Ein sorgloser Satz im Vorbeigehen hat einem Jugendlichen auf der Krim erheblichen Ärger gebracht. Der 16-Jährige gab in einem Interview mit der deutschen Putin-Propagandistin Alina Lipp eine Antwort, die diese sichtlich überraschte: Er sei für die Ukraine.
Lipp, die vor allem in Telegram-Kanälen russische Propaganda verbreitet, hatte auf der von Russland 2014 annektierten Krim Menschen gefragt, ob sie Sorge vor einer ukrainischen Offensive haben. Die Kernbotschaft ihres Beitrags sollte sein, dass die Krim-Bewohner über die Ankündigungen des ukrainischen Präsidenten und vorgeblichen «Clowns» Wolodomir Selenskij lachen würden.
Der junge Mann, der mit einem Freund auf einer Uferpromenade schlenderte, antwortete ihr im Weitergehen jedoch mit einer Sympathiebekundung für die Ukraine. Lipp zeigte in ihrem Beitrag auch diese Szene. Obwohl sie mit ihrer Berichterstattung eigentlich aufzeigen wollte, dass auf der Halbinsel die Zustimmung zu Russlands Krieg überwältigend sei.
Kremlchef Wladimir Putin legitimiert den angeblichen Besitz der Krim durch ein im März 2014 eilig einberufenes Referendum. Der Westen spricht hingegen von einer Annexion – also einer gewaltsamen und völkerrechtswidrigen Aneignung. Kiew plant offenbar derzeit, eine militärische Befreiung der Halbinsel.
Kurz nach der Veröffentlichung von Lipps Beitrag begann in russischen Kanälen eine Suche nach dem Jugendlichen: Prorussische Blogger forderten seine Bestrafung. Dann trat auch das ein, was Selenskij-Berater Mychajlo Podoljak bereits prophezeit hatte: Es tauchte ein Video auf, offenbar aus einer Polizeistation, in dem der junge Mann sich für seinen Satz entschuldigte: «Ich gestehe meine Dummheit». Als erstes wolle er sich vor den Bürgern der russischen Föderation entschuldigen, dann auch vor Russland und vor dem russischen Präsidenten. Unklar ist, ob der junge Mann oder seine Familie weitere Folgen zu befürchten haben.
Das Entschuldigungsvideo erschien in einer Art Fahndungsportal des auf der Krim bekannten Bloggers Alexander Talipow. Talipow arbeitet offenbar eng mit den russischen Behörden zusammen, mehrfach wurden kurz nach seinen Veröffentlichungen Verfahren eingeleitet und er gelangte an Videos der Betroffenen bei der Polizei. Am Morgen um 8.35 Uhr hatte er den Ausschnitt aus Lipps Interview gepostet, andere prorussische Kanäle mit Hunderttausenden Followern teilten das Video.
Nach gut drei Stunden berichtete Talipow, beide jungen Männer seien identifiziert worden, die «Dummköpfe» seien 16 Jahre alt. Rund vier Stunden später postete er dann bereits die Szene mit der Entschuldigung. Seither tauchen auch beide Videos zusammengeschnitten in den sozialen Medien auf.
Alina Lipp, die sich in russischen Medien über Verfolgung durch deutsche Behörden beklagt, hat die Entwicklung nach ihrer Veröffentlichung bisher nicht kommentiert. Gegen sie läuft ein Ermittlungsverfahren in Deutschland, weil sie den russischen Angriffskrieg gebilligt habe. Hier lesen Sie mehr.
Lipp ist mit der Frage an den 16-Jährigen noch stärker auf den Radar in der Ukraine geraten: So retweetete Wladimir Klitschko, der Bruder von Kiews Bürgermeister Vitali, die Forderung des deutschen Accounts @BrennpunktUA an ukrainische Stellen, Lipp zur Fahndung auszuschreiben. Sie steht bereits auf einer inoffiziellen Fahndungsliste und erklärte, nach Anschlägen auf andere Propagandisten auch Angst um ihr Leben zu haben.
(oee)
Antwort: "Im Prinzip schon. Du kannst in den USA vor das Weisse Haus stehen und "Nieder mit Joe Biden" rufen und es passiert dir nichts. Genau so kannst du in Russland auf den Roten Platz stehen und "Nieder mit Joe Biden" rufen und es passiert dir auch nichts."
Oooh nein, die Arme hat Angst um ihr Leben… 😔
Also fast wie im Krieg? Das kann man sich ja gar nicht vorstellen! 😱