Sein Film über die Alien-Invasion «Independence Day» von 1996 hat eine Generation von Kinogängern geprägt. Roland Emmerich hat damit in Hollywood sein eigenes Genre geprägt, das Science-Fiction-Katastrophen-Epos.
Nun legt der deutsch-amerikanische «Master of Desaster» mit «Moonfall» einen Film nach, in dem der Mond seine Umlaufbahn verlässt. Mit gigantischen Folgen auf der Erde: riesigen Gravitationskräften, Springfluten, Einschlägen.
Roland Emmerich nimmt von Los Angeles aus am Gespräch teil, das wir via Zoom auf Deutsch führen. Manchmal kommen dem 66-Jährigen die Worte nicht in den Sinn, dann wechselt er rasch ins Englische.
Herr Emmerich, die Pandemie ist nicht ausgestanden, in der Ukraine droht Krieg und der Klimawandel bringt Folgen, die wir uns nicht vorstellen mögen. In Ihrem Film verursacht erneut Gefahr aus dem All den Weltuntergang. Ist es das, was die Menschen aktuell sehen wollen?
Roland Emmerich: Als ich vor zwei Jahren mit Drehen begann, gab es die Ukraine-Krise noch nicht, und weder das Coronavirus noch der Klimawandel bestimmten die Tagespolitik. Ich suchte mir dieses Thema des Mondes, der seine Umlaufbahn verlässt, aus. Und ich hoffe, er wird gut spielen im Kino.
Wie kamen Sie auf die Idee?
Es begann früher. Vor neun Jahren las ich das Buch «Who built the Moon?» von Christopher Knight, Wer schuf den Mond? Es faszinierte mich sehr, dass manche Menschen denken, der Mond sei eine künstliche Struktur und sich fragen, wer ihn gebaut hat.
Liessen Sie sich auch von Asterix und den Galliern inspirieren, die sich davor fürchten, der Himmel falle ihnen auf den Kopf?
(lacht) Nein, ich habe mich auf dieses eine Buch bezogen. Darin gibt es drei Theorien, und ich habe eine vierte erfunden. Diejenige der Megastruktur.
In Ihrem Film ist der Mond das Resultat einer extraterrestrischen Intelligenz. Einer der Verfechter dieser Theorie ist Ihr Held. Eine etwas randständige Figur, ein Nerd, dem niemand glaubt. Ist das Ihr Beitrag für mehr Diversity bei Heldenfiguren?
Vielleicht. In den 1990ern und in der ersten Dekade der 2000er, als ich «Independence Day» und «The Day After Tomorrow» drehte, waren solche Figuren noch nicht gefragt. Heute aber schon. Denken Sie nur an die Partner von Spider-Man. In «No Way Home» ist der eine ein kleiner dicker Chinese, der plötzlich über Superkräfte verfügt.
Helden wie der Ihre erinnern an Figuren aus der Realität, zum Beispiel Greta Thunberg, deren Auftritt auch etwas Verschrobenes hat, die aber sehr glaubhaft für ihr Thema, die Klimapolitik, antritt. Sind solche Menschen die besseren Helden?
Ich glaube, ja! Und ich finde das cool, man hat plötzlich viel mehr Möglichkeiten bei der Figurenzeichnung.
Sie sind der Meister des Weltuntergangskinos. Was ängstigt Sie?
Ich habe eigentlich Angst vor allem, zum Beispiel vor dem Fliegen. Ich bin ein Angsthase und überhaupt kein mutiger Mensch.
Immerhin beteiligen Sie sich an Ihren Projekten mit Ihrem eigenen Geld. Was, wenn der Film nicht genug einspielt?
Dann haben wir Pech. Doch die Leute wollen Unterhaltung, das zeigt der gigantische Erfolg von «Spider-Man: No Way Home». In Amerika war der neue Bond ein Klacks dagegen. Für «Moonfall» haben wir jetzt die Werbekampagne massiv ausgebaut. Ich hoffe, dass es funktioniert.
Hat Corona den Dreh erschwert?
In mehrerer Hinsicht, ja. Wir hatten Ansteckungsfälle auf dem Set, einmal führte ich Regie via Bildschirm. Und weil ich den Film ohne grosses Studio im Hintergrund finanzierte, war das Budget letztlich auch beschränkt.
Wird Roland Emmerich jemals mit einem Streamingdienst wie Netflix drehen?
Das ist ein Problem für mich, da ich immer an meinen Filmen beteiligt bin. Wenn du einen Film oder eine Serie mit Netflix drehst, dann trittst du die Rechte ab. Die «Streamers» bezahlen zwar fürstlich, 30 bis 40 Prozent mehr als auf dem Markt. Danach ist es aber ausser Kontrolle.
Und die Sorge darum, dass Ihre Filme mit Netflix gar nicht mehr auf die Kinoleinwand finden würden – finden Sie die berechtigt?
Ich glaube schon, dass gerade bei den Streamern Leute arbeiten, die noch wissen, welchen Wert Kino hat. Selbst Filme wie «Don't Look Up» oder «Red Notice» werden ja ein, zwei Wochen im Kino gezeigt.
Dann wird sich die Filmauswertung ändern?
Ich glaube, Filme werden dereinst für drei oder vier Wochen im netflixeigenen Kino laufen und danach im Streaming landen. Das ist ein realistisches Szenario.
«Moonfall» (USA/CAN/CHN 2022, 124 Min.); Regie: Roland Emmerich; ab Donnerstag im Kino
(bzbasel.ch)