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Ukraine

Gefahr für Ukraine nach Waffenlieferstopp der USA steigt

Die jüngsten Nachrichten aus den USA wiegen schwer für die Ukraine

Die Ukraine ist in der Nacht einmal mehr zum Ziel schwerer russischer Angriffe aus der Luft geworden – umso schwerer wiegen die jüngsten Nachrichten aus den USA. Demnach stoppt Washington die Lieferung einiger bereits zugesagter Waffen an das von Russland angegriffene Land. Waffen, die die Ukraine bitter nötig hätte.
02.07.2025, 12:4902.07.2025, 13:02
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In der Nacht zum Mittwoch haben russische Truppen nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe 114 Drohnen und 4 umfunktionierte Raketen des Flugabwehrsystems S-300 für ihre Attacken eingesetzt. Einschläge gab es in den Regionen Charkiw, Cherson, Dnipropetrowsk und Donezk.

Seit Wochen versucht das russische Militär, die Flugabwehr der Ukrainer zu überlasten. Mitunter mehrfach in der Woche werden in grossen Wellen Raketen und Drohnen gegen das Nachbarland geschickt. In einigen Nächten stieg die Anzahl der eingesetzten auf weit über 400. In der Hauptstadt Kiew wurden so allein im Juni mehr als 40 Menschen getötet. Weil die Flugabwehrsysteme für eine Abdeckung der Fläche nicht ausreichen, ist die ukrainische Flugabwehr gezwungen, die vorhandenen Systeme in den Städten konzentrieren.

Das sind die neusten Updates zum Ukraine-Krieg.

US-Lieferstopp aus Angst vor eigenen Engpässen

Unter diesen Umständen ist die Nachricht des teilweisen Lieferstopps, die Kiew nun aus den USA erreichte, umso bitterer. Betroffen seien Raketen und Munition, berichteten «Politico» und der Sender NBC News unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Person beziehungsweise Verteidigungsbeamte und Kongressmitglieder. Hintergrund der Entscheidung aus dem Pentagon ist demnach die Sorge vor zu geringen US-Waffenbeständen. Zuvor habe es eine Überprüfung der Bestände gegeben, berichteten die Medien übereinstimmend.

Das Weisse Haus bestätigte auf Anfrage keine Details. In einem Statement der stellvertretenden Sprecherin des Weissen Hauses, Anna Kelly, hiess es aber: «Diese Entscheidung wurde getroffen, um die Interessen Amerikas in den Vordergrund zu stellen, nachdem das Verteidigungsministerium die militärische Unterstützung und Hilfe unserer Nation für andere Länder auf der ganzen Welt überprüft hatte.» Das US-Verteidigungsministerium äusserte sich auf Anfrage zunächst nicht.

Flugabwehr wird löchrig

Unter den vorenthaltenen Waffensystemen sind den NBC News zufolge auch Dutzende Patriot-Raketen, die der Ukraine noch vom ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden zugesagt wurden. Diese braucht das Land dringend für die Abwehr russischer Luftangriffe. Zuletzt hatten US-Medien die Vorräte für die über 30 Patriot-Startgeräte auf unter 200 Abfangraketen geschätzt.

Bei einem Treffen mit US-Präsident Donald Trump versuchte der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj vergangene Woche in Den Haag, diesen zum Verkauf weiterer Patriot-Systeme an sein Land zu überreden. Ein Ergebnis brachte das Gespräch nicht. Trump erklärte später, dass die USA nicht so viele der Flugabwehrkomplexe habe und sie selbst benötige.

Die Trump-Regierung hatte die US-Militärhilfe für die Ukraine bereits Anfang März vorerst eingestellt. Zur Begründung hiess es damals aus dem Weissen Haus, dass Trumps Fokus auf Frieden liege. Nun sind den Berichten zufolge Lieferungen betroffen, die noch von der Vorgänger-Regierung unter Joe Biden genehmigt worden waren.

Welche Hilfe kann Europa leisten?

Unter diesen Umständen wird für die Ukraine die Hilfe aus Europa, speziell aus Deutschland noch wichtiger. Dem Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel zufolge haben die Europäer die USA bereits beim Umfang der Militärhilfe überholt. «Zum ersten Mal seit Juni 2022 hat Europa damit die USA bei der gesamten Militärhilfe übertroffen – mit insgesamt 72 Mrd. EUR gegenüber 65 Mrd. EUR aus den Vereinigten Staaten», hiess es Mitte Juni vom IfW. Berücksichtigt wurden Lieferungen bis einschliesslich April. Inzwischen dürfte sich diese Tendenz verstärkt haben.

Gerade auf Deutschland kommt es unter diesen Umständen an. Doch welche Möglichkeiten gibt, die Flugabwehr zu verstärken? Berlin hat neben den US-Patriot-Systemen aus dem Bundeswehrbestand auch die Eigenproduktion Iris-T an Kiew übergeben. Laut deutscher Regierung stehen inzwischen sechs solcher Systeme in der Ukraine. Diese haben sich beim Schutz von Städten bewährt.

Allerdings haben sie ihre Beschränkungen. Sie sind auf kurze und mittlere Entfernungen ausgelegt. Für die Abwehr von Drohnen sind zudem auch die von Deutschland gelieferten Flugabwehrkanonenpanzer Gepard geeignet. Ballistische Raketen können allerdings bisher nur mit Patriot-Systemen abgefangen werden.

Reaktion aus Kiew – und aus Moskau

In Kiew wurde nach Bekanntwerden des Lieferstopps der stellvertretende Leiter der US-Botschaft John Ginkel ins Aussenministerium einbestellt. Die ukrainische Vizeaussenministerin Marjana Beza betonte, dass jede Verzögerung der Waffenhilfen Russland nur dazu anhalte, weiter auf Krieg und Terror zu setzen, statt Frieden zu suchen.

Moskau reagierte hingegen erfreut und siegesgewiss. Die Entscheidung hänge wohl mit den leeren Waffenarsenalen in den USA zusammen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. «Aber in jedem Fall, je weniger Waffen die Ukraine bekommt, desto näher ist das Ende der militärischen Spezialoperation», sagte er. Mit «militärischer Spezialoperation» bezeichnet Moskau euphemistisch seinen seit drei Jahren währenden Angriffskrieg gegen die Ukraine. (sda/dpa)

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182 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Vecchio Trombone
02.07.2025 13:02registriert Juni 2024
Und was lernen wir daraus?

Antwort aus dem VBS: Das könnte uns nicht passieren. Wir haben Verträge und in den Verträgen steht klar und deutlich, dass …
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Nennt mich einfach Josef
02.07.2025 13:15registriert Oktober 2016
Und wir Schweizer haben uns entschieden, das Flugabwehr System Rapier aus den 1980 Jahren zu verschrotten statt es einfach der Ukraine zu spenden.

Denn nichts ist uns wichtiger, als dass demokratieverachtende Schurkenstaaten von unserer Neutralität profitieren.
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HappyUster
02.07.2025 12:57registriert August 2020
Dear mr President
Jede tote zivile Person in der Ukraine geht auf ihre (wenn sie denn eine haben) Seele!
Wie kann man ein Land, dass die Demokratie erreichen will so im Stich lassen?!

Schweizer Politiker
Nun ist aber endlich Fertig mit sich hinter der Neutralität verstecken! Ruzzland hat unsere Neutralität ja aberkannt. Somit dürfen wir gerne (Gepard) Munition und Freigaben an die Ukraine Liefern!

Danke für ihre Zeit
HappyUster
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