Dimitri Utkin starb wohl bei Absturz – so tickte der Wagner-Gründer

Dmitri Outkine est décédé dans un crash aérien le 23 août 2023. Il était une figure de proue des Wagner.
Dmitri Utkin war ein Fan von Adolf Hitler und hatte Tätowierungen zur Verherrlichung des Nationalsozialismus.bild: watson

Dmitri Utkin – der «Sadist» unter den Neonazis, der wohl mit Prigoschin starb

Dmitri Utkin wurde wie Jewgeni Prigoschin wohl beim Absturz eines Flugzeugs nördlich von Moskau getötet. Der Mitbegründer von Wagner war eine Schlüsselfigur der paramilitärischen Gruppe. So tickte der Kommandant, der sich im Geheimnisse hüllte.
25.08.2023, 19:07
Sven Papaux
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Ein Mann im Hintergrund

Während Jewgeni Prigoschin das Rampenlicht nicht scheute, agierte Dmitri Utkin im Schatten. Prigoschin trat häufig in der Öffentlichkeit auf und galt als Drahtzieher der Einsätze in der Ukraine und in Afrika. Utkin hingegen vermied Kameras, Fotos und die Aufmerksamkeit der breiten Masse. Trotzdem war er eine wichtige Figur im Wagner-Imperium. Er trug zudem den Übernamen «Wagner», nach welchem die Söldner-Gruppe schliesslich bekannt wurde – in Anlehnung an Richard Wagner, Komponist und Lieblingskünstler von Adolf Hitler.

Dmitri Outkine
Dmitri Utkin war laut seiner Ex-Frau von Natur aus ein Krieger.Image: Wikimedia Commons

Utkin war ein ehemaliger Kommandant des russischen Militärgeheimdienstes, der das Dritte Reich verehrte und dessen Haut mit diversen Neonazi-Motiven tätowiert war. Er war ein knallharter Mann, der die Rolle des Einpeitschers der Miliz einnahm.

Schon in den Tschetschenienkriegen aktiv

Gleichzeitig ist Utkins Geschichte ziemlich nebulös. Laut Informationen der investigativen Website Bellingcat wurde er vor 53 Jahren in der Sowjetukraine geboren. Während der beiden Tschetschenienkriege (1994 bis 1996 und 1999 bis 2009) war er Oberstleutnant in der russischen Armee und gehörte dem 700. Einsatzkommando der 2. Brigade der Spezialkräfte des russischen Militärgeheimdienstes (GRU) an. Nach seiner Rückkehr nach Russland hatte Utkin wenig Freude an seinem zivilen Leben. Seine Ex-Frau sagte in einem Interview mit «Gazeta.ru», dass er unzufrieden sei und er lieber an der Front kämpfen würde.

«Er ist von Natur aus ein Krieger»
Die Ex-Frau von Dmitri Utkin

In der Folge hielt sich der Mann mit imposantem Körperbau hauptsächlich im Ausland auf. So hinterliess er etwa seine Spuren 2010 in den Reihen des Slavonic Corps, wo er sich bei der privaten paramilitärischen Gesellschaft anmeldet, die in Hongkong registriert ist und für den Kampf in Syrien aufgebaut wurde. Später flog er nach Syrien, um dort unter anderem Öl-Förderstätten zu sichern und die Armee des Machthabers Baschar al-Assad zu unterstützen.

epa10817441 Flowers and a patch with the logo of PMC Wagner laid at an informal memorial next to the former 'PMC Wagner Centre' in St. Petersburg, Russia, 24 August 2023. An investigation wa ...
Das Wagner-Logo unter Blumen für Prigoschin und Utkin.Bild: keystone

Die Einsätze in der Ukraine

Im Jahr 2014 tauchte Utkin in der Ukraine auf – im Donbass und auf der Krim. Als Teil der Separatistenbewegung wurde die Wagner-Miliz gegründet. Bei der Annexion der Krim im März 2014 war das Wappen der Wagner-Miliz auf dem Schlachtfeld zu sehen, berichtet «Libération».

