International
Syrien

Syrien: Deutsche Botschaft nach 13 Jahren wiedereröffnet

German Foreign Minister Annalena Baerbock, right and Syria Foreign Minister Asaad al-Shaybani, meet for talks at the Munich Security Conference, in Munich, Germany, Saturday, Feb.15, 2025. (Peter Knef ...
Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock und der syrische Aussenminister Asaad al-Shaybani trafen sich schon zu einem Gespräch auf der Münchner Sicherheitskonferenz in München am 15. Februar 2025.Bild: keystone

Syrien: Deutsche Botschaft nach 13 Jahren wiedereröffnet

20.03.2025, 11:2320.03.2025, 11:23
Mehr «International»

Gut drei Monate nach dem Sturz des syrischen Langzeitherrschers Baschar al-Assad hat Deutschland wieder eine Botschaft in Syrien. Aussenministerin Annalena Baerbock eröffnete die 2012 nach Beginn des Bürgerkriegs geschlossene Vertretung bei ihrem Besuch in der Hauptstadt Damaskus. Eine niedrige einstellige Zahl deutscher Diplomaten soll nun vor Ort Stabilisierung und Wiederaufbau des schwer zerstörten Landes unterstützen.

Baerbock will Neuanfang mit Syrien

Baerbock hatte den Syrern schon vor ihrer Ankunft in Damaskus anhaltende humanitäre Hilfe und eine weitere Lockerung von Sanktionen in Aussicht gestellt – aber nur unter bestimmten Bedingungen. «Ein politischer Neuanfang zwischen Europa und Syrien, zwischen Deutschland und Syrien ist möglich», sagte die scheidende Ministerin. «Dies ist aber auch mit klaren Erwartungen verbunden, dass Freiheit, Sicherheit und Chancen in Syrien für alle Menschen gelten – für Frauen und Männer, für Angehörige aller Ethnien und Religionen.»

Im Dezember war der syrische Langzeitherrscher Assad nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg von einer Rebellenallianz unter Führung der Islamistengruppe Halat Tahrir al-Scham gestürzt worden. Nun wird das Land von einer Übergangsregierung um den Präsidenten Ahmed al-Scharaa geführt, von der man noch nicht weiss, wo sie hinsteuert. Erst vor zwei Wochen hatte eine Militäraktion gegen Assad-Anhänger in der Küstenregion im Nordwesten des Landes mit hunderten Toten für neues Misstrauen gesorgt.

Ein syrischer Hausmeister hielt die Stellung

In der deutschen Botschaft in Damaskus arbeiteten früher 25 bis 30 entsandte Diplomaten und rund 20 lokale Angestellte. Sie war damit eine Auslandsvertretung mittlerer Grösse. 2012 wurde sie aus Sicherheitsgründen geschlossen und stand seitdem leer. Als Baerbock das Gebäude bei ihrem ersten Besuch in Damaskus nach dem Sturz Assads im Januar besichtigte, hing noch ein Bild des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff (Amtszeit 2010 bis 2012) an der Wand.

In den vergangenen Jahren kümmerte sich ein lokaler Angestellter um das Gebäude, der bereits seit 26 Jahren für die Botschaft arbeitet. Er übergab den Schlüssel an die Grünen-Politikerin. Geleitet werden soll die Vertretung nun zunächst von dem Diplomaten Stefan Schneck, der dann als Geschäftsträger fungiert. Ein Botschafter soll erst später benannt werden.

Tagesgeschäft an geheimem Ort - Visavergabe in Beirut

Aus dem Auswärtigen Amt heisst es, mit der Präsenz vor Ort könne man zum Beispiel den wichtigen Kontakt zur Zivilgesellschaft besser pflegen und direkt und unmittelbar auf gravierende Fehlentwicklungen reagieren. Die Erteilung von Visa soll wie auch in den letzten Jahren die Botschaft im libanesischen Beirut übernehmen.

Das bisherige Botschaftsgebäude kann aus Sicherheitsgründen derzeit nur punktuell für Gespräche genutzt werden. Baerbock erwähnte bei der Schlüsselübergabe ein Einschussloch und mögliche Wanzen in dem Gebäude aus der Zeit des Leerstands. Das Tagesgeschäft findet daher bis auf Weiteres an einem anderen Ort statt, der geheim gehalten wird. Ob die Botschaft irgendwann wieder ganz genutzt werden kann, ist noch offen.

Gewaltausbruch mit Hunderten Toten vor zwei Wochen

Das hängt auch von der weiteren Entwicklung der Lage in Syrien ab. Befriedet ist das Land noch lange nicht. Anfang des Monats griffen bewaffnete Anhänger der gestürzten Assad-Regierung Sicherheitskräfte an, worauf die Übergangsregierung mit einer grossen Militäroperation reagierte. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sollen rund 1.500 Menschen getötet worden sein, ein Grossteil davon Alawiten - eine Glaubensgemeinschaft, der auch Assad angehört. Die Beobachter sprachen von regelrechten «Massakern».

Baerbock traf in der Botschaft einige Betroffene. Schon vor ihrem Abflug nannte sie die gezielte Tötung von Zivilisten ein «schlimmes Verbrechen» und forderte die Übergangsregierung auf, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Genauso vehement forderte sie aber die Aufarbeitung der Gräueltaten, die Assad zu verantworten hat.

Rundgang durch Ruinenlandschaft

Was die Assad-Regierung in Damaskus während des Bürgerkriegs angerichtet hat, konnte Baerbock bei einem Rundgang durch den Stadtteil Dschubar besichtigen. In der früheren Rebellenhochburg, in der 2011 der Aufstand gegen den Langzeitherrscher in der Hauptstadt begann, lebten einst 380.000 Menschen. Jetzt ist es eine entvölkerte Ruinenlandschaft.

Sie wirke auf ihn «wie Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg», sagte der CDU-Politiker Armin Laschet, der Baerbock bei ihrem Besuch begleitete. «Aber die Menschen haben die Hoffnung, dass es einen Wiederaufbau gibt.» Dabei müsse Deutschland helfen.

Einer der wenigen, die in Dschubar zurückgeblieben sind, ist der Friedhofswärter Mahmud Abu Fahand, der Baerbock und Laschet durch die Trümmer von Jobar führte. «Das alles können wir wieder aufbauen, aber unsere Kinder bekommen wir nicht zurück», sagte er. (sda/dpa/les)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Sturz der syrischen Regierung
1 / 28
Sturz der syrischen Regierung
Syrer feiern auf dem Umayyad-Platz in Aleppo, Syrien.
quelle: keystone / omar sanadiki
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Syrer bestaunen al-Assads Luxuspalast
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
9 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
9
    Israel greift Iran an – Netanjahu kündigte Operation an Klagemauer an
    Hatte Netanjahu bereits am Vortag verraten, was geplant war? Ein Zettel an der Klagemauer hätte bereits Hinweise auf den bevorstehenden Angriff geben können.

    Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat die Angriffe der israelischen Streitkräfte auf den Iran offenbar bereits am Vortag versteckt angedeutet. So hinterliess er eine Botschaft an der Klagemauer in Jerusalem, die auf die Aktion hinwies.

    Zur Story