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Bridgerton: Autorin Julia Quinn im Interview über die Netflix-Serie

Netflix s Bridgerton Season 3 World Premiere in New York, US - 13 May 2024 Julia Quinn attends Netflix s Bridgerton Season 3 World Premiere in NYC at Alice Tully Hall, Lincoln Center on May 13, 2024 i ...
Julia Quinn bei der Premiere der dritten Staffel von «Bridgerton».Bild: IMAGO/Ron Adar
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«Habe nie gesagt, mich an historische Fakten zu halten»: «Bridgerton»-Autorin Julia Quinn

03.11.2024, 19:57
Michelle Nuhn / watson.de
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Im Dezember 2020 feierte «Bridgerton» auf Netflix sein grosses Streaming-Debüt. Seither ist die Serie zum weltweiten Serien-Hit avanciert. Aktuell ist daher auch schon die vierte Staffel in der Mache. Dabei findet die romantische Geschichte, die sich auf die Familie Bridgerton und deren soziales Umfeld konzentriert, ihren Ursprung in der Literatur.

Julia Quinn ist die Autorin der beliebten Buchreihe. Auch diese ist heute ein echter Bestseller und bescherte der US-Amerikanerin zahlreiche Erfolge.

watson hat mit der Schöpferin des «Bridgerton»-Universums gesprochen. Im Interview geht es um den Mega-Erfolg der Serie, dessen Fortsetzung und die Kritik, mit der sie sich zuletzt konfrontiert sah.

watson: Wir nähern uns langsam der vierten Staffel von «Bridgerton». Hast du erwartet, dass die Serie so erfolgreich werden würde?

Julia Quinn: Shonda Rhimes hat mir anfangs immer gesagt, dass sie hofft, acht Staffeln zu machen – also war ich optimistisch. Sie hat schliesslich eine tolle Erfolgsbilanz, fast alles, was sie macht, ist sehr erfolgreich. Ich war daher sicher, dass es kein Flop werden würde. Viele Leute hatten eine Show dieser Art zuvor noch nie gesehen, und ich wusste, dass die Nachfrage danach gross ist. Ich habe jedoch nicht damit gerechnet, dass die Serie zu dem weltweiten Phänomen wird, das sie jetzt ist. Das kam sehr überraschend.

«Ich habe nicht damit gerechnet, dass die Serie zu dem weltweiten Phänomen wird, das sie jetzt ist.»
(Season 2 Premiere March 25, 2022.) TITLE: Bridgerton. STUDIO: . CREATOR: Chris Van Dusen. PLOT: Wealth, lust, and betrayal set against the backdrop of Regency-era England, seen through the eyes of th ...
Bild: netflix

Hat der weltweite Erfolg dein Leben in irgendeiner Weise verändert?

Nicht sofort, denn genau wie alle anderen sass ich während der Pandemie zu Hause fest. Es war nicht so, dass ich plötzlich herausgehen und etwas Aufregendes und Neues machen konnte. Ich habe nur dabei zugeschaut, wie es passiert. Ich spasse immer, dass ich endlich die «coole Mutter» für meine Kinder bin. Der Erfolg hat mein Leben einfach grösser, fröhlicher und lustiger gemacht. Trotzdem fahre ich immer noch dasselbe Auto, das ich seit 2017 habe.

Julia Quinn ist das Pseudonym der US-amerikanischen Autorin Julie Pottinger. Die 54-Jährige schreibt historische Liebesromane, die während der Regency-Zeit in Grossbritannien spielen. Neben der «Bridgerton»-Reihe hat Qunn unter anderem folgende Buchreihen verfasst: «Splendid»-Trilogie, «Lyndon Systers», «Agents of the Crown», «Bevelstoke»-Serie und «Smythe-Smith»-Serie.

Wie stark bist du an der Entwicklung der Serie beteiligt?

Eigentlich gar nicht. Ich halte mich wirklich aus allem raus und lasse ihnen die kreative Kontrolle. Ich bin nur Beraterin und werde regelmässig gefragt – und ich sehe die Drehbücher im Voraus. Die ersten beiden Skripte der vierten Staffel konnte ich schon lesen, obwohl noch nicht einmal alle geschrieben sind. Dadurch habe ich schon eine ungefähre Vorstellung von den Dingen, die passieren werden.

Was kannst du über die vierte Staffel verraten?

Selbst, wenn ich alles wüsste, würde es ein Geheimnis bleiben. Ich würde grossen Ärger bekommen, wenn ich etwas anderes erzähle als das, was bekannt ist. Was ich sagen kann, ist, dass die ersten beiden Skripte fantastisch sind und ich sie liebe. Ich bin mir sicher, dass die Fans der Bücher die vierte Staffel lieben werden.

«Ich bin mir sicher, dass die Fans der Bücher die vierte Staffel lieben werden.»

Gibt es Änderungen, die für dich nicht verhandelbar sind?

Wenn mir etwas sehr am Herzen liegt, dann geht es der Produktion normalerweise ähnlich. Vor allem die Pall-Mall-Szene wollte ich unbedingt in der zweiten Staffel haben. Das ist die Szene, in der sie Krocket spielen. Ich meinte also, dass sie mir sehr wichtig ist und sie sagten, ich solle mir keine Sorgen machen. Damit war alles geklärt. Die Dinge, die im Buch superwichtig sind, wie legendäre Szenen, haben sie meist schon auf dem Schirm.

bridgerton
Bild: netflix

In der Serie gibt es einige Änderungen. Eine ist der Geschlechtertausch in der dritten Staffel. Findest du die Kritik daran gerechtfertigt?

