Kann sich das AKW Saporischschja selbst mit Energie versorgen oder nicht? Das ist eine der Kernfragen im Ringen um die Wahrheit rund um Europas grösstem Atomkraftwerk.
Am Donnerstag war es dort zu einem Notfall gekommen, laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskyj drohte im AKW sogar der Super-GAU. Gemäss der ukrainischen Darstellung wurde das Kraftwerk nach russischem Beschuss zwischenzeitlich komplett vom regulären ukrainischen Stromnetz abgehängt und nur noch über eine Notleitung mit Elektrizität versorgt. Beide bis zuletzt betriebenen Reaktorblöcke seien notabgeschaltet worden. In einer Videobotschaft warnte Selenskyj am Donnerstag eindringlich:
Unterdessen hiess es aus Kiew, das Kraftwerk sei zwar wieder am ukrainischen Stromnetz. Die beiden Blöcke seien aber weiter ausser Betrieb.
Russische Kreise vor Ort berichteten zwar auch von der zwischenzeitlichen Abschaltung beider Reaktoren - erklärten aber, dass einer bereits wieder hochgefahren worden sei. Die Angaben beider Seiten liessen sich nicht unabhängig überprüfen.
Dass AKWs, die mitten im Kriegsgebiet stehen, besonders heisse Eisen sind, zeigt sich nicht erst seit den Kämpfen um Saporischschja, sondern in der generellen Anfälligkeit solcher Anlagen in einer Krise.
Worin aber liegt das eigentliche Problem? Gut erklärt hat es der deutsche Nuklearexperte Wolfgang Raskob in einem Interview mit spiegel.de. Die Zusammenfassung in drei Punkten:
Am Freitag wurde das AKW Saporischschja erneut von ukrainischer Artillerie beschossen, hiess es aus Moskau. Die Ukraine wirft den russischen Truppen vor, das AKW als Schutzschild zu benutzen, für Angriffe und selbst Angriffe «unter falscher Flagge» durchzuführen. Moskau seinerseits lehnt eine Übergabe des Atomkraftwerks an Kiew ab. Die Ukraine, so der Kreml, könne die Sicherheit im AKW nicht gewährleisten.
Hoffnungen gibt nun der Umstand, dass sowohl die Ukraine als auch Russland zuletzt zusagten, grünes Licht für eine Kontrolle durch die Internationale Atomaufsichtsbehörde IAEA gegeben zu haben. IAEA-Inspekteure wären planmässig Anfang September ohnehin nach Saporischschja gefahren für eine Kontrolle der Anlagen. Nun sieht es nicht allzu schlecht aus, dass ein solcher Besuch bereits früher, in den nächsten Tagen, stattfinden kann.
Und ein solcher Besuch wäre zentral. Denn nun braucht es unabhängige Informationen darüber, was in Saporischschja genau vor sich geht, und zu den Sicherheitssystemen im grössten AKW Europas. (bzbasel.ch)
Aber genau diese Menschen arbeiten jetzt wie Geiseln von Terroristen und stehen auch unter hohem psychischen Druck, weil sie nicht wissen, was mit ihren Angehörigen geschieht, welche vom russischen Militär aus der Deckung des AKW's heraus beschossen werden!
Es droht also "menschliches Versagen", wobei dieses menschliche Versagen eigentlich im Kreml angefangen hat und sich nun über eine verhängnisvolle Kette bis an die Peripherie des russischen Einflussbereiches fortsetzt...