«By Appointment to Her Majesty the Queen» – vielleicht habt ihr diese Aufschrift auch schon gesehen. Auf einer Schachtel Twining's-Tee, etwa. Auf Whisky-, Gin- oder Champagnerflaschen. Oder hier, auf dieser Büchse Senfpulver:
Ryan Reynolds hat einen Gin. Tom Hanks einen Kaffee. Und so ziemlich jeder Hinzundkunz-Celeb macht Werbung für Kleider, Autos, Schminke. Klar: Mit bekannten Namen lässt sich Zeugs verkaufen. Der absolute Kulminationspunkt dieses Konzepts: Jene erlesenen Brands, die das Wappen des britischen Monarchen tragen dürfen, begleitet von der Formulierung «by appointment to» und dem offiziellen Namen und Titel des britischen Staatsoberhauptes.
Derzeit gibt es über 800 Produkte mit solchen Royal Warrants, um den Terminus technicus zu bemühen. Sie repräsentieren einen Querschnitt durch Handel und Industrie, von einzelnen lokalen Handwerkern bis hin zu globalen multinationalen Unternehmen, von der chemischen Reinigung bis zum Fischhändler und von landwirtschaftlichen Maschinen bis zur Computersoftware. Es ist nicht erforderlich, dass das betreffende Unternehmen in britischem Besitz oder im Vereinigten Königreich ansässig ist. Auch stellen diese Brands dem Königshaus ihre Waren oder Dienstleistungen nicht kostenlos zur Verfügung, sondern führen alle Transaktionen auf streng kommerzieller Basis durch.
Zwei Jahre lang nach dem Tod von Queen Elizabeth II. dürfen alle Hersteller ihre Royal Warrants behalten. Diese Frist läuft demnächst ab, und die neuen Royal Warrants werden durch den jetzigen Monarchen, Charles III., neu vergeben.
Nun macht sich bei etlichen dieser Hoflieferanten Nervosität bemerkbar. Die Queen galt als pragmatisch und grosszügig, was die Verteilung ihrer Royal Warrants betraf. Charles soll da etwas wählerischer sein. Bekannt ist sein Engagement für nachhaltige und biologische Produktion, für Umweltverträglichkeit und – so wird gemunkelt – eine Vorliebe für kleine, unabhängige Manufakturen und Betriebe gegenüber internationalen Multis.
Viele ikonische Marken fürchten nun deshalb, das königliche Gütesiegel zu verlieren, wenn sie nicht ihre Umweltfreundlichkeit unter Beweis stellen. Laut der Website der Royal Warrant Association müssen «die Antragsteller nachweisen, dass sie über eine angemessene Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik und einen entsprechenden Aktionsplan verfügen».
Die britische Mirror zitiert eine anonyme Quelle bei einem der ältesten Hoflieferanten im Vereinigten Königreich, die nun befürchtet, dass ihr Unternehmen den Royal Warrant verlieren könnte, «weil wir keinen recycelten Karton in unseren Verpackungen verwenden». Auch grossen Markennamen wie Cadbury, Bentley oder Burberry droht potenziell das Aus. Gehört eine Marke einem internationalen Multi, ist es schwierig, glaubwürdige Öko-Bekenntnisse nachzuweisen. Schokoladenhersteller Cadbury, etwa, der dem Multi Mondelez International (ehemals Kraft Foods) gehört, musste bereits Kritik einstecken, weil er nicht Fair-Trade-Kakao verwendet. Bentleys Mutterfirma VW könnte als einer der Hauptschuldigen des «Dieselgate»-Abgasskandal ebenfalls einen schweren Stand haben.
Gewiss, nicht für alle Brands ist ein Royal Warrant gleichermassen wichtig. Sicher würde es Coca-Cola vorziehen, weiterhin die offiziellen «Suppliers of Soft Drinks – By Appointment to HM Queen Elizabeth II» zu sein, es wäre dennoch höchst unwahrscheinlich, dass der Getränkegigant pleiteginge, sollte er diese Auszeichnung verlieren. Und es ist ja nicht so, dass Barkeeper aufhören würden, Angostura in Old Fashioneds zu mischen, wenn das das königliche Wappen nicht mehr auf der Etikette wäre.
Aber für kleinere britische Marken wie H.R. Higgins Coffee oder die Windsor & Eton Brewery kann ein Royal Warrant entscheidend sein. Laut Mirror kann das königliche Wappen auf der Etikette nachweislich den Umsatz eines KMUs um 5 Prozent pro Jahr steigern. Interessanterweise ist es vor allem für den internationalen Markt ausserhalb des Vereinigten Königreichs von Bedeutung. Japan, etwa, wird als Markt genannt, wo Produkte mit Royal Warrant erhöhtes Renommee geniessen – und damit einhergehend bessere Verkäufe erzielen.
Bis September sollte die Revision durch sein. Danach kann's für uns, als Konsumenten, mit dem Royal-Warrant-Spotting losgehen: Wer hat neu eins; wem ist eins abhandengekommen?