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Meereis in der Arktis: So stark schmilzt das Eis am Nordpol

FILE - A polar bear stands on the ice in the Franklin Strait in the Canadian Arctic Archipelago, July 22, 2017. The Biden administration said Friday, Aug. 26, 2022, that it will upgrade its engagement ...
Die Meereis-Ausdehung war 2022 zwar nicht sonderlich tief im Vergleich zu den letzten Jahren, aber der Trend ist eindeutig.Bild: keystone

Jetzt wächst das Eis der Arktis wieder – so stark schmolz es im europäischen Hitzesommer

Während den Sommermonaten nimmt die Fläche des arktischen Eises jeweils ab. Die intensiven Hitzeperioden in diesem Jahr hatten darauf zwar keine aussergewöhnlichen Auswirkungen – trotzdem bleibt das ewige Eis in Gefahr.
23.09.2022, 20:0024.09.2022, 12:56
Reto Fehr
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Das Meereis in der Arktis zieht sich jeden Sommer zurück. Wenn mit den Wintermonaten die ewige Nacht zurückkommt, wächst es wieder an. Dieser Tag spielt sich meist um die Tag-Nacht-Gleiche Mitte September ab.

Dieses Jahr schrumpfte das arktische Eis bis am 18. September auf eine Fläche von 4,67 Millionen Quadratkilometern. Seither nimmt die Ausdehnung langsam wieder zu, bis sie Mitte März ihren Höhepunkt erreichen wird. Nicht auszuschliessen ist, dass durch Winde oder plötzlich ungewöhnlich hohe Temperaturen das Eis doch noch einmal schmilzt, dies ist allerdings die Ausnahme.

Die 4,67 Millionen Quadratkilometer wurden seit Messbeginn 1979 erst neunmal unterboten. In den Jahren 2017 und 2018 schmolz die Eisfläche auf die gleiche Grösse wie jetzt. Seit 16 Jahren hat die arktische Meereis-Ausdehnung klar abgenommen, seit 2006 wurde nur noch dreimal ein Wert über 5 Millionen Quadratkilometer erreicht. Noch in den 80er und 90er Jahren wurde ein Wert von 7 Millionen regelmässig überschritten.

Meereis-Ausbreitung in der Arktis seit 1979

Ein historischer Tiefstwert wurde 2012 erreicht. Damals sorgte ein sehr starker Sturm für den Verlust des dünnen Eises und beschleunigte das Schmelzen.

Der Wind ist ein Faktor dafür, wie stark das Meereis während den arktischen Sommermonaten schmilzt. Andere Einflüsse haben die Luft- und die Meerwassertemperatur. Der zu Ende gegangene Sommer 2022 geht – was die Meereis-Ausdehnung betrifft – nicht als aussergewöhnlich in die Geschichte ein.

«Auch wenn dieser Sommer keine neuen Rekorde in der Arktis gebrochen hat, so bleibt die Eisbedeckung im langjährigen Vergleich sehr niedrig und wir gehen davon aus, dass sich der langfristige Meereisrückzug fortsetzen wird. Dieser Sommer zeigt einmal mehr, dass die Meereisbedeckung durch langfristige Trends und kurzfristige, starke Jahr-zu-Jahr Schwankungen charakterisiert ist, die durch den Einfluss von Wetter und Meeresströmungen verursacht werden», sagt Professor Christian Haas, Leiter der Sektion Meereisphysik am Alfred-Wegener-Institut zur Schmelzsaison 2022.

Der langjährige Trend zur immer kleineren Eisfläche hält grundsätzlich an, auch wenn der zweittiefste Wert von 2020 jetzt zweimal übertroffen wurde. 2021 «profitierte» das Eis rund um den Nordpol unter anderem von einem kühlen und wolkenreichen arktischen Sommer. Gemäss Klimamodellen dürfte das Eis am Nordpol Mitte dieses Jahrhunderts erstmals vollständig schmelzen.

Unterschied zwischen September 2002 und 2022

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So veränderte sich die Meereiskonzentration der Arktis vom 22. September 2002 bis 2022.meereisportal.com

Anarktis hatte Tiefstwert

In der Antarktis wurde in diesem Frühling der bisher tiefste Wert der Meereis-Ausbreitung gemessen. So wenig Eis wie Ende Februar wurde in den 43 Jahren zuvor rund um den Südpol noch nie gemessen. 2,27 Millionen Quadratkilometer betrug die Ausdehnung. Damit wurden die Werte von 1997 knapp unterboten.

Im Gegensatz zur Arktis kann in der Antarktis aufgrund der starken jährlichen Schwankungen in der Meereis-Ausdehnung nicht von einem klaren Trend gesprochen werden, auch wenn die Ausdehnung in den letzten Jahren immer unter dem Durchschnitt lag. Die Eismasse nimmt auf dem antarktischen Kontinent aber in diesem Jahrtausend deutlich ab.

Daten und Quellen
Die Daten stammen vom National Snow and Ice Data Center (NSIDC). Dieses misst seit 1979 mit Satellitenaufnahmen täglich die Meereisausbreitung und -konzentration in der Arktis und Antarktis. Für die Meereisausdehnung gilt eine Region als «eisbedeckt» oder «nicht eisbedeckt». Jede Datenzelle wird dabei analysiert, hat es auf mindestens 15 Prozent Eis, gilt die Datenzelle als «eisbedeckt». Mehr Informationen gibt es hier.

Ebenfalls gemessen wird die Meereis-Konzentration. Weisse Flächen stehen für eine 100-prozentige Konzentration, dunkelblau steht für Regionen mit offenem Meerwasser.
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quelle: dukas/catersnews / camille seaman
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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Cpt. Jeppesen
23.09.2022 20:25registriert Juni 2018
Wenn ich mir den Trend so ansehe, dann werden wir in ca. 10 - 15 Jahren das erste mal einen eisfreien Nordpol haben. Ab dann geht es rasant mit der Klimaerwärmung, Wasser ist dunkler als Eis und die Wärme der Sonneneinstrahlung wird in Wasser besser gespeichert.

Mir ist aber auch klar, dass dieses den meisten erwachsenen Leuten, die heute leben, vollkommen egal ist, schliesslich müsste man sein Verhalten ändern.
Worauf ich diese These stütze? 315 Kommentare zu "Coitus Inter Frustus", hier werden es niemals so viel werden.
Überzeuge mich vom Gegenteil.
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