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Ukrainische Streitkräfte in Verbove durchgebrochen, sagt General

Der ukrainische Brigadegeneral Oleksandr Tarnavskiy hat dem US-Sender CNN ein Interview zur Gegenoffensive gegeben.
Der ukrainische Brigadegeneral Oleksandr Tarnavskiy hat dem US-Sender CNN ein Interview zur Gegenoffensive gegeben.Screenshot: cnn.com

Ukrainische Streitkräfte in Verbove durchgebrochen, sagt Anführer der Gegenoffensive

Der ukrainische General, der die Gegenoffensive entlang der südlichen Frontlinie anführt, sagt einen noch grösseren Durchbruch voraus.
23.09.2023, 15:3923.09.2023, 15:41
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Nach Angaben des Generals, der die ukrainische Gegenoffensive an der Südfront leitet, haben die ukrainischen Streitkräfte in dem südlichen Dorf Verbove die russischen Stellungen überwunden und sind durchgebrochen.

«An der linken Flanke [bei Verbove] haben wir einen Durchbruch erzielt und rücken weiter vor», sagte Brigadegeneral Oleksandr Tarnavskiy gegenüber CNN. Er räumte aber ein, dass die Truppen langsamer vorankämen als erwartet.

«Nicht so schnell wie erwartet, nicht wie in den Filmen über den Zweiten Weltkrieg», sagte der Militär. «Die Hauptsache ist, dass wir diese Initiative nicht verlieren. Und, nun ja, sie nicht in der Praxis zu verlieren, mit Aktionen.»

Die Ukrainer hatten Anfang September einen ersten Erfolg bei ihrer Gegenoffensive vermeldet. Damals erklärte Tarnavsky gegenüber dem «Guardian», dass die Streitkräfte nach wochenlanger Minenräumung die erste russische Verteidigungslinie bei Saporischschja durchbrochen hätten.

Nächstes Ziel: Tomak

Tarnavsky sagte nun zu CNN, er glaube, dass der grosse Durchbruch der Gegenoffensive gelingen werde, wenn die Ukraine die Stadt Tokmak zurückerobern könne, ein strategisches Zentrum für Russland, das ihr erstes grosses Ziel in ihrem Kampf im Süden sei.

Die Russen verteidigten sich geschickt. Das grösste Problem sei aber nicht die Surowikin-Linie (dazu unten mehr).

«Es gibt eine Kombination aus kleinen, schädlichen feindlichen Verteidigungsgruppen, die derzeit sehr präzise und geschickt platziert sind. Aber die Aktionen unserer Kämpfer zwingen sie dazu, sich langsam zurückzuziehen, wenn sie unseren Angriffstrupps gegenüberstehen.»
quelle: cnn.com

Der General räumte ein, dass die ukrainischen Streitkräfte zumindest die Stadt Tokmak erreichen müssen, damit die Gegenoffensive ein Erfolg werde.

«Tokmak ist das Minimalziel. Das übergeordnete Ziel ist es, an unsere Staatsgrenzen zu gelangen.»
Oleksandr Tarnavskiy

Intensive Regenfälle im Herbst können den Boden aufweichen und die Bewegung mit schwerem Gerät wie Panzern erschweren, aber Tarnavsky sagte, dass sich die ukrainischen Soldaten in kleinen Gruppen und meist zu Fuss bewegten.

«Im Moment verwenden weder der Feind noch wir grosse Formationen, Kompanien, Bataillone oder Brigaden. Wir verwenden Sturmtrupps, Gruppen von 10 bis 15 Mann. Sie leisten eine gigantische Arbeit, indem sie das feindliche Feuer auf sich konzentrieren und alle Mittel einsetzen, die sie zum Überleben brauchen.»

Marder-Schützenpanzer hinter der «Surowikin-Linie»

CNN war nicht in der Lage, die Berichte beider Seiten über die Kämpfe zu überprüfen. Die Analyse verfügbarer Videoaufnahmen deute jedoch darauf hin, dass einige ukrainische Einheiten in der Nähe des Dorfes Verbove eine wichtige russische Verteidigungslinie durchbrochen hätten.

