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Mehrere Tote bei Schuss-Attacke im US-Bundesstaat Maine

A sign advises residents to stay home, Thursday, Oct. 26, 2023, following a mass shooting at a restaurant and a bowling alley in Lewiston, Maine. Police continue to search for the suspect. (AP Photo/R ...
Ein Schild fordert die Bewohnenden der Stadt Lewiston nach einer Schussattacke dazu auf, zu Hause Schutz zu suchen, 26. Oktober 2023. Bild: AP

Bluttat mit 18 Toten in Maine: Täter weiter auf Flucht +++ Polizei sucht mit Grossaufgebot

27.10.2023, 06:1327.10.2023, 06:41
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Nach einem Massaker mit 18 Toten im US-Bundesstaat Maine sucht die Polizei weiter mit einem Grossaufgebot nach dem Schützen. Am Donnerstagabend (Ortszeit) waren zahlreiche Polizeiautos vor dem Haus des Verdächtigen in der Kleinstadt Bowdoin angerückt und Beamte durchkämmten mehrere Grundstücke. Es sei nicht bekannt, ob sich der Verdächtige in einem der durchsuchten Häuser aufhalte, teilte die Polizei mit. Auch die US-Küstenwache fahndete nach ihm, da eine Flucht per Boot nicht ausgeschlossen wurde.

In der Region herrscht Ausnahmezustand. Die Polizei warnte Anwohner eindringlich vor dem Flüchtigen und rief die Menschen dazu auf, ihre Häuser nicht zu verlassen.

Die Tat

Der Schütze hatte am Mittwochabend in einem Freizeitzentrum mit Bowlingbahnen und in einem Grillrestaurant in der kleinen Stadt Lewiston das Feuer eröffnet. Am ersten Tatort tötete er sieben Menschen, am zweiten acht. Drei weitere Opfer starben kurz nach der Tat im Krankenhaus. Weitere 13 Menschen wurden verletzt. Das Motiv des Täters war auch am Tag danach nicht bekannt.

Eine Überlebende, die ihre Schwester bei der Bluttat verloren hatte, schilderte dem Sender CNN: «Wir waren beim Bowling und hörten einen grossen Knall.» Sie sei sich zunächst nicht sicher gewesen, was los war. Dann habe sie aber mehrere Schüsse gehört. «Ich rannte so weit wie ich konnte.»

Maine Gov. Janet Mills faces reporters Thursday, Oct. 26, 2023, during a news conference at Lewiston City Hall, in Lewiston, Maine. Residents have been ordered to shelter in place as police continue t ...
Die Gouverneurin des Bundesstaates Maine, Janet Mills, an der Pressekonferenz am Donnerstagmorgen (Ortszeit), 26. Oktober 2023.Bild: keystone

Lewiston hat knapp 40'000 Einwohner und liegt in Maine, etwa 200 Kilometer nördlich von Boston an der Ostküste der USA. Die Stadt ist etwa 30 Autominuten von Bowdoin entfernt, dem Heimatort des Verdächtigen. Rund zehn Kilometer von Lewiston entfernt fand die Polizei das Auto des Gesuchten, einen kleinen weissen SUV.

Rätselraten über Motiv

Die Polizei identifizierte den 40-jährigen Reservesoldaten Robert C. als mutmasslichen Täter. Nach Angaben der «Washington Post» hatte er sich im Jahr 2002 zum Militärdienst gemeldet, aber keine Kampfeinsätze absolviert. Er habe Ingenieurtechnik studiert, allerdings keinen Abschluss gemacht. Die Zeitung berichtete ausserdem, das Verhalten des Mannes sei Kollegen vor einigen Monaten seltsam vorgekommen. Er soll schliesslich zwei Wochen in psychiatrischer Behandlung gewesen sein und sich Medienberichten zufolge eingebildet haben, Stimmen zu hören.

In this image taken from video released by the Androscoggin County Sheriff's Office, an unidentified gunman points a gun while entering Sparetime Recreation in Lewiston, Maine, on Wednesday, Oct. ...
Ein Foto, das vom Lewiston County Sheriff's Office veröffentlicht wurde, zeigt den noch unidentifizierten Mann, der bewaffnet in ein Sportzentrum eindringt. Bild: keystone

Berichten zufolge fanden die Ermittler eine Notiz im Haus des Mannes. Sie machten aber keine Angaben über deren Inhalt. Die Familie des Tatverdächtigen kooperiert mit der Polizei. Die Schwester des Mannes soll Ermittlern laut dem Sender ABC gesagt haben, sie glaube, ihr Bruder habe an den Tatorten nach einer Ex-Freundin gesucht. Er und die Ex-Freundin hätten sich häufig in dem Freizeitzentrum und dem Grillrestaurant aufgehalten.

Die Fahndung

Am Donnerstagabend sah es zunächst so aus, als könnte die Polizei einen Erfolg erzielt haben. Der Sender CNN berichtete, Beamte der Bundespolizei FBI hätten vor dem Haus des Verdächtigen Stellung bezogen, seinen Namen gerufen und ihn aufgefordert: «Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!» Kurze Zeit später erklärte die Polizei auf der Plattform X: «Die Durchsagen, die über einen Lautsprecher zu hören sind, sind Standarddurchsagen bei der Vollstreckung eines Durchsuchungsbefehls, um die Sicherheit aller Beteiligten zu gewährleisten.»