Ich kann den Aufruhr verstehen. Ich wusste schon über ein Jahr vor allen anderen, dass das passiert. Die Änderung kann in vielerlei Hinsicht aber immer noch zu der originalen Geschichte passen. Viele Leute sind der Meinung, dass bestimmte Dinge nicht passieren dürfen, und ich denke mir nur: «Na ja, das könnte man schon machen.»

Auch du selbst wurdest mit Kritik konfrontiert …

Die Leute, die sich über etwas aufregen, sind immer die lautesten. Mein Statement auf Social Media hat viele Kommentare bekommen. Aber es gab noch viel mehr Likes. Die Leute, die es gut finden, werden sich meist nicht die Mühe machen, zu kommentieren. Ich denke also, dass die Mehrheit es gut findet. Auch, wenn es nicht die ursprüngliche Fassung ist, so kann es doch mehr Menschen eine Geschichte mit einem Happy End nahebringen.

Bridgerton. (L to R) Hannah Dodd as Francesca Bridgerton, Victor Alli as John Stirling, Masali Baduza as Michaela in episode 308 of Bridgerton. Cr. Liam Daniel/Netflix © 2024
In der Serie wurde aus Michael Michaela (rechts).Bild: LIAM DANIEL/NETFLIX

Also macht die Serie alles richtig?

Ich dachte immer, dass es als Autor historischer Romane respektlos ist, wenn man das sehr reale Trauma und einige der schrecklichen Dinge, die in der Vergangenheit passiert sind, nicht anerkennt. Wir haben nie behauptet, dass wir historische Fakten widerspiegeln.

Die Änderungen sind also von grosser Bedeutung.

Eine Person of Color sieht sich selbst in dem schönen Kleid… ich bin mir nicht sicher, ob mir wirklich bewusst war, wie bedeutsam das ist, bis einige meiner Freunde zu mir kamen. Eine Freundin, die aus Indien stammt, hat fast geweint, als sie sah, dass Kate von Simone Ashley gespielt wird, die nicht nur Inderin, sondern auch Person of Color ist.

Was sagst du denen, die mit der Serie unzufrieden sind?

All den Leuten, die verärgert sind und Michael vermissen, möchte ich sagen, dass das Buch immer da sein wird. Ich habe nicht vor, es umzuschreiben. Es wird immer so existieren, wie es ursprünglich geschrieben wurde. Jetzt gibt es eben gleich zwei Geschichten, die sich gegenseitig sehr gut ergänzen.

Für die Netflix-Serie wurde die ursprüngliche Reihenfolge des dritten und vierten Buches geändert. Warum?

Das war eine Entscheidung der Show-Produzenten. Zuerst habe ich das Ganze hinterfragt, weil ich dachte, dass diejenigen, die Benedict lieben, verärgert sein würden. Dann hat man mir jedoch die Hintergründe erklärt, was es für mich somit in Ordnung gemacht hat. Wir kannten Penelope und Colin schon recht gut und dadurch konnten wir dabei zuschauen, wie Benedict sich weiter ausprobiert.

«Je länger man darauf wartet, dass jemand zur Hauptfigur wird, desto mehr bekommt man am Ende von ihm.»

War der Schritt demnach sinnvoll?

Für den gesamten Spannungsbogen der Serie war das sinnvoll. Wir würden Benedict schliesslich immer noch bekommen, nur eben etwas später. Es war also nicht so, als würden wir ihn verlieren. Eine Sache, die ich Benedict-Fans immer sage, ist: Je länger man darauf wartet, dass jemand zur Hauptfigur wird, desto mehr bekommt man am Ende von ihm.

Schaust du auch andere romantische Serien auf Netflix?

Ich habe «Nobody Wants This» noch nicht gesehen, aber es steht auf meiner Liste. Was ich vor einer Weile gesehen habe, war die deutsche Serie «Kleo». Dabei habe ich sie nur für mich entdeckt, weil Stephen King sie zuvor auf Twitter empfohlen hatte. Ich mochte «Kleo» wirklich sehr, obwohl es thematisch kaum weiter von «Bridgerton» entfernt sein könnte.

Du stellst selbstbewusste und unabhängige Frauen in deinen Geschichten dar. Würdest du dich daher als Feministin sehen?

Absolut. Ich habe mich immer als Feministin gesehen. Selbst, als das Wort noch nicht in Mode war. Trotzdem habe ich mich nicht gezielt hingesetzt und mir vorgenommen, jetzt einen feministischen Roman mit feministischen Figuren zu schreiben. Das sind einfach die Menschen, über die ich schreiben will. Andererseits fliessen auch Teile der Weltanschauung eines Autors in das Werk mit ein – und das nicht immer absichtlich.

Hast du Tipps für junge (weibliche) Autoren?

Mein wichtigster Ratschlag ist, zu verstehen, dass es nicht den einen richtigen Weg gibt, ein Buch zu schreiben. Wenn viele mit dem Schreiben beginnen, hören sie Podcasts oder lesen Bücher, in denen andere Autoren über ihren Prozess sprechen. Das führt oft dazu, dass sie denken, selbst etwas falsch zu machen. Die Wahrheit ist: Nur weil ich es so mache, heisst das nicht, dass es auch bei dir klappen wird. Man muss also herausfinden, was für einen selbst funktioniert.

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