Eine Anweisung des amerikanischen Geheimdienstes NSA sorgt für Verwunderung. Der Chef der Spürnasen, Paul Nakasone, hat seinen Mitarbeitern neue Richtlinien für das Ausspionieren verpasst – und fordert Zurückhaltung.
Bei den Aufklärungs-Operationen – in der Fachsprache «Sigint» genannt – müssten überwachte Personen «mit Würde und Respekt» behandelt werden, heisst es in einem Regierungsdokument aus dem Juni, das jetzt bekannt wurde. Es wird darin sogar auf berechtigte Datenschutzinteressen" verwiesen. Besonders pikant: Eingeschlossen sind auch Personen im Ausland.
Nun ist aber das Abhören ausländischer Kommunikationssysteme die ureigenste Aufgabe der NSA. «Sigint» steht für «Signals Intelligence», auf Deutsch «Fernmelde- und Elektronische Aufklärung». Das schliesst zum Beispiel auch russische Kommunikationseinrichtungen mit ein. Gemäss der neuen Richtlinien dürften Despoten wie Wladimir Putin oder der nordkoreanische Machthaber Kim Jung Un nur abgehört werden, wenn es eine «angemessene Bewertung» gegeben habe.
Daten von Ausländern sollen nur dann gespeichert werden dürfen, wenn eine entsprechende Befugnis auch bei US-Bürgern vorhanden sei, heisst es in dem Dokument. Ziel sei «eine angemessene Balance zwischen der Bedeutung der Notwendigkeit, Informationen zu erhalten, und dem Einfluss auf Bürgerrechte und Privatsphäre», heiss es in Abschnitt 5 der Anweisung. Eine Operation dürfe nicht durchgeführt werden, um einen legitimen Privatsphärenschutz einzuschränken. Wie das in der Praxis umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.
Hintergrund der Anweisung könnte der Streit um den Abschnitt 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) sein. Der wird von der NSA als Rechtsgrundlage benutzt, die Überwachung der Telekommunikation im Ausland durchzuführen, ohne dass es dabei einer richterlichen Erlaubnis bedarf. Der Freifahrtschein für Abhöraktionen war in der EU immer wieder auf heftige Kritik gestossen. Neue Abkommen zwischen der EU und den USA über den Datenverkehr, wie der Nachfolger der Privacy-Shield-Vereinbarung, wurden erst einmal auf Eis gelegt.
Jetzt will NSA-Chef Nakasone vor allem die Breite der Überwachung einschränken. Eine «gezielte Erfassung» müsse Vorrang haben vor einer Massenüberwachung. Letztere sei nur dann vorzunehmen, wenn es konkrete Bedrohungen gebe.
Bürgerrechtler sehen die Anweisung jedoch mit Skepsis und vermuteten eine PR-Kampagne, um die EU und andere Partner zu beschwichtigen. «Das ist so als wenn die CIA bekannt gibt, dass sie nur mit Würde und Respekt Folterpraktiken wie das Waterboarding einsetzt», sagte Evan Greer von der Aktivistengruppe «Fight for Future» gegenüber dem Onlinemagazin Intercept. «Die Regierung baut Potemkinsche Dörfer, um Europa und die amerikanische Bevölkerung auszutricksen», sagt Sean Vitka, Berater der Bürgerrechtsorganisation «Demand Progress» laut «Intercept».
Im Oktober vergangenen Jahres hatte US-Präsident Joe Biden eine Verordnung erlassen, die grundsätzlich allen Zielen der Geheimdienstaufklärung die gleichen Rechte der Privatsphäre einräumt – auch Gegnern wie Wladimir Putin.
Auch das FBI hat sich zum Schutz der Bürgerrechte bekannt, sieht gleichzeitig aber den Abschnitt 702 des FISA-Gesetzes als wichtiges Instrument an. «Wir werden uns weiterhin darauf konzentrieren, unsere Befugnisse gemäss Abschnitt 702 zu nutzen, um das Leben der Amerikaner zu schützen und unser Heimatland zu schützen und gleichzeitig die Bürgerrechte und Freiheiten zu wahren», sagte FBI-Direktor Christopher Wray im Juli.
(t-online, wan)
Aber trotz allen fadenscheidigen und gutklingenden Gesetzen und Absichten: letztendlich KANN die Privatsphäre gar nicht zu 100% gewahrt werden - und trotzdem sind mir die westlichen Geheimdienste zigfach "sympathischer" als die chinesischen Überwachungsapparate, die sich ja mittlerweile auch in Europa ausgebreitet haben (getarnt als "Dienstleistungszentren" für CHN-Expats)