Russland behauptet, die Ukraine beschiesse das grösste AKW Europas, die Ukraine behauptet, Russland nutze das Kraftwerk in Saporischschja als Schutzschild. Aufklären kann nur die internationale Atomaufsicht. Das Sicherheitsproblem kurz erklärt.
Daniel Fuchs / ch media
Kann sich das AKW Saporischschja selbst mit Energie versorgen oder nicht? Das ist eine der Kernfragen im Ringen um die Wahrheit rund um Europas grösstem Atomkraftwerk.

Gegenstand der Kriegspropaganda: Bei Saporischschja steht das grösste AKW Europas.Bild: keystone
Am Donnerstag war es dort zu einem Notfall gekommen, laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskyj drohte im AKW sogar der Super-GAU. Gemäss der ukrainischen Darstellung wurde das Kraftwerk nach russischem Beschuss zwischenzeitlich komplett vom regulären ukrainischen Stromnetz abgehängt und nur noch über eine Notleitung mit Elektrizität versorgt. Beide bis zuletzt betriebenen Reaktorblöcke seien notabgeschaltet worden. In einer Videobotschaft warnte Selenskyj am Donnerstag eindringlich:
«Jede Minute, die das russische Militär im Kernkraftwerk bleibt, bedeutet das Risiko einer globalen Strahlenkatastrophe.»
Unterdessen hiess es aus Kiew, das Kraftwerk sei zwar wieder am ukrainischen Stromnetz. Die beiden Blöcke seien aber weiter ausser Betrieb.
Russische Kreise vor Ort berichteten zwar auch von der zwischenzeitlichen Abschaltung beider Reaktoren - erklärten aber, dass einer bereits wieder hochgefahren worden sei. Die Angaben beider Seiten liessen sich nicht unabhängig überprüfen.
Das Problem der Stromabhängigkeit von AKWs einfach erklärt
Dass AKWs, die mitten im Kriegsgebiet stehen, besonders heisse Eisen sind, zeigt sich nicht erst seit den Kämpfen um Saporischschja, sondern in der generellen Anfälligkeit solcher Anlagen in einer Krise.
Worin aber liegt das eigentliche Problem? Gut erklärt hat es der deutsche Nuklearexperte Wolfgang Raskob in einem Interview mit spiegel.de. Die Zusammenfassung in drei Punkten:
- Erstens ist eine Abschaltung bei einem AKW nicht einfach so möglich. Denn ohne Kühlung noch während Monaten drohen die sogenannte Kernschmelze und das Entweichen von Radioaktivität.
- Zweitens benötigt der Antrieb dieser Kühlsysteme selbst Strom. In Saporischschja kam es im Zuge der Notabschaltung am Donnerstag zu einem kompletten Stromausfall in der Region. Das heisst, Notstromaggregate werden benötigt, um die Kühlung weiterzubetreiben. Und diese Notstromaggregate müssen genug leistungsfähig sein und mit Treibstoff versorgt werden.
- Drittens, was aber, wenn der Treibstoff ausgeht - im Krieg ja nichts Ungewöhnliches - und das AKW wie im Fall von Saporischschja vom Stromnetz «abgeklemmt» wird? Westliche AKWs können laut Experte Raskob in solchen Fällen in den sogenannten «Inselbetrieb» übergehen. Was bedeutet, dass einer der Reaktoren weiterläuft und die Kühlung der heissen Reaktoren antreiben kann. Ob das AKW Saporischschja in einen solchen Inselbetrieb versetzt werden kann, ist unklar.
Steht eine IAEA-Inspektion in Saporischschja kurz bevor?
Am Freitag wurde das AKW Saporischschja erneut von ukrainischer Artillerie beschossen, hiess es aus Moskau. Die Ukraine wirft den russischen Truppen vor, das AKW als Schutzschild zu benutzen, für Angriffe und selbst Angriffe «unter falscher Flagge» durchzuführen. Moskau seinerseits lehnt eine Übergabe des Atomkraftwerks an Kiew ab. Die Ukraine, so der Kreml, könne die Sicherheit im AKW nicht gewährleisten.
Hoffnungen gibt nun der Umstand, dass sowohl die Ukraine als auch Russland zuletzt zusagten, grünes Licht für eine Kontrolle durch die Internationale Atomaufsichtsbehörde IAEA gegeben zu haben. IAEA-Inspekteure wären planmässig Anfang September ohnehin nach Saporischschja gefahren für eine Kontrolle der Anlagen. Nun sieht es nicht allzu schlecht aus, dass ein solcher Besuch bereits früher, in den nächsten Tagen, stattfinden kann.
Und ein solcher Besuch wäre zentral. Denn nun braucht es unabhängige Informationen darüber, was in Saporischschja genau vor sich geht, und zu den Sicherheitssystemen im grössten AKW Europas. (bzbasel.ch)
Peinlich: Russlands Roboter-Hund ist eigentlich von AliExpress
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Neuseelands grösste Stadt Auckland hat nach einem Rekordregen vom Freitag auch über das Wochenende weiter mit viel Niederschlag zu kämpfen gehabt. Mindestens vier Menschen seien bisher durch das ungewöhnliche Sommer-Unwetter ums Leben gekommen, schrieben die Zeitung «New Zealand Herald» und andere Medien am Sonntag.