Die Suche nach dem Flüchtigen gestaltet sich auch deshalb sehr schwierig, weil die ländlich geprägte Gegend nur dünn besiedelt ist. Ermittler fürchten, der Verdächtige könnte sich in den Wäldern versteckt haben oder gar mit einem Boot geflüchtet sein. Der Mann soll laut Kollegen geübt darin sein, sich im Gelände zu bewegen. Hunderte Polizeibeamte durchkämmten die Gegend. Mit Informationen hielten sich die Behörden zurück – es drangen kaum Details an die Öffentlichkeit.

Three vehicles transport bodies from Schemengees Bar and Grille, Thursday, Oct. 26, 2023, in Lewiston, Maine. The restaurant was the site of one of the two mass shootings in Lewiston on Wednesday. (AP ...
Einer der Schauplätze der Schussattacken am Mittwoch war ein Grillrestaurant in Lewiston, im Hintergrund des Bildes erkennbar, 26. Oktober 2023.Bild: AP

Eine Stadt im Schockzustand

Lewiston ist ein Ort mit etwa 39'000 Einwohnern im Südwesten von Maine. Der Bundesstaat liegt an der Ostküste der USA. Stadtrat McCarthy sagte, die Krankenhäuser in der kleinen Stadt seien nicht dafür ausgelegt, mit einer Lage wie dieser fertig zu werden – «sie tun, was sie können». Die Lage sei surreal. «Es ist einfach so unwirklich», sagte McCarthy.

«Man sieht es in den Nachrichten und sagt sich, dass das hier nie passieren wird. Und dann passiert es hier und es haut dich einfach um.»
Stadtrat Robert McCarthy

Lewistons Bürgermeister Carl Sheline zeigte sich schockiert. «Ich bin untröstlich für unsere Stadt und unsere Bevölkerung», schrieb er in einer Erklärung. Der Ort sei für seine Stärke und seinen Mut bekannt. «Beides werden wir in den kommenden Tagen brauchen», ergänzte er.

Auch der Bürgermeister der Nachbarstadt Auburn, Jason Levesque, zeigte sich bestürzt. Angst, Panik und Sorge hätten sich unter den Einwohnern breitgemacht, sagte er Reportern. «Man kann für so etwas trainieren, aber vollständig vorbereitet sein kann man nie», fügte er hinzu. Auburn ist etwa 1,5 Kilometer von Lewiston entfernt.

People depart a reunification center early Thursday, Oct. 26, 2023, at Auburn Middle School, in Auburn, Maine, after shootings in Lewiston. (AP Photo/Steven Senne)
Bewohnerinnen und Bewohner vor einer Schule in Auburn, das 1,5 Kilometer von Lewiston entfernt liegt, 26. Oktober 2023. Bild: AP

Traurige Realität von Amokläufen in den USA

In den USA gehören Amokläufe und tödliche Schiessereien auf traurige Weise zum Alltag. Schusswaffen sind dort leicht erhältlich und massenhaft im Umlauf. Regelmässig erschüttern blutige Attacken mit vielen Opfern das Land – etwa an Schulen, in Supermärkten, Nachtclubs oder bei grossen Veranstaltungen. Nach jeder grösseren Attacke gibt es neue Forderungen nach einer Verschärfung des Waffenrechts, etwa nach einem Verbot von Sturmgewehren, die regelmässig bei Amokläufen zum Einsatz kommen. Die Forderungen laufen jedoch ins Leere, nicht zuletzt wegen Widerständen aus den Reihen der Republikaner.

A law enforcement officer carries a rifle outside Central Maine Medical Center during an active shooter situation, in Lewiston, Maine, Wednesday, Oct. 25, 2023. (AP Photo/Steven Senne)
Ein Polizeibeamter steht bewaffnet vor dem Central Maine Medical Center.Bild: keystone

Aus dem Weissen Haus hiess es, US-Präsident Joe Biden sei über den Vorfall unterrichtet worden und werde weiter auf dem Laufenden gehalten. Er habe mit der Gouverneurin von Maine, Janet Mills, telefoniert, wie auch mit Kongressmitgliedern aus dem Bundesstaat, und habe die volle Unterstützung des Bundes nach dem «schrecklichen Anschlag» angeboten. Biden richtete am Mittwochabend in der US-Regierungszentrale ein Staatsbankett für den australischen Premierminister Anthony Albanese aus, während sich die Attacke in Maine ereignete.

(hah/sda/dpa)

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130 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Yolanda Hecht
26.10.2023 05:59registriert Juni 2022
«Es ist einfach so unwirklich», sagte McCarthy. «Man sieht es in den Nachrichten und sagt sich, dass das hier nie passieren wird. Und dann passiert es hier und es haut dich einfach um.»
Man verweigert sich der Realität und die Welt ist in Ordnung. Thoughts and prayers.
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Punktlandung
26.10.2023 06:46registriert September 2023
Alltag in Murica. Alle sind bestürzt, die einen wollen dann weniger Waffen und die anderen noch mehr. Business as usual.
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Rivka
26.10.2023 07:08registriert April 2021
Ah ja, Alltag in den USA. Und dennoch verstehe ich nicht wieso das passiert. Ich meine man kann Gott und die Welt hassen oder das System. Ich meine wir haben auch Leute mit Problemen doch die ziehen sich eher zurück und tun keiner Seele was. Warum geht man in Amerika los und erschiesst massenhaft Menschen, die einem nichts getan haben? 😒
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