Utkin war ein Schatten, zeigte sich nie und verhielt sich wie ein Feldkommandant. Er galt als Wagners eigentlicher Chef, befehligte aber selbst die Kolonne der Meuterer, die am 24. Juni von Rostow am Don nach Moskau zog, wie «Le Monde» berichtete.

In this photo released by Belarus' Defense Ministry on Thursday, July 20, 2023, a Belarusian soldier of the Special Operations Forces (SOF) attends the weeklong maneuvers with mercenary fighter f ...
Ein Wagner-Soldat im Juli.Bild: keystone

Schwere Vorwürfe

Auch das Blutvergiessen scheute Utkin nicht. Unter anderem kämpfte er an der Front, um die syrischen und russischen Streitkräfte bei der Rückeroberung der Stadt Palmyra von den IS-Kämpfern zu unterstützen. Ihm wurden in der Folge zahlreiche Gräueltaten vorgeworfen, weshalb er von der Europäischen Union im Dezember 2021 als Kriegsverbrecher bezeichnet wurde. Die Rede ist von schweren Menschenrechtsverletzungen, darunter Folter sowie willkürliche Hinrichtungen und Morde, die von der Wagner-Gruppe begangen wurden.

Ein ehemaliger Wagner-Söldner, Marat Gabidullin, äusserte gegenüner «Le Point» ebenfalls schwere Vorwürfe gegen Utkin. Er bezeichnete ihn als «Sadisten» und warf ihm vor, das «Ansehen der Miliz beschmutzt» zu haben, indem er einen syrischen Deserteur gefoltert, geköpft und angezündet habe. Damit wollte er offenbar den Ruf der Söldner als «blutrünstigen Dämonen» festigen.

Utkin war gleichzeitig ein enger Vertrauter Putins. So ist er etwa auf einem Foto im Kreise mehrerer hoher Offiziere mit dem Kreml-Chef zu sehen. Es ist eines der wenigen Bilder, auf welchen der Schattenmann zu sehen ist. Laut «Libération» wandte sich seine Ex-Frau Elena Shcherbinina 2015 sogar an die Fernsehsendung «Wait for Me», die bei der Suche nach vermissten Personen hilft, um die Spur ihres ehemaligen Lebensgefährten aufzunehmen.

Dmitri Outkine (entouré en rouge) en présence de Vladimir Poutine.
Andrej Bogatow, Andrej Troschew, Alexander Kuznetsow und Dmitri Utkin im Kreml mit Wladimir Putin (Mitte) im Jahr 2017.Image: VKontakte

Letzterer war desertiert und plötzlich aus der Zivilisation verschwunden. Erst 2016 tauchte er wieder auf – in Syrien, um mit Wagner erneut zu den Waffen zu greifen. Im Jahr 2017 wurde er an der Seite Putins gesehen. Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte Utkin am 19. Juli dieses Jahres, als er sich auf einem belarussischen Stützpunkt bei seinen Truppen bedankte. «Das ist nur der Anfang des grössten Werks der Welt, das sehr bald weitergehen wird», sagte er damals zu seinen Truppen. Und schloss seine Rede mit «welcome to hell» – «Willkommen in der Hölle». Gut einen Monat später kam er wohl beim Privatjet-Absturz ums Leben.

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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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chrimark
25.08.2023 21:14registriert November 2016
Und dann, völlig unerwartet und buchstäblich aus heiterem Himmel, hat Putins Spezialoperation tatsächlich die erste Denazifizierung durchgeführt.
Realsatire ist doch immer die beste.
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Überdimensionierte Riesenshrimps aka Reaper
25.08.2023 22:12registriert Juni 2016
Putin wollte also bewusst mit offen bekennenden Neonazis Neonazis in der Ukraine bekämpfen...
Nur dass alleine zeigt dass die Motivation eine völlig andere war
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maylander
25.08.2023 21:13registriert September 2018
@Watson

Es gab keine Sowjetukraine.
Es gab die Sowjetunion und die Ukrainische Sowjetrepublik war ein Teil davon.
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