International
USA

Reporter nach Unfall auf Tauchboot: «Hatte Todesangst vor dem Wasser»

Reporter nach Unfall auf «Titanic»-Tauchboot: «Das ist, wie es enden wird für dich»

Michael Guillen war vor 20 Jahren an Bord eines U-Boots, das zum Wrack der «Titanic» tauchte. Damals gab es einen Unfall, den die Besatzung nur knapp überlebte.
22.06.2023, 21:4922.06.2023, 22:10
Mehr «International»
Ein Artikel von
t-online

Im September 2000 sollte der US-Amerikaner Michael Guillen der erste Reporter werden, der von der «Titanic» berichten durfte. «Ich hatte eine Todesangst vor dem Wasser, aber bei so einer Einladung konnte ich als Reporter nicht Nein sagen», erzählt Guillen dem Nachrichtensender Sky News jetzt.

Der frühere Wissenschaftsredakteur des US-amerikanischen Senders ABC berichtet nun von dem Tauchgang, der nicht ohne Probleme verlief. Das Erste, das ihm aufgefallen sei, als sie das Wrack in der Tiefe erreichten, sei der gigantische Propeller des Schiffes gewesen. Er sei so riesig gewesen, dass das U-Boot im Vergleich bloss die Grösse einer Mücke gehabt habe. Der Propeller habe sehr geglänzt. Er war offenbar verchromt und deshalb nicht so stark verrostet wie der Rest des Schiffes.

«Während ich den beeindruckenden Propeller betrachtete, merkte ich, dass sich unser Boot beschleunigte. Das kam mir merkwürdig vor», berichtet er weiter. «Ich dachte, wir sollten doch langsamer werden.» Erst im Nachhinein habe die Besatzung herausgefunden, dass sie in eine Unterwasserströmung geraten waren, die in derart tiefen Gewässern immer wieder auftreten.

«Wir sind gegen die Klingen des Propellers geklatscht und haben uns hinter dem Propeller verfangen», erzählt Guillen. Sie hätten die Kollision gespürt und gesehen, wie grosse Teile des Wracks in die Tiefe stürzten. «Da wussten wir, dass wir in Schwierigkeiten waren.» Gefangen hinter dem Propeller fürchtete Guillen, dass die Situation im Boot ausser Kontrolle geraten könnte: «Würde jemand – der Pilot oder mein Tauchpartner – in Panik ausbrechen?»

Vor dem Tauchgang hätten sie die Geschichte eines Mannes gehört, der in einer ähnlichen Situation gefangen gewesen war. Er hatte in Panik die U-Boot-Tür aufgedreht, in der Hoffnung, sich retten zu können. Der Druck dort unten sei aber so enorm, sagt Guillen nun. Der Wasserstrahl sei so scharf wie eine Rasierklinge, selbst wenn nur durch einen kleinen Riss Wasser eindringe. Der Mann forderte seinen eigenen Tod heraus.

Als Wissenschaftler habe sich Guillen als professioneller Problemlöser gesehen und überlegt, wie sie aus der Gefahrenzone herauskommen könnten, während der Pilot versuchte, das Boot in Sicherheit zu bringen. Doch auch dann habe ihn der Mut verlassen. Die Stimme in seinem Kopf werde er nie vergessen, erzählt Guillen. Er dachte nur noch: «Das ist, wie es enden wird für dich.»

Als Korrespondent sei Guillen schon am Nord- und am Südpol gewesen, an anderen Orten der Welt, in denen er in Gefahr geriet, aber immer hat er überlebt. Im U-Boot habe er schliesslich an seine Frau gedacht und «dass ich sie nie wieder sehen würde».

Der Pilot aber schaffte es nach etwas mehr als einer Stunde, das U-Boot aus dem Propeller zu befreien. Um an die Wasseroberfläche zu gelangen, habe das Boot weitere zweieinhalb Stunden benötigt, erklärt Guillen. «Es war eine Erfahrung, die ich niemals mehr vergessen werde in meinem Leben.»

Die dramatische Suchaktion nach der «Titan» nahm den früheren Reporter sichtlich mit. Unter Tränen sagte er im Interview mit Sky News, ihm werde übel, wenn er an die Besatzung denke. Mittlerweile ist klar: Die Insassen der «Titan» sind tot – die Tauchkapsel implodierte offenbar auf dem Weg zur «Titanic».

Verwendete Quellen:

  • merkur.de: "Rezept für eine Katastrophe: US-Physiker rechnete im Titanic-Tauchboot bereits mit seinem Tod"
  • youtube.de: "Missing Sub: Scientist recalls his own experience in a sub 20 years ago" (englisch)
  • twitter.de: Profil von Dr. Michael Guillen (englisch)
  • dailymail.co.uk: "I was trapped under the Titanic at the bottom of the Atlantic Ocean, 2½ miles below the surface" (englisch)

Weitere interessante Artikel:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
ᴉlǝqǝǝuɥɔs@Frau Schneebeli
22.06.2023 23:57registriert Juli 2020
Was für ein hilflos zusammengeschustertes Stück Schreibware. Da getraut sich ja gar niemand mehr, dafür namentlich gerade zu stehen.
8914
Melden
Zum Kommentar
avatar
südfüessler
23.06.2023 00:26registriert März 2020
Jeder war sich bewusst dass sie im falle eines falles null überlebenschancen haben.der unfall ist leider eingetreten und die besatzung hat diese exklusive expedition mit dem leben bezahlt.ich hoffe für die passagiere das es für sie den preis wert war.ruht in frieden,aber trauern werd ich um keinen dieser herren.
2221
Melden
Zum Kommentar
5
    «Ich würde es Teheran zutrauen, eine unerprobte Atomwaffe auf Israel abzufeuern»
    Wie könnte sich der Krieg zwischen Iran und Israel weiterentwickeln? Besteht die Gefahr eines Atomkriegs? Und werden die USA eingreifen? Sicherheitsexperte Joachim Krause ordnet ein.

    Herr Krause, Iran und Israel befinden sich im Krieg. Die USA – Israels bisher wichtigster Verbündeter – waren vergangene Woche offenbar nicht über den geplanten Angriff auf iranische Ziele informiert. Trump befand sich mitten in Gesprächen mit dem Iran zu einem Atomwaffenabkommen. Wie sicher ist die Unterstützung der USA für Israel noch?
    Joachim Krause:
    Ich glaube nicht, dass die USA gar nichts im Voraus wussten. Sie haben in der Region zahlreiche Streitkräfte positioniert, die den Luftraum überwachen. Ohne Absprache mit den USA wäre der erste Angriff nicht möglich gewesen. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Absprache nur wenige Tage oder Stunden zuvor stattgefunden hat.

    Zur Story