie er in einer Fernsehansprache am Mittwoch erklärte.
Die wichtigsten Punkte:
Während der Teilmobilisierung sollen 300'000 Reservisten in Russland einberufen werden, erklärte der russische Verteidigungsminister, Sergei Schoigu, der russischen Nachrichtenagentur «Ria Novosti».
Russland verfüge über eine «riesige Mobilisierungsressource», sagt Schoigu weiter. In Zahlen: Fast 25 Millionen Menschen könnten in Russland theoretisch mobilisiert werden, wie das unabhängige russische Medium «Meduza» schreibt.
Doch davon sollen jetzt vorerst nicht alle eingezogen werden, sondern nur solche, die bereits über militärische Erfahrung verfügen:
Die Reservisten würden den gleichen Status und die gleiche Bezahlung bekommen wie die jetzigen Vertragssoldaten und auch vor dem Fronteinsatz noch einmal militärisch geschult werden, versicherte Putin davor in seiner Rede.
Mit der Teilmobilmachung wolle der russische Präsident vermutlich die Frontlinien verstärken, analysiert der Militärexperte Carlo Masala für ZDF. Gleichzeitig wolle Putin wohl die professionellen Militärs entlasten, die derzeit oft selbst an der Front kämpfen müssen.
Obwohl keine verifizierbaren Angaben gemacht werden können über die Verluste Russlands in der Ukraine, ist anzunehmen, dass Russland seit Beginn des Konflikts viele Soldaten verloren hat - wohl mehrere Zehntausend. Die Teilmobilmachung ist eine Möglichkeit, die Truppen in der Ukraine zu verstärken und wieder aufzustocken.
In den letzten Wochen hat Russland zudem territoriale Verluste gemacht in der Ostukraine. So konnte die ukrainische Armee strategisch wichtige Gebiete zurückerobern: im Nord-Osten des Landes zum Beispiel die Stadt Isjum.
Nein, das tut er nicht. Putins TV-Rede war gespickt mit dem altbekannten Anti-Nato- und Nazi-Narrativ. Masala meint dazu, dass so versucht wurde, zu verschleiern, dass die russische Armee gegen die Ukraine empfindliche Niederlagen einstecken musste.
Putin begründete den Schritt damit, dass «Russland gegen den kollektiven Westen vorgehen müsse», der versuche, die Einheit Russlands zu zerstören:
Doch um die «territoriale Integrität Russlands» zu schützen, brauche es jetzt eine Teilmobilisierung, wie der Kremlchef ausführte. Denn nur so könne garantiert werden, dass die russischen Landsleute in den durch die russische Armee «befreiten» Gebieten ihre Zukunft weiterhin selbst bestimmen könnten, da der «kollektive Westen» nicht an einer friedlichen Lösung interessiert sei, so Putin in seiner Rede.
Auf ukrainischer Seite ist von einer «vorhersehbaren Massnahme» die Rede. «Diese Entscheidung unterstreicht, dass der Krieg nicht nach Moskaus Plan verläuft», meint der ukrainische Präsidentenberater Mykhailo Podoliak gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Die US-Botschafterin in der Ukraine, Bridget Brink, attestiert Russland auf Twitter: «Scheinreferenden und Mobilisierungen sind Zeichen der Schwäche, des russischen Versagens.» Weiter versichert sie, dass ihr Land «die Ukraine so lange unterstützen werde, wie es notwendig ist.»
Sham referenda and mobilization are signs of weakness, of Russian failure. The United States will never recognize Russia's claim to purportedly annexed Ukrainian territory, and we will continue to stand with Ukraine for as long as it takes.
— Ambassador Bridget A. Brink (@USAmbKyiv) September 21, 2022
Die parlamentarische Staatssekretärin im Amt für Auswärtige Angelegenheiten Grossbritanniens, Gillian Keegan, warnte hingegen vor einer Eskalation und einem drohenden Kontrollverlust:
(yam)
die territoriale Integrität der Ukraine gewaltsam zerstört wird und man sich diesen souveränen Staat einverleibt?