Kann ja nicht so schlimm sein, dachte ich. Falsch, ich dachte sogar, dass es irgendwie auch Vorteile hat. Ständig Sex, überall, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Und das Schicksal wollte es so. Wenn man denn ans Schicksal glaubt. Was ich nicht tue. Aber nun gut.
Ich hatte meine WG für mich. Lara musste für eine Woche aus ihrer Wohnung raus, das Bad wurde neu gemacht, sie hätte auch drin bleiben können, man stellte ihr ein Toi-Toi vors Haus, aber es wäre halt ständig jemand in ihren vier Wänden gestanden. Ob sie zu mir kommen könne, nur für die paar Tage. Ich sagte sofort ja, eben aus obenstehenden Gründen. Und es war ja nur eine Woche. Kann ja nicht so schlimm sein.
Erfahrungswerte hatte ich keine. Ich habe, mal abgesehen von Hanna, nie mit einer Frau zusammengelebt. So zu zweit. In WGs, wo es noch andere Leute gab, natürlich schon, aber so als Duo nie.
Hanna ... das ist ein anderes Problem. Kommen wir gleich dazu. Zuerst das Wohn-Desaster.
Lara zog am Sonntagabend ein. Kam mit einem Monsterkoffer. Keine Ahnung, was man alles für eine Woche benötigt, sie ist ja auch immer noch auf Jobsuche, also so wirklich irgendwohin muss sie nicht, aber hey, ich will hier nicht unnötig verurteilen, wenn sie all diese Dinge zum Leben braucht, dann soll sie all diese Dinge bringen.
Am Montag war die Hälfte des Koffers auf dem Boden der ganzen Wohnung verteilt. Ich kam von der Arbeit zurück. Laras Sachen: überall. Ich atmete mehrmals durch, ist ja alles nicht so schlimm, sagte ich mir, und immerhin kein verschwitzter Sport-BH auf dem Bett.
Am Dienstag lag nicht nur ihr ganzes Zeug rum, es lag auch überall Geld. Bargeld, wer hat das denn heute noch!? Lara, sie findet Cash besser, man gäbe dann weniger aus. (So bestimmt, wenn man es in der Wohnung verteilt, statt in einem Portmonee dabeihat ...)
Am Mittwoch war der Kühlschrank so voll, dass er kaum noch zuging. Ich hasse volle Kühlschränke. Ich hasse es, wenn Ware schlecht wird. Sagte ich Lara. Kam nicht gut an. Sie habe es doch nur gut gemeint. Als Dankeschön. Es gab Streit. Und am Mittwoch, Donnerstag und Freitag folglich kein Sex mehr. Weil Lara nach einem Streit nicht bumsen will – für mehrere Tage nicht. FML, dachte ich.
Okay, hassen ist zu viel gesagt. Aber ich habe mich am Freitagabend mit Hanna getroffen, gleich nachdem Lara wieder zurück in ihre Wohnung ging. In einer Bar. Habe viel zu viel getrunken. Aber war auch eine harte Woche. Musste meinen Frust ertränken – und loswerden. Hanna hat zugehört. Irgendwann sagte sie, es sei nun genug, sie habe schon zu viel Lara-Stories hören müssen und sie müsse mir mal sagen, sie fände Lara «ä fädammti Zwätschge». Das sagte sie. «Zwätschge».
Am Anfang hätte sie gedacht, coole Frau, diese Lara, aber sie sei ultra mühsam. Ultra kompliziert. Ultra demanding. Und ich sei einer dieser Männer geworden, die alles mit sich machen lassen würden.
Ich will nicht sagen, dass Hanna recht hat. Hat sie natürlich nicht. Lara ist super. Aber vielleicht sind wir da in eine Form geraten, die gar nicht zu uns passt. Habe ich Lara gesagt. Ob wir vielleicht wieder zurücksollten, die Beziehung öffnen, vielleicht sei die Monogamie das Problem, am Anfang sei es ja lockerer und lustiger gewesen.
Lara war, was ich erstaunlich und fast etwas beleidigend fand, sofort einverstanden. Die letzte Woche hätte ja gezeigt, dass wir sehr unterschiedlich seien. Ich sei viel strenger und pingeliger, sagte sie. «Vielleicht bisschen Bünzli?»
(Ich dachte: «Zwätschge!» Sagte aber nichts.)
Es ist also alles wieder offen. Ich bin mit einem Fuss in meinem alten Leben zurück. Und was soll ich sagen: Es fühlt sich gut an.
So long,
Ben
Der Titel war zuviel Spoiler, jegliches Ende schon vorweggenommen.
Spannend finde ich, dass Unordnung scheinbar dazu führt, dass man eine offene Beziehung will. Ich hätte ja jetzt vorgeschlagen, mal über Ordnung zu reden, wenns stört, aber ich bin da wohl altmodisch.
Was mich noch mehr verwundert, ist, dass jemand in mehreren WGs gewohnt haben will, aber dann erstaunt ist, dass andere ihre Sachen überall liegen lassen.
Bin spät aufgestanden und habe jetzt Kaffee getrunken. Frau war schon weg, wahrscheinlich genervt weil ich so lang pennte. Wir müssen reden. Aber natürlich erst wenn ich mit einer Bekannten darüber reden konnte. Bis dann sage ich erst mal nichts.
Reicht das? Habe ich den Job?
😃