Die Militäranalysten des US-Thinktanks Institute for the Study of War (ISW) hatten den Durchbruch am Freitag in ihrem aktuellen Frontlagebericht erwähnt. Bei der Operation sei auch westliches Militärgerät eingesetzt worden, darunter Marder-Schützenpanzer, die Deutschland geliefert hatte.

Militärblogger teilten auf Social-Media-Plattformen Telegram-Videos von dem Vorstoss. Die Aufnahmen zeigen Kämpfe mit gepanzertem Militärgerät westlich des Ortes Werbowe in der Oblast Saporischschja, also jenseits der russischen Verteidigungslinien. Gemäss dem US-Militärexperten Rob Lee hat die 82. Luftlandebrigade der ukrainischen Streitkräfte den Angriff durchgeführt.

Die Experten haben die Videoausschnitte lokalisiert und die Fahrzeuge als deutsche Marder-Schützenpanzer und US-amerikanische Stryker-Radschützenpanzer identifiziert.

Die russischen Invasoren haben die «Surowikin-Linie» im vergangenen Winter in Vorbereitung auf die ukrainische Gegenoffensive aufgebaut, die seit Juni im Gange ist. Die Verteidigungslinien bestehen aus ausgedehnten Minenfeldern, als «Drachenzähne» bezeichnete Panzersperren, Schützen- und Anti-Panzergräben sowie Bunkeranlagen.

Namensgeber ist der frühere Oberbefehlshaber der russischen Truppen in der Ukraine, Sergej Surowikin, der mittlerweile abgesetzt wurde. Der General gilt als Architekt der mehrere Hundert Kilometer langen, dreilagigen Verteidigungsanlagen.

«Die Anwesenheit ukrainischer gepanzerter Fahrzeuge jenseits der letzten Linie der derzeitigen russischen Verteidigungsschicht deutet darauf hin, dass die Ukrainer ihren Durchbruch durch die ersten beiden Linien dieser Schicht ausreichend gesichert haben, um Fahrzeuge durch die Bresche zu führen.»
ISW-Lagebericht vom Donnerstag

Selbst wenn die Ukrainer ihr erklärtes Ziel, bis zum Asowschen Meer vorzustossen, noch nicht erreichen, setzen weitere Geländegewinne die russischen Truppen weiter unter Druck. Versorgungs- und Nachschubwege rücken so in die Reichweite ukrainischer Raketen und Artillerie.

Langfristiges Ziel der Ukraine ist es, die russische «Landbrücke» zu durchbrechen, die das von Russland besetzte Gebiet im Osten mit der annektierten Krim verbindet.

Quellen

(dsc / t-online)

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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Die Geschichte wiederholt sich...
23.09.2023 16:13registriert Februar 2022
Mir ist es eigentlich so etwas von egal, wie langsam der Vorstoss vorangeht. Wenn ich in die Geschichte schaue, dann sehe ich, dass ein Krieg selten planbar ist. Ich freue mich daran, dass die Ukrainer voran kommen und die russischen Verteidigungslinien durchbrechen. Auch wenn es langsamer geht als erhofft.

So lange der Westen weiter liefert und die Schweiz auch endlich über ihren peinlichen „Neutralitäts-Schatten“ springt, glaube ich an einen kompletten Sieg der Ukraine.

Es muss auch alles daran gesetzt werden! Der Krieg ist erst fertig, wenn kein Russe mehr auf ukrainischen Gebiet ist!
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@Jeff
23.09.2023 17:17registriert Juli 2023
Noch ca. 30 km / 6 h zu Fuss ohne Kämpfe (Robotyne) resp. 40 km / 8 h zu Fuss (Werbowe) von Tokmak entfernt.

Auf dem Weg dahin hat es nochmals mehrstufige Verteidigungsanlagen bei Ocheretuvate, Pshenychne und natürlich Tokmak.

Wünsch ihnen, dass sie Tokmak rechtzeitig und ohne grosse Verlust erreichen.
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Schlaf
23.09.2023 16:08registriert Oktober 2019
Hoffentlich lässt der Winter dieses Jahr in der Region auf sich warten, dass die Ukrainer sich noch vor dem Schnee so viel wie möglich von ihrem Boden zurückholen können und sich dann auf ihren Positionen auch festigen können.
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