Während Jewgeni Prigoschin das Rampenlicht nicht scheute, agierte Dmitri Utkin im Schatten. Prigoschin trat häufig in der Öffentlichkeit auf und galt als Drahtzieher der Einsätze in der Ukraine und in Afrika. Utkin hingegen vermied Kameras, Fotos und die Aufmerksamkeit der breiten Masse. Trotzdem war er eine wichtige Figur im Wagner-Imperium. Er trug zudem den Übernamen «Wagner», nach welchem die Söldner-Gruppe schliesslich bekannt wurde – in Anlehnung an Richard Wagner, Komponist und Lieblingskünstler von Adolf Hitler.
Utkin war ein ehemaliger Kommandant des russischen Militärgeheimdienstes, der das Dritte Reich verehrte und dessen Haut mit diversen Neonazi-Motiven tätowiert war. Er war ein knallharter Mann, der die Rolle des Einpeitschers der Miliz einnahm.
Gleichzeitig ist Utkins Geschichte ziemlich nebulös. Laut Informationen der investigativen Website Bellingcat wurde er vor 53 Jahren in der Sowjetukraine geboren. Während der beiden Tschetschenienkriege (1994 bis 1996 und 1999 bis 2009) war er Oberstleutnant in der russischen Armee und gehörte dem 700. Einsatzkommando der 2. Brigade der Spezialkräfte des russischen Militärgeheimdienstes (GRU) an. Nach seiner Rückkehr nach Russland hatte Utkin wenig Freude an seinem zivilen Leben. Seine Ex-Frau sagte in einem Interview mit «Gazeta.ru», dass er unzufrieden sei und er lieber an der Front kämpfen würde.
In der Folge hielt sich der Mann mit imposantem Körperbau hauptsächlich im Ausland auf. So hinterliess er etwa seine Spuren 2010 in den Reihen des Slavonic Corps, wo er sich bei der privaten paramilitärischen Gesellschaft anmeldet, die in Hongkong registriert ist und für den Kampf in Syrien aufgebaut wurde. Später flog er nach Syrien, um dort unter anderem Öl-Förderstätten zu sichern und die Armee des Machthabers Baschar al-Assad zu unterstützen.
Im Jahr 2014 tauchte Utkin in der Ukraine auf – im Donbass und auf der Krim. Als Teil der Separatistenbewegung wurde die Wagner-Miliz gegründet. Bei der Annexion der Krim im März 2014 war das Wappen der Wagner-Miliz auf dem Schlachtfeld zu sehen, berichtet «Libération».
Utkin war ein Schatten, zeigte sich nie und verhielt sich wie ein Feldkommandant. Er galt als Wagners eigentlicher Chef, befehligte aber selbst die Kolonne der Meuterer, die am 24. Juni von Rostow am Don nach Moskau zog, wie «Le Monde» berichtete.
Auch das Blutvergiessen scheute Utkin nicht. Unter anderem kämpfte er an der Front, um die syrischen und russischen Streitkräfte bei der Rückeroberung der Stadt Palmyra von den IS-Kämpfern zu unterstützen. Ihm wurden in der Folge zahlreiche Gräueltaten vorgeworfen, weshalb er von der Europäischen Union im Dezember 2021 als Kriegsverbrecher bezeichnet wurde. Die Rede ist von schweren Menschenrechtsverletzungen, darunter Folter sowie willkürliche Hinrichtungen und Morde, die von der Wagner-Gruppe begangen wurden.
Ein ehemaliger Wagner-Söldner, Marat Gabidullin, äusserte gegenüner «Le Point» ebenfalls schwere Vorwürfe gegen Utkin. Er bezeichnete ihn als «Sadisten» und warf ihm vor, das «Ansehen der Miliz beschmutzt» zu haben, indem er einen syrischen Deserteur gefoltert, geköpft und angezündet habe. Damit wollte er offenbar den Ruf der Söldner als «blutrünstigen Dämonen» festigen.
Utkin war gleichzeitig ein enger Vertrauter Putins. So ist er etwa auf einem Foto im Kreise mehrerer hoher Offiziere mit dem Kreml-Chef zu sehen. Es ist eines der wenigen Bilder, auf welchen der Schattenmann zu sehen ist. Laut «Libération» wandte sich seine Ex-Frau Elena Shcherbinina 2015 sogar an die Fernsehsendung «Wait for Me», die bei der Suche nach vermissten Personen hilft, um die Spur ihres ehemaligen Lebensgefährten aufzunehmen.
Letzterer war desertiert und plötzlich aus der Zivilisation verschwunden. Erst 2016 tauchte er wieder auf – in Syrien, um mit Wagner erneut zu den Waffen zu greifen. Im Jahr 2017 wurde er an der Seite Putins gesehen. Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte Utkin am 19. Juli dieses Jahres, als er sich auf einem belarussischen Stützpunkt bei seinen Truppen bedankte. «Das ist nur der Anfang des grössten Werks der Welt, das sehr bald weitergehen wird», sagte er damals zu seinen Truppen. Und schloss seine Rede mit «welcome to hell» – «Willkommen in der Hölle». Gut einen Monat später kam er wohl beim Privatjet-Absturz ums Leben.
Realsatire ist doch immer die beste.
Nur dass alleine zeigt dass die Motivation eine völlig andere war
Es gab keine Sowjetukraine.
Es gab die Sowjetunion und die Ukrainische Sowjetrepublik war ein Teil davon.